Innenstädte retten – Lebendige Stadtkerne erhalten

Ein Artikel von Reinhard Houben aus der aktuellen KölnLiberal

04.04.2023 Meldung FDP-Kreisverband Köln

Die Warenhaus-Kette Galeria betreibt zurzeit 129 Filialen in Deutschland und davon 31 in Nordrhein-Westf alen. Davon sollen bundesweit 52 und in NRW 15 geschlossen werden. Mit ihren großfl ächigen Standorten stellten die Warenhäuser unter den Namen Galeria Kaufhof und Karstadt über die vergangenen Jahrzehnte hinweg einen wichtigen Anker in den Fußgängerzonen dar. Um diesen Anziehungspunkt bildeten sich vielfältige Konsum-Cluster in den Innenstädten. Insbesondere kleinere Geschäfte und Dienstleistungsanbieter profiti erten von der Strahlwirkung der großen Vollsortimenter, deren Kunden als Laufkundschaft auch in den umliegenden Geschäften einkehren und dort Wertschöpfung generieren.

In den vergangenen Jahren schrieb der Konzern zunehmend negative Schlagzeilen. Nach einer Konzernrestrukturierung, dem Aufkauf durch die Signa-Holding des österreichischen Immobilien-Magnaten René Benko und der Übernahme der Karstadt-Kaufhäuser in den Galeria-Konzern wurde der Konzern zuletzt schwer durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie getroffen. Angesichts des zusätzlichen Umsatzeinbruchs durch die verordneten Schließungsauflagen in den Jahren 2020 und 2021 stabilisierte der Bund die Galeria Gruppe durch ein umfangreiches Hilfspaket. In zwei Tranchen gewehrte der Bund dem Unternehmen einen Kredit in Höhe von insgesamt 680 Mio. Euro aus Mitteln des Wirtschaftsstabilisierungsfonds.

Diesen umfassenden Staats-Hilfen zum Trotz, hat der Galeria-Konzern im Herbst 2022 erneut eine Finanzierungslücke öffentlich gemacht und in Zuge dessen am 1. Februar 2023 ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Für uns Freie Demokraten steht fest, dass der Galeria-Konzern keine weiteren Bundeshilfen erhalten wird. Ein staatlicher Ausgleich der operativen Verluste kann nicht die dauerhafte Lösung für ein strukturelles Problem sein. In der Verantwortung steht in erster Linie der Eigentümer René Benko und seine Signa-Holding, die bereits ankündigte, im Rahmen der erfolgreichen Verabschiedung eines Insolvenzplans neue Mittel bereitzustellen sowie die Galeria-Geschäftsleitung bei der Umsetzung ihres Restrukturierungskonzepts.

Es ist hingegen Aufgabe der Politik, schnelle Lösungen für die Galeria-Standorte zu finden, die im Rahmen der Restrukturierung geschlossen werden sollen. Das Szenario eines mitunter Jahre andauernden Leerstands in prominenter Lage im Stadtkern muss verhindert werden. Kaskadeneffekte, die auf die umliegenden Einzelhändler übergreifen und zu einem „Sterben“ der Innenstadt führen, gilt es zu verhindern. Die Eigentümer befinden sich hierzu bereits im Dialog mit den Beschäftigten, den Vermietern und potentiellen Interessenten. Aus politischer Sicht muss alles dafür getan werden, dass der Übergang zur Nachnutzung möglichst schnell und unkompliziert von statten gehen kann.

Die FDP NRW schlägt zur Verhinderung eines langfristigen Leerstands in den Innenstädten ein Sofortprogramm mit den folgenden Punkten vor:

  1. Die zuständigen Ressorts auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene sollen in einem gemeinsamen Prozess die Lage der von Schließung bedrohten Filialen eruieren. Dort, wo sich bereits Interessenten gemeldet haben, soll ein schneller Wechsel ermöglicht werden.
  2. Das Landeswirtschaftsministerium soll gemeinsam mit dem Landesbauministerium eine Task-Force initiieren, die in Kontakt mit den Kommunen die Folgen des Wegfalls der Galeria-Standorte für die jeweiligen Innenstädte bewertet und die Konzepte für eine rechtliche Vereinfachung von Weiternutzungen ermöglicht. Dazu gehören:
    1. Eine Flexibilisierung des Baurechts, damit neue Mieter mehr Möglichkeiten erhalten, die Flächen nach ihren Vorstellungen neu zu nutzen. Um die Gefahr eines jahrelangen Leerstands zu verhindern, sollte der Denkmalschutz pragmatisch gedacht werden. Ebenso darf es keine unnötigen Hindernisse bei der Unterteilung der Fläche in einzelne getrennte Parzellen geben, damit auch kleinere Mieter Teile der Kaufhäuser für sich nutzen können.
    2. Die Immissionsschutz-Richtlinien von Ländern und Kommunen sollen hinsichtlich möglicher Ausnahmeregelungen überprüft werden. Insbesondere die Lärmschutzmaßnahmen sollen mit Blick auf einen zügigen Umbau der Filialen und eine neue Nachnutzung gelockert werden.
    3. Gezielte Zwischennutzungen, wie Pop-up-Stores, Showrooms oder Co-Working Spaces und Start-up-Akzeleratoren, sollen möglichst unbürokratisch möglich sein. Hierbei gilt es zu prüfen, inwiefern die öffentliche Hand bei den Mietzahlungen unterstützend tätig sein kann. Hier gibt es bereits erste Best Practices auf Bundesebene.
  3. Programme des Bundes, wie „Lebendige Zentren“, sollen vor dem Hinblick der bevorstehenden Filialschließungen angepasst werden und wirksame Instrumente und Förderungen zur Neuansiedlung und Diversifizierung des Standorts sollen verstärkt implementiert werden.
  4. Die Möglichkeiten der Landesbauordnung, leergefallene Einzelhandelsimmobilien auch für Zwecke der Wohnnutzung zu verwenden, sollen weiterentwickelt werden.
  5. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen sollen mehr Sonntagsöffnungen ermöglicht werden. Es soll den Kommunen ermöglicht werden, pro Monat einen verkaufsoffenen Sonntag auszuweisen. An diesem können Kommunen leichter Veranstaltungen in der Innenstadt durchführen, Innenstädte durch Sonderkapazitäten des Öffentlichen Personennahverkehrs besser erreichbar machen und zusätzliche Parkflächen ausweisen.

 

 

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Reinhard  Houben, MdB

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