Kinkel: "Imhoff, ein Gourmet und Gönner!"

04.11.2001 Reden FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

Außenminister a.D. Klaus Kinkel hielt die Laudatio für den neuen Ehrenbürger Hans Imhoff. Hier Auszüge: Die Laudatio auf Hans Imhoff zu halten - das ist mir eine große Freude und eine Ehre zugleich. Ich kenne Herrn Imhoff seit langen Jahren und schätze ihn als Unternehmer - vor allem aber als Menschen, der tüchtig, ehrlich, treu und witzig ist. Hans Imhoff ist ein Mann mit Herz und Humor, ein Original. 1993 hatte ich das Vergnügen, die Eröffnungsrede für das Imhoff- Stollwerck-Schokoladenmuseum im Rheinauhafen in Köln halten, seinem Lieblingskind. Vier Jahre später haben Evgenij Primakov, der damalige russische Außenminister und spätere Premier, und ich gemeinsam mit Herrn Imhoff die von ihm errichtete Schokoladenfabrik Prokov in der Nähe von Moskau eingeweiht. Eine denkwürdige Reise. Sie endete mit sehr viel Wodka in Sofrino, dem 3000-Mann-Betrieb der orthodoxen Kirche, wo wir gemeinsam einen unvergesslichen russischen Abend erlebt haben. Zwei Jahre später dann gemeinsam mit Ministerpräsident Biedenkopf die Eröffnung der von Hans Imhoff in Wurzen bei Leipzig gebauten neuen Schokoladen- und Gebäckfabrik. Und dazwischen private Treffen zwischen Hans Imhoff und seiner Frau Gerburg sowie meiner Frau und mir. Mit guten Gesprächen - über die Welt im allgemeinen, die politische Landschaft und das freie Unternehmertum. Meist aber auch verbunden mit einem sehr guten Essen und einem eben solchen Wein. Denn Hans Imhoff ist ein Gourmet und Genießer - ein Sonntagskind auf der Schokoladenseite des Lebens! Schokolade ist seine Welt. Ich oute mich: Auch ich bin ein bekennender Schokoladenliebhaber. Könnte Herr Imhoff dabei sein, würde ich ihm zurufen: Wir beide sind in bester Gesellschaft! Goethe und Thomas Mann z.B. waren der Schokolade verfallen. Die stille und auch die bekennende Fan-Gemeinde ist aber viel viel größer. Wurzen in Sachsen, Saalfeld in Thüringen und Székesfehérvár in Ungarn haben Hans Imhoff schon zum Ehrenbürger gemacht. Als Dank dafür, dass ein mutiger, klassisch marktwirtschaftlich orientierter Unternehmer in den jeweiligen wirtschaftlichen Krisen-Regionen neue Fabriken gebaut, dadurch die regionalen Wirtschafts-strukturen gestärkt und vor Ort nahezu 1500 neue Arbeitsplätze geschaffen hatte. Vor fast 20 Jahren ist Hans Imhoff zum Honorarkonsul von Togo bestellt worden. Togo hängt in starkem Maße vom Export der Kakaobohnen ab - und Hans Imhoff ist mit der größte deutsche Kakaoimporteur! Die Universitäten von Benin, Togo, Witten-Herdecke und Köln haben Hans Imhoff die Ehrendoktorwürde verliehen - in Anerkennung großzügiger Stiftungen. Die Bundesrepublik Deutschland hat Herrn Dr. Imhoff 1990 mit dem Verdienstorden erster Klasse ausgezeichnet, König Albert der Zweite von Belgien hat ihm 1997 den Commandeurs-Orden verliehen. Trotz dieser vielen Ehrungen und Würdigungen: Die Verleihung der Ehrenbürgerschaft durch den Rat der Stadt Köln ist für den Urkölner Imhoff eine durch nichts zu übertreffende Auszeichnung. Für Hans Imhoff ist Köln, der Dom und Stollwerck die Heimat. Immer noch bittet er gelegentlich seinen Fahrer, ihn zum Dom zu fahren, wo der Wagen einige Minuten vorschriftswidrig geparkt wird, damit Hans Imhoff den Dom ansehen und auf diesem Wege sein Köln genießen kann. Hans Imhoff ist am 12. März 1922 im ältesten Teil Kölns, in der Fleischmengergasse geboren. Sein Vater hat als selbständiger Schlossermeister Stahlkonstruktionen für Kirchenfenster des Doms hergestellt. Unter seinen Vorfahren, die bis ins Mittelalter als Kölner Bürger rückverfolgt werden können, befanden sich Steinmetze, die an dem offenkundig nie endenden Bau des Doms mitgewirkt haben. Nachdem Hans Imhoff als weißer Jahrgang, der 1941 als Kriegsfreiwilliger einrückte, das Inferno des 2. Weltkrieges überstanden hatte, begann sofort eine Unternehmerkarriere, die in Deutschland beispielhaft für die Gründergeneration ist. Köln lag in Schutt und Asche, auch sein Elternhaus. Das alles beherrschende Thema war die Beschaffung von Lebensmitteln. Dem 23-Jährigen gelang es, die französische Besatzungsmacht in Rheinland-Pfalz davon zu überzeugen, dass er ein geeigneter Lebensmittelgroßhändler sei. Er erhielt die offizielle Erlaubnis zur Errichtung einer Lebensmittelgroßhandlung in Alf an der Mosel. Imhoff begann, wo immer es möglich war, Lebensmittel gegen Schokolade oder Kakao einzutauschen. Schokolade und Kakao kam schon seinerzeit in erheblichem Umfange mit den Care-Paketen nach Deutschland. Die eingetauschte Schokolade verlängerte er im Verhältnis 1 : 5 und produzierte hieraus gefüllte Pralinen. Das war der Beginn der Schokoladenkarriere. Bereits drei Jahre später gründete er an der Mosel die Imhoff Schokoladen- und Pralinenfabrik. Es gab die ersten Rohstoffkontingente, und es dauerte nicht lange, bis aus diesem ersten Schokoladenunternehmen von Hans Imhoff eine ansehnliche Fabrik mit 600 Beschäftigten geworden war. Wirtschaftlicher Grundpfeiler dieses Unternehmens wurde für viele Jahre eine umfangreiche Fertigwarenherstellung für Tobler aus Bern. 1969 erwarb Hans Imhoff durch die Übernahme der „Alprose„ eine eigene Schweizer Schokoladenfabrik. 1969 folgte die Übernahme der ältesten deutschen Schokoladenfabrik Hildebrand GmbH in Berlin, die noch heute eine der wichtigsten Produktionsstätten des Stollwerck-Konzerns ist. 1972 dann das Meisterstück, die Übernahme der Stollwerck AG. Hans Imhoff hatte im Alter von 50 Jahren sein Ziel erreicht. 1972 war Stollwerck ein Unternehmen mit weniger als 100 Millionen Mark Jahresumsatz und einer gänzlich unbefriedigenden Ertragskraft. In den folgenden 25 Jahren baute Hans Imhoff Stollwerck zu einem der führenden europäischen Schokoladenkonzerne aus, mit einem jährlichen Umsatz von nahezu DM 1,5 Milliarden und einem Jahresgewinn von mehr als DM 60 Millionen. Stollwerck übernahm in rascher Folge so bekannte und alte Schokoladenunternehmen wie Eszet und Waldbaur in Stuttgart, Sprengel und Schubert Marzipan in Hannover und Jacques Chocolaterie in Eupen. Als kurzer „Ausflug nach Israel„ baute Stollwerck im Rahmen eines Joint Venture in Galilei 1985 die Schokoladen- und Süßwarenfabrik Rose of Galilei. Aber da der israelische Joint Venture - Partner das Rechnungswesen in hebräischer Sprache führte, verlor Hans Imhoff bald die Freude an dieser Fabrik und verkaufte den Stollwerck-Anteil an den Joint Venture - Partner. 1990, im Alter von 68 Jahren, erlebte Hans Imhoff 45 Jahre nach Kriegsende erneut eine Aufbruchsituation, die ihn zu unternehmerischen Höchstleistungen beflügelte. Deutschland war wieder vereint und der eiserne Vorhang gefallen. Hans Imhoff übernahm als einer der ersten von der Deutschen Treuhandanstalt in Berlin das ostdeutsche Schokoladen- und Süßwarenkombinat in Saalfeld / Thüringen, nur wenige Wochen nach der Wiedervereinigung. Und machte daraus in den folgenden zwei Jahren mit einem Investitionsaufwand von mehr als 200 Millionen DM in Saalfeld die modernste Stollwerck-Fabrik. Ermutigt durch die gute Zusammenarbeit mit der Treuhand übernahm Hans Imhoff für seine außerhalb von Stollwerk angesiedelte Larosé-Gruppe auch die REWATEX AG, das ehemalige Wäschereikombinat der DDR mit Hauptsitz in Ost-Berlin und mehr als 4000 Arbeitsplätzen. Hans Imhoff strukturierte das Unternehmen zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen westlichen Zuschnitts um und baute Anfang der 90er Jahre in Köpenick für 90 Millionen DM eine neue REWATEX-Großwäscherei. Hans Imhoff sah im Fall des Eisernen Vorhangs Chancen, die über die Wiedervereinigung hinaus gingen: 1992 übernahm Stollwerck von der ungarischen Treuhand das ungarische Süßwaren-, Kaffee- und Gebäck-Kombinat Quintie. Quintie hatte vier Fabriken in Budapest und eine Reihe kleinerer Produktionsstätten auf dem Lande. Die Kaffeefabrik verkaufte Stollwerck an Nestlé und eine Bonbon- und Kaugummifabrik an Jacobs-Suchard. Die beiden Schokoladenfabriken in Budapest blieben bei Stollwerck. Vier Fabriken gekauft, zwei gleich wieder verkauft - und es soll kein schlechtes Geschäft gewesen sein! Imhoff baute dann Schokoladenfabriken auch in Posen und dann in Prokov bei Moskau. Die Verluste dort nach der schweren Finanzkrise im August 1998 in Rußland glich er aus seiner Privatschatulle aus, um den Konzern nicht zu belasten. Stollwerck wurde neben Nestlé der Marktführer in Ost- und Südost-Europa - seit dem Jahr 2000 ein durchaus lohnenden Geschäft. Inzwischen hat Herr Imhoff die Unternehmen in Polen, Ungarn und Russland an die Kraft Corporation verkauft und damit nicht nur sein Lebenswerk geordnet, sondern die Zukunft von Stollwerk hier in Deutschland auch auf ein festes Fundament gestellt. Hans Imhoff ist ein personifiziertes Symbol des deutschen Wirtschaftswunders. Dieses Wirtschaftswunder nach dem Krieg war eigentlich kein „Wunder“ - es war das Ergebnis von harter Arbeit, Mut und Glaube an die Zukunft. Es war die Bereitschaft von Bürgern wie Hans Imhoff, Risiken einzugehen, Verantwortung zu übernehmen - für die Firma und die Belegschaft, Verantwortung für die Gesellschaft, für das Land. Aber der Unternehmer Hans Imhoff zeichnet sich nicht nur durch wirtschaftlichen Erfolg aus, sondern auch durch sein großes öffentliches und soziales Engagement. Nicht ganz untypisch für die ganz großen Unternehmerpersönlichkeiten der Nachkriegszeit: Machertypen, die „gönne könne“! Hans Imhoff hat in Köln-Porz mit einem Millionenaufwand ein Zentrum für therapeutisches Reiten errichtet und nunmehr über viele Jahre finanziert, in dem insbesondere behinderte Kinder durch den Umgang mit Pferden therapiert werden, der Univesität zu Köln für Forschungszwecke fünf Millionen DM gestiftet, mit einem Aufwand von fast DM 60 Millionen für die Öffentlichkeit, die das mit einer durchschnittlichen jährlichen Besucherzahl von fast 500 000 akzeptiert hat, ein Schokoladenmuseum in Köln erbaut, und 30 Prozent der Stollwerck-Aktien schenkungsweise auf eine gemeinnützige Stiftung übertragen, die vorzugsweise gemeinnützige Projekte in Köln finanzieren oder mitfinanzieren wird. Dieses Engagement und diese relativ und absolut beachtliche Widmung privaten Vermögens für gemeinnützige Zwecke ist nach meinem Verständnis die Krönung der unternehmerischen Lebensleistung von Hans Imhoff. Hans Imhoff hat zeitlebens vorwärts gewandt gehandelt. Das Neue und die Zukunft haben ihn nicht geschreckt, sondern seinen Tatendrang herausgefordert. Gleichwohl ist es ihm spät, aber noch rechtzeitig gelungen, selbst noch das Erworbene und Gewachsene zu ordnen, bevor seine gesundheitliche Verfassung ihn zwang, nur noch begrenzt aktiv gestaltend im unternehmerischen Bereich tätig zu sein. Im Privatbereich hat er eine Imhoff-Familienstiftung gegründet und so die Zukunft seiner Ehefrau, der vier Kinder und zwischenzeitlich zwei Enkelkinder sichergestellt. Ich hoffe und bin zuversichtlich, daß Hans Imhoff noch lange sein beachtliches, geordnetes und finanziell stabilisiertes Lebenswerk genießen kann. Die Ehrenbürgerschaft seiner Geburts- und Heimatstadt Köln wird von ihm nicht nur als ein Zeichen der Dankbarkeit und Wertschätzung, sondern als die für ihn höchstmögliche Auszeichnung verstanden. Es dürfte sicherlich dem Wunsche der hier Anwesenden entsprechen, wenn ich sage: Lieber Hans Imhoff, bleiben Sie noch möglichst lange und in besserer gesundheitlicher Verfassung als heute Köln und den Kölnerinnen und Kölnern erhalten.

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