Eine erste Oberbürgermeisterin für Köln?

Oberbürgermeisterwahl in Köln

13.10.2015 Pressemeldung Weißer Dorfecho

Zum 1. Mal in der Geschichte Kölns stellt sich eine Frau zur Wahl als Oberbürgermeisterin: Henriette Reker, Jahrgang 1956, studierte Juristin mit der Zulassung zur Rechtsanwältin, Sachbearbeiterin und Justiziarin, war 10 Jahre Beigeordnete für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz in Gelsenkirchen. Seit 2010 ist sie in Köln Beigeordnete für Soziales, Integration und Umwelt. 

Also endlich mal eine verwaltungserpobte Politikerin; dazu noch parteiunabhängig! Sie wird unterstützt von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Freien Wählern. Ihr OB-Kontrahent ist Jochen Ott, seines Zeichens Lehrer, der für die SPD antritt, deren Mitglied er seit 14 Jahren ist.

Beide absolvieren zur Zeit zahlreiche Wahlveranstaltungen, mal gemeinsam, mal alleine. Eine solche fand am Dienstag, dem 21. Juli hier im Kölner Süden in der Diakonie Michaelshoven statt. Zu einem Stadtgespräch im Bezirk Rodenkirchen hatte Henriette Reker eingeladen, um über die Vorstellungen des Kölner Südens und über ihre eigenen Ideen für eine zukunftsfähiges Stadt zu sprechen. 

Die zweistündige Veranstaltung war nicht nur gut besucht, sondern auch voller engagierter fragefreudiger Bürger, die ihre jeweiligen Stadtteilprobleme vortrugen, die alle zu nennen, hier den Rahmen sprengen würden. Daher nur einige kritische Schlaglichter auf so prägnante Themen wie die trägen und völlig undurchsichtigen Verwaltungsstrukturen Kölns.

So beispielsweise die zahlreichen „ewigen“ Baustellen, von denen ein Bürger ironisch meinte, dass diese in Köln wohl unter Denkmalschutz stünden. Rekers Reaktion war uneingeschränkte Zustimmung und der Hinweis auf den Mangel an guter Koordination der für die Baustellen zuständigen Ämter. Ihr Ziel sei es, eine bessere, ämterübergreifende Kooperation mittels eines effektiven Projektmanagements nicht zuletzt auch durch kreative Kräfte von außen zu erreichen.

Gefragt nach ihren persönlichen Zielen für die Stadt, betonte sie, dass diese sich im Wesentlichen auch mit denen ihres Konkurrenten Ott deckten: nämlich Verbesserung der Verkehrs-, Wohnungs- und Flüchtlingssituation sowie Unterstützung der Wirtschaft usw.

Nur das Wie des Vorgehens sei ein anderes: Auf die Frage, was sie denn von ihrem Konkurrenten unterscheide, verwies sie auf die unbestreitbare Tatsache, dass sie eine Frau sei und vor allem einen gänzlich anderen Lebenslauf als Juristin und langjährige verwaltungserprobte Fachkraft vorweisen kann. Als parteilose Frau unterliege sie darüber hinaus keinem Parteizwang und könne sich sachbezogen immer wieder um sachorientierte Mehrheiten im Rat bemühen, was sicherlich nicht immer leicht sein würde, dafür aber ohne Einengung von Parteiideologien und/oder -strukturen. Reker: „Es muss sich etwas ändern und man muss daher etwas anders machen, damit es sich ändert“.

Anders als ihre bisherigen Vorgänger würde sie in erster Linie die Verwaltung steuern wollen - schließlich hat der OB ja das Vorschlagsrecht - und das Repräsentieren zu einem guten Teil ihren Stellvertretern überlassen.

Bei den Erneuerungen müsste es zum einen eine Änderung des Personalschlüssels und besseres Projektmanagement geben. Die an einem Projekt beteiligten Ämter müssten sich auf ein gemeinsames Ziel einigen und Aufgaben in voller Verantwortung delegieren können und zum anderen offen sein für, wie schon gesagt, kreative Köpfe von außen. Es gilt, seit langem verkrustete Strukturen aufzubrechen. Des Weiteren würde sie die neun Bezirksvertretungen in Köln mit mehr Kompetenzen und auch Geld ausstatten wollen.

Die Verbesserung des Arbeitsmarktes, d.h. effektivere Integration z.B. von jungen Menschen durch das Projekt „Kein Abschluss ohne Anschluss“ stünde ganz vorne auf ihrer Agenda. Der Masterplan von Speer sollte weiter umgesetzt werden. Dazu gehöre z.B. das Durchziehen des Grüngürtels bis zum Rhein ob mit oder ohne Bundesgartenschau.

Die Kultur als „Seele Kölns“ erfordere erst recht ein intensiveres und verlässlicheres Kulturmarketing (man denke nur an die neulich viel zu kurzfristig verkündete Verschiebung der Neueröffnung von Oper und Schauspiel um ein weiteres Jahr, welche u.a. die Kosten mal wieder enorm in die Höhe treibt). Vor allem aber müsste Köln als viertgrößte Stadt im Bund seine Stimme lauter erheben, um zusätzliche Mittel von Bund und Land zu erhalten.

All diese Ziele sind unterstützenswert und bestehen z.T. schon sehr lange. Nur konnten sie bisher nicht umgesetzt werden. Was den Herren Oberbürgermeister in der Vergangenheit nicht oder nur ansatzweise gelungen ist, könnte jetzt vielleicht durch eine Frau, die eben nicht parteigebunden ist und sich bereits als professionelle Verwaltungsexpertin ausgewiesen hat, auf den Weg gebracht werden.

Zum ersten Mal eine Frau als OB von Köln wäre das nicht einen Versuch wert?

Dr. Eva-Marie Fiedler

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