Mit Pinkwart die Zukunft der FDP gestalten

16.12.2002 Meldung FDP-Kreisverband Köln

FDP-Chef Houben schreibt an Mitglieder Ausblick auf das Wahljahr 2004 Kölns FDP-Vorsitzender Reinhard Houben wendet sich mit einem Rundschreiben zum Jahresabschluss an die 1.000 Mitglieder des Kreisverbandes. Darin skizziert er anschaulich die turbulenten Monate der nordrhein-westfälischen FDP und legt dar, wieso der Kölner FDP-Kreisverband den Bundestagsabgeordneten Andreas Pinkwart für das Amt des Landesvorsitzenden unterstützt und vorgeschlagen hat. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde, wir haben ein turbulentes Jahr erlebt, welches uns letztendlich mehr Frustrationen als politische Erfolge brachte. Nach der großen Begeisterung für das Projekt 18 und dem kontinuierlichen Anstieg der FDP in den Umfragewerten nach dem Bundesparteitag in Düsseldorf, haben wir mit der Affäre Karsli erleben müssen, wie schnell man als politische Partei erarbei-teten politischen Zuspruch wieder zerstören kann. Schon die Karsli Affäre hat uns allen die Leichtigkeit und den Optimismus, den wir noch nach der Wahl in Sachsen-Anhalt hatten, genommen. Andererseits wollten die meisten von uns zu diesem Zeitpunkt nicht mit Jürgen Möllemann brechen, da man gehofft hatte, die Affäre Karsli sei eine Art „Betriebsunfall“. Nachdem das Thema aus den Medien verschwunden war, haben wir versucht durchzustarten und einen engagierten Bundestagswahlkampf geführt. Dies ist uns in Köln gelungen. Wir hatten eine sehr hohe Präsenz im Straßenbild mit über 2.000 Plakaten, mit bis zu 20 Infoständen an den Wochenenden, dem Infotainer auf dem Neumarkt und vielen verschiedenen Informationsveranstaltungen, aber auch gesellschaftlichen Ereignissen. Mein besonderer Dank gilt unseren vier Bundestagswahl-kandidaten, die mit hohem persönlichen Einsatz und der Hilfe vieler Parteifreundin-nen und Parteifreunde aus dem Kreisverband hier hervorragende Arbeit geleistet haben. Seither stellen wir mit Werner Hoyer den stellvertretenden Fraktionsvor-sitzenden und außenpolitischen Sprecher. Als dann am Dienstag vor der Wahl der inzwischen berühmt-berüchtigte „Möllemann Flyer“ an die nordrhein-westfälischen Haushalte verteilt wurde, befanden wir uns in einer Abwägungssituation. Sollte man sofort in die Öffentlichkeit gehen und sich gegen Möllemann aussprechen oder sollte man versuchen, durch ein gewisses „Runterkochen“ des Problems den Wahltag zu erreichen. Als dann allerdings am Donnerstagabend zur Abschlussveranstaltung in Bonn ein direkter Konflikt zwischen Guido Westerwelle und Jürgen Möllemann drohte, habe ich gemeinsam mit den Kreisvorsitzenden von Bonn und Siegburg Jürgen Möllemann schriftlich gebeten, nicht an der Veranstaltung teilzunehmen. Sie wissen, dass er dies dann auch nicht getan hat. Das Wahlergebnis war für uns alle enttäuschend. Zwar hatten wir ohne Koalitionsaussage und mit einer eigenständigen Strategie ein besseres Ergebnis erzielt als bei der letzten Bundestagswahl, es reichte jedoch nicht für den Regierungswechsel. Ich glaube, die meisten von uns haben schon am Wahlabend erkannt, dass wir nicht nur eine große Chance vertan haben, sondern dass uns viele Wählerinnen und Wähler auch übel nehmen, dass wir es nicht geschafft haben, stärker zu werden als die Grünen, um damit einen Politikwechsel, den Deutschland so nötig hat wie lange nicht mehr, zu ermöglichen. Schon am Wahlabend habe ich dort, wo es mir möglich war, das Problem „Flyer“ und auch die Person Jürgen Möllemanns in das Zentrum der Auseinandersetzung um Erfolg oder Misserfolg gestellt. Sicherlich gibt es viele andere Dinge, die an unserem Wahlkampf zu kritisieren waren. Aufmachung und ein für eine liberale Partei nicht zu akzeptierender Inhalt des Flyers hat uns und unsere Wähler ins Mark getroffen. Dieses Problem war und ist der Kernpunkt. Noch am Wahlabend haben wir in einer kurzfristig einberufenen Bezirksvorstands-sitzung über das weitere Vorgehen diskutiert und ich habe von Anfang an Andreas Pinkwart in der Auseinandersetzung mit Jürgen Möllemann unterstützt. Nur scheibchenweise wurde in der Folgezeit bekannt, wie es zum Entstehen des Flyers kam und welche politischen, inhaltlichen und finanziellen Winkelzüge und Betrügereien sich in den letzten Wochen vor der Wahl in der FDP-Landesgeschäftsstelle ereignet haben. Nachdem Jürgen Möllemann sich einer inhaltlichen Diskussion entzog und die Gesetzesverstöße an den Tag kamen, habe ich Andreas Pinkwart ermutigt, für den Landesvorsitz zu kandidieren. Leider sah es nach dem Kompromissvorschlag von Guido Westerwelle so aus, dass Andreas Pinkwart nicht zur Verfügung stehen würde. So sind wir am 1. Advent nach Düsseldorf gefahren in der Überzeugung, in einer Alternativentscheidung den Landesvorsitzenden zwischen Ulrike Flach und Rolf Köster wählen zu müssen. Es wurden zwar Stimmen laut, man hoffe immer noch auf einen dritten Kandidaten, nur wurde dieser dritte Kandidat nirgendwo gesehen. Der Landesparteitag selbst entwickelte eine sehr starke Eigendynamik. Bei der Delegiertenbesprechung des Bezirksverbandes Köln vor Eröffnung des Parteitages erklärte Andreas Pinkwart zum wiederholten Male, warum er nicht antreten würde. Mit diesem Bild sind wir in den Landesparteitag gegangen und haben eine sehr emotionale Diskussion erlebt. Dabei konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Freunde Jürgen Möllemanns einen viel stärkeren Drang hatten, sich mitzuteilen, als die Kritiker unseres ehemaligen Landesvorsitzenden. Der Aussprachebeitrag von Andreas Pinkwart traf uns alle ins Mark. Er gab uns ein klares Bild der liberalen Grundsätze der FDP in Nordrhein-Westfalen. Er zeigte uns auf, dass es trotz der Verletzungen und Kränkungen eine Chance für die Liberalen in Nordrhein-Westfalen gibt. Man spürte sein tiefes inneres Engagement. Diese Stimmung und diese Hoffnung auf einen Neuanfang übertrug sich auf einen sehr großen Teil der Delegierten des Landesparteitages. Es gab einen sehr großen, langen Applaus für Andreas Pinkwart und nachdem unter anderem das Mitglied des Landesvorstandes Christoph Dammermann zu mir kam und sagte, „willst Du ihn nicht vielleicht doch noch vorschlagen“, habe ich mit den Freunden im Bezirk, allen voran mit Werner Hoyer über diese Frage nochmals diskutiert. Im ersten Moment waren wir uns nicht sicher, ob wir ihn überhaupt fragen sollten oder ob wir ihn einfach auch zu seiner persönlichen Überraschung vorschlagen sollen. Wir haben uns dann doch entschieden, ihn zu informieren, was Werner Hoyer auch tat. Wie Sie den Zeitungen entnehmen konnten, habe ich dann nach Rücksprache mit den Bezirksverbänden Düsseldorf, Ostwestfalen-Lippe, Westliches Westfalen, Düsseldorf und eben auch Köln eine Unterbrechung des Parteitages beantragt. Die Unterbrechung wurde ohne Gegenstimme durch den Landesparteitag genehmigt. Auf dem Weg vom Podium zur Delegierten-Besprechung ging ich gemeinsam mit Andreas Pinkwart durch die Philipshalle und viele sprachen ihn an und sagten ihm ihre Unterstützung zu. Als wir dann in unserer Besprechung wieder beieinander standen, trug Werner Hoyer noch einmal vor. Er bat Andreas Pinkwart, auf Grund der Reaktion des gesamten Landesparteitages doch zu kandidieren. Noch in diesem Moment schwankte Andreas Pinkwart und ich hatte fast schon den Eindruck, er würde uns mitteilen, nicht antreten zu können, weil er sich doch im Vorfeld festgelegt hätte. Er entschied sich anders und stellte sich für eine Kandidatur zur Verfügung. Ich kann verstehen, dass einige Delegierte und auch die anderen Kandidaten überrascht über diese Kandidatur waren. Die Legendenbildung dagegen, diese Vorgänge seien von Anfang an geplant und abgestimmt gewesen, kann ich nur zurückweisen. Dass sich letztlich Andreas Pinkwart, trotz seiner Kandidatur, die manchem vielleicht wie die „Echternacher Sprungprozession“ vorgekommen ist, durchsetzte, liegt daran, dass er in der Frage der Auseinandersetzung mit Jürgen Möllemann und im Kampf um die Verschiebung der politischen Achse in der FDP am glaubwürdigsten und am überzeugendsten gewesen ist. Und nur deshalb konnte er das Vertrauen der Delegierten gewinnen. Nun ist es aber auch unsere Aufgabe, diejenigen, die sich nicht haben durchsetzen können, die Delegierten, die Ulrike Flach, Rolf Köster und Joachim Schulz-Tornau unterstützt haben, wieder einzubinden. Ich halte Andreas Pinkwart für so integer und teamfähig, dass er persönlich dazu beitragen wird. Wir als Kreisverband Köln möchten dies auch tun. Sie finden neben meinem Schreiben eine Einladung zum Neujahrsempfang, zu dem wir unter anderem Ulrike Flach eingeladen haben. Ich hoffe, Sie erkennen daran, dass wir alle im Kreisvorstand und auch im Bezirksvorstand Köln ein Interesse daran haben, nach den zum Teil verletzenden Auseinandersetzungen wieder gemeinsam in die Zukunft zu schauen. Ich würde mich daher sehr freuen, wenn wir uns beim Neujahrsempfang sehen würden, um diesem Wunsch Rechnung zu tragen. Unabhängig davon, wie lange es dauern wird und in welchem Verfahren und unter welcher Schlammschlacht Jürgen Möllemann die FDP freiwillig oder gezwungen verlassen wird, müssen wir uns den Problemen unseres Landes wieder verstärkt und mit ganzer Kraft zuwenden. Der absolut chaotische Auftritt der bestätigten rot-grünen Bundesregierung, eine diffuse Finanzpolitik und eine überhaupt nicht mehr erkenn-bare politische Linie in der Regierung und dazu desaströse finanzielle Rahmenbedingungen der öffentlichen Hände, schreien geradezu nach einer liberalen Partei. Alle von uns machen Politik nur aus der Grundüberzeugung heraus, dass dieses Land eine liberale Stimme, eine organisierte liberale Partei braucht. Lassen Sie uns daran in Zukunft arbeiten. Unser Land hat es besonders nötig und wir müssen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wieder zurück gewinnen. Schon im Jahr 2004 haben wir eine Europawahl und eine Kommunalwahl in Köln vor uns. Der Politikwechsel in Köln war sinnvoll und hat diese Stadt nach vorne gebracht. Wir müssen dies über die Kommunalwahl 2004 hinaus sicher stellen, denn rot-grüne Mehrheiten in Köln, Düsseldorf und Berlin wären sicherlich für uns alle eine absolute Horrorvorstellung. Ich wünsche Ihnen allen einige ruhige Tage, einen guten Start in das Jahr 2003, Glück und Gesundheit und hoffe, Sie schon möglichst bald wieder bei der Kölner FDP begrüßen zu dürfen. Mit freundlichen Grüßen Reinhard Houben Kreisvorsitzender

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