Wahlprüfsteine des AK AIDS der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft Köln

23.04.2014 Initiativen FDP-Kreisverband Köln

Wahlprüfsteine des AK AIDS der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft Köln zur Kommunalwahl am 25. Mai 2014

In Köln leben zur Zeit ca. 800 Menschen mit der Krankheit AIDS, und ca. 3400 HIV-Infizierte. Durch die gute Behandelbarkeit der Infektion und die damit verbundene verschwindend geringe Sterberate, steigt die Zahl derjenigen, die mit HIV bzw. mit der AIDS-Erkrankung leben, in jedem Jahr um mindestens weitere 100 Personen (seit 2003 wurden jedes Jahr für Köln zwischen 100 und in der Spitze 170 HIV-Neudiagnosen gemeldet). Damit verbunden wächst der Bedarf an Sekundär- und Tertiärprävention für Menschen mit HIV und AIDS. Obwohl aufgrund des Meldeverzugs die endgültigen Zahlen der HIV-Neudiagnosen für das Jahr 2013 erst Anfang April 2014 vorliegen werden, liegen die beim Robert Koch-Institut, Berlin, bis 01.01.2014 für Köln gemeldeten HIV-Neudiagnosen bereits jetzt rund 10% über den Meldungen für das Jahr 2012. 

Dieser Anstieg könnte auch mit der Syphiliswelle zusammenhängen, die seit Anfang des Jahrtausends durch Deutschland läuft. In Köln ist sie besonders stark ausgeprägt. Betroffen sind hauptsächlich Männer, die Sex mit Männern (MSM) haben. In Köln haben sich die seit 2001 jährlich gemeldeten Syphilisfälle bei MSM mehr als vervierfacht. Im gleichen Zeitraum haben sich die pro Jahr gemeldeten Syphilisfälle mit heterosexuellem Risiko nahezu halbiert. 2012 entfielen in Köln 94,3% der Syphilisinfektionen mit bekanntem Risiko auf MSM. Da eine bestehende Syphilis die Übertragungswahrscheinlichkeit für HIV um das 2-4fache erhöhen kann, kommt es nach einem Anstieg der Syphilismeldungen in der Regel zeitversetzt zu einem Anstieg der HIV-Infektionen. 
2013 wurden in Köln 81,6 % der HIV-Infektionen mit bekanntem Risiko bei MSM festgestellt (Robert Koch-Institut, Berlin, Datenstand 01.01.2014). Der Anteil der HIV-Infektionen mit heterosexuellem Übertragungsrisiko lag bei 16,7%. Der Anteil der HIV-Infektionen bei Menschen mit intravenösem Drogengebrauch bei 1,8%.1 Gemäß der Maxime, „Put the effort, where the virus is“, sollten zukünftig MSM deutlich stärker als bisher in den Fokus der HIV- und STI-Prävention genommen werden als bisher. MSM sind in Köln die relevante Zielgruppe für eine Minimierung von HIV- und Syphilisinfektionen. Die Empfehlung für MSM heißt Ausbau der Präventionsmaßnahmen und der Beratung zu HIV und sexuell übertragbaren Infektionen sowie frühzeitiger Test auf HIV bzw. Syphilis. Es gibt ein niedrigschwelliges, szenenahes Schnelltestangebot auf HIV, Syphilis und Hepatitis C für MSM. Das bestehende Angebot ist finanziell nicht gesichert. 

Wahlprüfstein 1: 
Wie wollen Sie diese Arbeit zukünftig bedarfsgerecht fördern? Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Gelder für Prävention insbesondere in der Gruppe eingesetzt werden, die in Köln mit Abstand den höchsten Anteil an den HIV-Neuinfektionen stellt?


Die Gruppe der männlichen Prostituierten als Untergruppe von MSM ist besonders häufig von HIV und weiteren STIs betroffen. Im ersten Halbjahr 2013 wurden 12,5% der in den Gesundheitsämtern NRW untersuchten männlichen Prostituierten positiv auf HIV getestet. Dagegen waren im 1. Halbjahr 2013 nur 0,1% der untersuchten weiblichen Prostituierten HIV-positiv. Männliche Prostituierte sind eine schwer erreichbare Zielgruppe; sie stellen aber im HIV- und STI-Geschehen eine der am stärksten betroffenen Gruppe dar. Für diesen Personenkreis fehlt eine dem Bedarf notwendige kommunale finanzielle Ausstattung für HIV-/STI-Prävention und psychosoziale Versorgung.

Wahlprüfstein 2: 
Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Präventions- und Versorgungsarbeit für männliche Prostituierte eine bedarfsgemäße Förderung erhält?
 

Nachwachsende Generationen (Jugendliche) bedürfen besonderer Information und Aufklärung, da sie auf keine Präventionserfahrungen mit den Themen HIV/AIDS und andere STIs zurückgreifen können. 
HIV/AIDS- und STI-Prävention basiert auf zielgruppenspezifischen Konzepten, die unter anderem szenenahe Beratung bis hin zu Untersuchung und Testung zu und auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen beinhalten können. Trotz aller Erfolge in der medizinischen Behandlung von HIV und AIDS ist und bleibt Prävention der „Goldstandard“ im Kampf um eine Minimierung der HIV- und STI-Neuinfektionen. 
In Köln existiert seit vielen Jahren ein sexualpädagogisches Angebot für nachwachsende Generationen (Youthwork) auf der Grundlage eines abgestimmten Youthworkkonzepts. Dessen Finanzierung wurde seit Einrichtung des Youthworkmodells (Anfang der Neunziger Jahre) nie an die aktuelle Kostensituation angepasst. 

Wahlprüfstein 3: 
Wie wollen Sie diese Arbeit zukünftig bedarfsgerecht fördern? 


Stellvertretend für die Stadt übernehmen die freien Träger seit den Achtziger Jahren Aufgaben im Präventions- und Versorgungsbereich. Während Aufgaben, Problematiken und Anforderungen in Zusammenhang mit der HIV/AIDS- und STI-Prävention (längere Überlebensdauer, Risikomanagement, neue Zielgruppen) gewachsen sind, wurde die finanzielle Ausstattung der Träger der Kölner HIV- und STI-Prävention nur unzulänglich angepasst, teilweise sogar gekürzt. 

Wahlprüfstein 4: 
Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Träger ihrem Präventions- und Versorgungsauftrag nachkommen können?
 

Grundlage der erfolgreichen Kölner Präventionsarbeit ist das integrative Kölner Modell der HIV-/AIDS-Prävention, das sich u.a. auszeichnet durch Trägervielfalt, Nutzung der Zielgruppennähe einzelner Träger, Einbeziehung der STI-Prävention in die HIV-Arbeit sowie Erhalt und Nutzung der Trägervielfalt durch die städtische AIDS-Koordination. Eine eigenständige städtische AIDS-Koordination ist unerlässlich für das Funktionieren des Kölner Modells. 2003 beschloss der Rat eine pauschale Reduzierung der Aufgaben der AIDS-Koordination, indem an alle Stellen des gleichnamigen Sachgebietes kw-Vermerke angebracht wurden. 

Wahlprüfstein 5: 
Wie wollen sie sicherstellen, dass es in Zukunft wieder ein eigenständiges, personell ausreichend ausgestattetes Sachgebiet AIDS-Koordination gibt?


Die Beratungsstelle zu sexuell übertragbaren Erkrankungen (STD) einschließlich AIDS’ im Gesundheitsamt wurde 2013 umbenannt in ‚Fachdienst STI und sexuelle Gesundheit’. Das Wort ‚AIDS’ wurde aus dem Namen der Beratungsstelle gestrichen, welche Beratung zu HIV/AIDS und HIV-Testung anbietet. Die Umbenennung erfolgt zu einer Zeit, da HIV/AIDS aus dem öffentlichen Bewusstsein zu verschwinden droht. 

Wahlprüfstein 6: 
Halten Sie diese Umbenennung angesichts des nachlassenden öffentlichen Interesses für HIV/AIDS für gut? - Was müsste Ihres Erachtens die Stadtverwaltung unternehmen, damit HIV/AIDS nicht aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwindet? Müsste der Begriff HIV bzw. AIDS nicht weiterhin im Namen der ehemaligen AIDS-Beratungsstelle erscheinen, um der Ratsuchenden Bevölkerung zu signalisieren, dass HIV und AIDS von der Stadtverwaltung als eigenständige Bedrohung ernst genommen werden?




Beantwortung der Fragen durch die FDP


Wahlprüfstein 1:

Die FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln unterstützt seit langen Jahren die Präventionsarbeit gegen Infektionen mit HIV der Kölner Aidshilfe und anderen freien Trägern. Als einzige Kölner Partei nutzen die Kölner Liberalen ihren Auftritt beim örtlichen CSD für eine Präventionskampagne gegen HIV-Infektionen. Deshalb hat die Kölner Aidshilfe dieses Engagement der Kölner Liberalen mehrfach gewürdigt. Uns ist das gemeinsame Angebot von Checkpoint und Aidshilfe Köln von Schnelltests bekannt und wir unterstützen dieses Projekt uneingeschränkt und werden uns dafür stark machen, dass dafür Fördermittel im Kölner Haushalt eingestellt werden.

Wahlprüfstein 2:

Die Präventions- und Versorgungsarbeit für männliche Prostituierte in Köln ist ein wichtiger Baustein der Aufklärung gegenüber HIV-Infektionen und AIDS und deren Bekämpfung. Wie der Arbeitskreis Aids/PSAG Köln weiß, hat sich die FDP-Fraktion über Youthworkerarbeit mit Aufklärungsangeboten über HIV-Infektionen und AIDS stark gemacht und konnte die Zusetzung von drei weiteren Youthworkerstellen in Köln durchsetzen. Sollte die Finanzierung nicht mehr sichergestellt sein, so wird sich die FDP-Fraktion gerne dafür verwenden, die finanzielle Unterstützung durch die Stadt Köln auf die aktuelle Kostensituation der Träger anzupassen. 

Wahlprüfstein 3:

Der FDP-Fraktion ist bekannt, dass die finanzielle Ausstattung der Träger der Kölner HIV und STI-Prävention in den letzten Jahren nur unzulänglich angepasst worden ist. Sollte die FDP-Fraktion nach der Kommunalwahl 2014 in Haushaltsverantwortung kommen, so wird es uns ein besonderes Anliegen sein, die finanzielle Ausstattung der Träger zu verbessern.

Wahlprüfstein 4:

Die Präventionsarbeit gegenüber HIV-Infektionen und Aids-Erkrankungen hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Die FDP-Fraktion ist gerne bereit, mit allen Kölner Beteiligten in die Diskussion zu treten, wie das Kölner Modell und ihre Trägervielfalt den neuen Herausforderungen erfolgreich angepasst werden können.

Wahlprüfstein 5:

Wie Sie selbst ausführen, haben sich die Aufgaben, Problematiken und Anforderungen im Zusammenhang mit der HIV/AIDS-Problematik in den letzten 20 Jahren elementar geändert. Hier bedarf es sicherlich auch einer Überprüfung des integrativen Kölner Modells, ob es den heutigen Anforderungen noch entspricht und eine städtische AIDS-Koordination in der Form noch gebraucht wird oder die Mittel nicht in der Präventionsarbeit besser aufgehoben wären. Die FDP-Fraktion kann sich auch sehr gut vorstellen, dass die Kölner Aidshilfe die Funktion der städtischen AIDS-Koordination übernehmen könnte. Ihre Arbeit und ihr Know-how sind überragend und allgemein in der Stadtgesellschaft geschätzt. 

Wahlprüfstein 6.

Das Für und Wider der Umbenennung der Fachdienststelle beim Gesundheitsamt möchten wir hier den Fachleuten überlassen. 

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