Engel für Stärkung der Inneren Sicherheit

03.09.2002 Meldung FDP-Landtagsfraktion NRW

Kampf gegen Terrorismus und Organisierte Kriminalität Informationen zur Pressekonferenz mit dem innenpolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion NRW und Kölner Landtagsabgeordneten, Horst Engel Der innenpolitische Sprecher und stellvertretende Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Horst Engel, hat eine Neuorganisation der Polizei und den Aufbau einer leistungsfähigen Fahndungsorganisation in Nordrhein-Westfalen gefordert. Gerade im Bereich der Fahndung müsse gezielter und professioneller ausgebildet werden, so Engel. Die derzeit rund 1300 in der NRW-Fahndung eingesetzten Polizisten seien in Kriminalistik, Kriminologie und Taktik völlig unzureichend geschult. Horst Engels Erläuterungen im Wortlaut: I. Neuorganisation der Polizei in NRW Die Kriminalität ist in NRW im Jahre 2001 erstmals seit vier Jahren wieder gestiegen. Mit 1.376.286 Straftaten wurden 48.431 Delikte mehr gezählt als 2000 (plus 3,65 Prozent). Insgesamt konnten davon nur 663.316 Straftaten aufgeklärt werden. Die Aufklärungsquote sank um 0,9 Prozent auf nur noch 48,2 Prozent; bei der Einbruchskriminalität auf nur noch 11,5 Prozent. Zur Jahresmitte häufen sich für die FDP die Hinweise, dass sich die negative Entwicklung von 2001 auch in 2002 fortsetzt: Die Zahl der Straftaten steigt, die Aufklärungsquoten sinken. Die Polizei wird jährlich mit sieben Millionen Überstunden belastet. Nach Berechnungen der Gewerkschaft der Polizei ist die Neueinstellung von rund 2.800 Polizeibeamte nötig, um diesen Überstundenberg abzubauen. Innenminister Behrens erklärte in der Plenardebatte vom 28.6.2002, dass die Zahl der Beschäftigten in den Kreispolizeibehörden im Jahr 2001 von 41.076 (2000) auf 40.503 und im Jahr 2002 auf 40.083 sank. Dabei muss man erschwerend berücksichtigen, dass täglich zwischen zehn und 14 Prozent der polizeilichen Dienstleistung ganz legal durch Urlaub, Dienstfrei, Gerichtstermine, Fortbildung, Arbeitskreise und Krankheit verloren gehen, in einigen Standorten sogar bis über 20 Prozent. Resultat: Aus Kräftemangel werden Polizeiwachen zu Anlaufstellen heruntergestuft oder geschlossen. Trotzdem gibt es in NRW mit seinen 18 Millionen Einwohnern immer noch eine Zersplitterung der Polizei in 56 Behörden - fünf Landesmittelbehörden bei den Bezirksregierungen (Autobahnpolizei), 29 Landräte als Kreispolizeibehörden, 21 Polizeipräsidenten und ein Landeskriminalamt. Die Bandbreite der Behördengröße reicht von Köln mit rund 3.500 Mitarbeitern bis Olpe mit rund 184 Mitarbeitern. Diese gliedern sich wieder in rund 100 Abteilungen Gefahrenabwehr/Strafverfolgung und Verwaltung/Logistik, sechs ständige Stäbe, 183 Führungsstellen in den Polizeiinspektionen und der Zentralen Kriminalitätsbekämpfung. Will der einzelne Polizist z.B. seinen Polizeipräsidenten direkt sprechen, hat er sieben Hierarchiestufen zu überwinden. Dies verschlingt in Stäben, Führungsstellen und Verwaltungsabteilungen über 7.000 Mitarbeiter. Die FDP und der Landesrechnungshof haben wiederholt kritisiert, dass allein in den Verwaltungsabteilungen mindestens 1.367 Polizisten falsch eingesetzt sind. Die FDP hat bereits im Juni im Innenausschuss, bei der Beratung der Änderung des Polizeiorganisationsgesetzes (POG) alle Fraktionen eingeladen, endlich die dringende Neuorganisation der Polizei in NRW anzugehen – auch, wenn dies die Regierungsfraktionen durch ihren Rot-Grünen Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode ausgeschlossen haben. Deshalb wird die FDP-Fraktion zu den Haushaltsberatungen 2003 einen Plenarantrag vorlegen, um in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum zu einer aufgabenorientierten, modernen, strafferen, effizienteren und wirtschaftlicheren äußeren und inneren Behördenstruktur mit klaren Verantwortungsbereichen zu kommen. Sie soll an der Schwelle zur Einführung des digitalen Polizeifunks Fehlinvestitionen vermeiden. Sie soll durch weniger Overhead und weniger Zwischenvorgesetzte die Voraussetzung dafür schaffen, dass über 3.000 Beschäftigte mehr für den operativen Dienst, für professionellere und bürgernahe Arbeit zur Verfügung stehen. Sie soll die Einsatzreaktionszeiten verkürzen (110-Anrufe) und das Schließen von Wachen sofort beenden. Sie soll die jetzigen Standorte von Dienststellen der Zentralen Kriminalitätsbekämpfung, Polizeiinspektionen, Hauptwachen und Wachen beibehalten. Eckpunkte für eine äußere und innere Neuorganisation der Polizei: 1. Reduzierung und Zusammenfassung des Overheads und der Leitstellen der bisherigen 56 Kreis- und Landespolizeibehörden zu insgesamt ca. 18-20 Polizeipräsidien, die in ihrer Wohnregion jeweils rund eine Million Einwohner betreuen. Verzicht auf die Ebene der Bezirksregierungen; die neuen Polizeipräsidien (PP) sind direkt dem Innenminister unterstellt. Der Zuschnitt der neuen Behörden soll die kommunalen Grenzen beachten und könnte sich z.B. an die Landgerichtsbezirke (19) anlehnen. Tätermobilität und kriminalgeografische Gesichtspunkte sind dabei zu berücksichtigen. 2. Den Polizeipräsidenten wird jeweils ein Behördenstab mit Dezernaten zugewiesen, die ihm zuarbeiten. Die jetzigen Landratsbehörden werden Polizeidirektionen; dem Direktionsleiter wird eine Leitungsgruppe zugeordnet. 3. Oberbürgermeister, Landräte und Bürgermeister im kreisangehörigen Raum werden „geborene“ Mitglieder der Polizeibeiräte und sollen ein Beratungs- und Entscheidungsrecht für Präventionsaufgaben bekommen. 4. Die Mitbestimmung erfolgt auf PP-Ebene durch den Gesamtpersonalrat und darunter durch den Direktionspersonalrat. Das Ziel sind Verfahren, die nach innen und außen transparent sind und unter Beteiligung der Berufs- und Personalvertretungen sowie durch offensive Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden. Die neue äußere und innere Organisation soll die Bürger-/Kundenzufriedenheit steigern und zu mehr Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter führen. Das hierzu extra eingerichtete Diskussionsforum: www.polizei-neuorg-nrw.de ist der erste Schritt dazu. Täglich haben wir etwa 100 Zugriffe zu verzeichnen. II. Aufbau einer erkennenden Fahndung in NRW Die Herausforderungen im Rahmen der Bedrohung unseres Landes auch durch terroristische Aktivitäten ausländischer Terroristengruppen macht es erforderlich, in NRW eine leistungsfähige Fahndungsorganisation zu schaffen. Dies bedeutet nicht zwingend, dafür neue Stellen zur Verfügung stellen zu müssen. Mit den Stellen, die heute gemeinsam in Fahndungsdienststellen und in Einsatztrupps vor allem der Polizeiinspektionen für Fahndungsarbeit „verbraucht“ werden, lässt sich eine sehr leistungsfähige Fahndung in NRW aufbauen, die in unterschiedlichen Deliktfeldern mit professionellen Fahndungs- und Ermittlungstechniken arbeiten kann. Dazu fordert die FDP das Innenministerium auf, folgende Maßnahmen zu ergreifen: 1. Die Einsatztrupps werden aus der führungsmäßigen Anbindung an den Leiter der Polizeihauptwache und den Leiter der Polizeiinspektion herausgelöst. 2. Die Mitarbeiter der Einsatztrupps werden einer zentralen Fahndungsdienststelle, die als Kriminalkommissariat in der Zentralen Kriminalitätsbekämpfung (ZKB) strukturiert und eingebunden wird, zugeordnet. 3. Diesen Fahndungsdienststellen werden möglichst keine Mitarbeiter zugewiesen, die schon aus dem Wach- und Wechseldienst der eigenen Behörde allen Straftätern weitgehend bekannt sind. Die Stellen sollen landesweit ausgeschrieben werden. 4. Die Fahndungsdienststelle übernimmt die Vollstreckung aller Haftbefehle, die nicht durch Bezirksbeamte wegen der relativ geringen Rechtsfolgen und der Ungefährlichkeit der Betroffenen vollstreckt werden können, die Sachfahndung und ggf. die sogenannte „Ausländerfahndung“ auch nach zur Abschiebung und Ausweisung gesuchten Ausländer. 5. Die Mitarbeiter in diesen Fahndungsdienststellen werden auf mindestens dreimonatigen Kriminalfachlehrgängen mit einem Schwerpunkt auf Kriminalistik, Kriminologie, Observationstechnik und -taktik ausgebildet und sollten über kriminalpolizeiliche Sachbearbeitungserfahrung verfügen. 6. Die Fahndungsdienststelle wird mit professionell abgetarnten Fahrzeugen und mit Stand- und Bewegungsobservationstechnik, wie Videotechnik und GPS-Navigationstechnik ausgestattet. 7. Die geschulten Mitarbeiter der professionalisierten Fahndung können wegen der deutlich größeren Zahl aufgrund der zentralen Anbindung befristet für konkrete Kriminalitätsprojekte und konkrete Ermittlungsverfahren den jeweils sachbearbeitenden Kriminalkommissariaten der Polizeiinspektionen und der ZKB unterstellt werden. 8. Die Fahndungskräfte werden so ausgebildet, dass sie in der Lage sind, auch in Kriminalitätsprojekten verdeckt, im Rahmen der Rechtsordnung, Informationen zu beschaffen und sie kriminalistisch und kriminologisch nach heutigem wissenschaftlichen Standard auszuwerten und in einer Datenbank zu erfassen. 9. Die Fahndungskräfte werden außerhalb konkreter Fahndungs- und Ermittlungsaufgaben in Kriminalitätsprojekten der Behördenorganisation auch in großer Stärke einbezogen, um im Rahmen von Analyseprojekten der Auswertungsstellen für Organisierte Kriminalität (ASTOK-Dienststelle) umfassende Informationserhebungen in bestimmten OK-relevanten Kriminalitätsfällen zu betreiben (z.B. Straftat im Rotlichtmilieu, Sexualstraftaten, BTM-Kriminalität, Einbruch-, Raub- und Hehlerstraftaten). 10. Die Fahndungskräfte werden kriminalistisch so geschult, dass sie befristet auch in Großprojekten zur Terrorismusbekämpfung, zur Aufklärung von umfangreichen Spurenkomplexen im Rahmen von Kapitaldelikten und für andere spezielle Auftragslagen wie z.B. im Rahmen von gewalttätigen Demonstrationen und größeren Schadensereignissen eingesetzt werden können. Die Fahndungskräfte bilden insofern eine Ermittlungsreserve der Kreispolizeibehörde und eine leistungsfähige, einheitlich und kriminalfachlich fundiert geführte Fahndung der Kreispolizeibehörden. Damit wäre die NRW-Polizei auf vielfältige Bedrohungen auch durch professionelle Straftäter, auf massive Veränderungen in der Kriminalitätslandschaft sowie überregional operierenden Tätergruppierungen optimal vorbereitet. Hintergrund: Mit der Neuorganisation von 1993/94 wurden nach Erlassvorgaben bei den 137 Polizeiinspektionen Einsatztrupps (E-Trupps) in Personalstärken von etwa vier bis 20 Mitarbeitern eingerichtet. Landesweit dürften ca. 1.300 Beamte, meist mit schutzpolizeilicher Sozialisation, in diesen E-Trupps eingesetzt sein. Die Einsatzdauer beträgt meist etwa drei bis fünf Jahre. Eine spezielle Fortbildung für diese Aufgabe erhalten sie nicht. Im Gegenteil: gestern noch im grün-weißen Streifenwagen unterwegs, heute in ziviler Kleidung im kriminalpolizeilichem Einsatz. Dabei wird es immer schwieriger, Täter auf frischer Tat an Tatorten festzunehmen. Kompromissloses Fluchtverhalten erschwert zusätzlich die polizeiliche Arbeit und erhöht das Risiko nicht unbeträchtlich. Hier geht es zu weiteren Meldungen und Initiativen der FDP zum Thema Innen- und Rechtspolitik.

Feedback geben