Die SPD als Hebamme für Schwarz-Grün

In Köln zeichnet sich der Politikwechsel ab

28.01.2016 Pressemeldung Post von Horn - Blog zu Politik & Medien

In Köln ist ein Macht- und Politikwechsel zu beobachten, weg von Rot-Grün, hin zu Schwarz-Grün. Bei der Kommunalwahl 2014 war die SPD erneut stärkste Kraft im Rat geworden. Doch Fraktionschef Börschel und Parteichef Ott spielten ihre Partei mit kapitalen Fehlern ins Abseits. Nun gerade beschlossen CDU und Grüne, über ihre Kooperation zu verhandeln. Diese Aussicht beflügelt die Fantasie, auch nach der Landtagswahl 2017 könnte Rot-Grün Schwarz-Grün zustande kommen.

Wählerwillen missachtet

Jahrelang dominierte die SPD Kölns Politik. Ihre Führungskräfte hielten den grünen Koalitionspartner demonstrativ kurz, vor allem SPD-Fraktionschef Börschel. Immer wieder hatten die Grünen den Eindruck, die SPD betrachte nicht in Opposition, sondern ihren grünen Partner als politischen Gegner.

Nach der Kommunalwahl 2014 verschoben sich die Gewichte. Die Grünen hatten Einbußen zu beklagen. Sie verzögerten die Koalitionsgespräche mit der SPD. Sie wollten sich von ihr nicht wieder überrollen lassen. Auf einmal tauchte der Verdacht auf, ein Wahlkreis sei falsch ausgezählt worden, zugunsten der SPD und zulasten der CDU. Dann überschlugen sich die Ereignisse.

Die SPD blockierte die Neuauszählung des Wahlkreises. Börschel und SPD-Chef Ott setzten sich dem Vorwurf aus, den Wählerwillen zu missachteten. Es bedurfte eines Gerichts, um das rechtswidrige Agieren der SPD zu stoppen. Es entschied zugunsten der CDU. Ott verlor sein Ratsmandat. Börschel und Ott hatten ihre Partei im Rat isoliert, in der Bürgerschaft diskreditiert und die Grünen in die Arme der CDU getrieben.

Erwartungen enttäuscht

Die beiden SPD-Spitzen zeigten sich nach der Kommunalwahl 2014 mit der politischen Gemengelage in Köln überfordert. Sie erweckten den Eindruck, die SPD-Kandidatur für die OB-Wahl im Herbst 2015 sei eine private Angelegenheit zwischen beiden. Monatelang ließen sie offen, wer von ihnen antreten würde. Ihr Zaudern nährte den Verdacht, sie scheuten die Kandidatur aus Angst vor einem Karriereknick.

Die Grünen machten Nägel mit Köpfen. Sie erklärten die parteilose Dezernentin Reker zu ihrer Kandidatin und gewannen die Hilfe von CDU und FDP. Das Wahlkampfthema beschafften ihnen Ott und Börschel. Mit ihrem Widerstand gegen die Korrektur des falschen Wahlresultats legte sie dem Parteienbündnis nahe, die SPD für den Verfall der politischen Sitten in Köln verantwortlich zu machen. Die Mehrheit der Wähler teilte diese Ansicht. Reker gewann die OB-Wahl im ersten Anlauf.

Börschel und Ott, beide Anfang 40, galten einst als Nachwuchstalente der NRW-SPD. Vor zehn Jahren übernahmen sie die Kölner Partei, die damals in einem Skandal steckte. Die Erwartung, sie könnten die Partei zu neuen Höhen führen, trog. Heute ist Kölns SPD abgewirtschaftet.

Den Muff hinter sich lassen

Sie müsste sich rasch erneuern. Ist das zu erwarten? Dass Börschel und Ott die SPD aus dem Graben fahren könnten, ist schwer zu glauben. Dass sich die Sozialdemokraten entschließen könnten, Ott und Börschel abzulösen, scheint ist unwahrscheinlich. Ebenso, dass beide ein Einsehen haben und aus ihrem Scheitern Konsequenzen ziehen.

Die CDU hat die Chance, sich im Bündnis mit den Grünen zu modernisieren. Auch sie hat Personalprobleme. Sie schaffte es nicht, in den eigenen Reihen einen OB-Kandidaten zu finden. Dass sie sich dennoch erfolgreich fühlen kann, verdankt sie weniger der eigenen Leistung als der Dummheit der SPD. Auch die CDU muss sich reformieren. Wo, wenn nicht in Köln, will sie den Muff hinter sich lassen und sich zur Großstadtpartei wandeln?

Die FDP nutzte die Gunst der Stunde, als sie im Verbund mit der CDU und den Grünen Rekers Kandidatur unterstützte. Mit ihren begrenzten Mitteln erzielte die FDP ein Optimum an Wirkung. Sie kann sich in Köln nun in Szene setzen, weil ihre Stimmen im Rat Gewicht gewinnen. Die Partei kämpft 2017 in Bund und Land um den Einzug in die Parlamente. In Köln hat sie nun ein großes Forum, um zu punkten.

Sich neue Perspektiven eröffnen

Die Grünen erwiesen sich in Köln als kreative, durchsetzungsstarke Truppe. Sie brachten es fertig, ihre Partei trotz eines mäßigen Kommunalwahlresultats zur gestaltenden Kraft in der Domstadt zu machen. Sie ließen ihren behäbigen Koalitionspartner SPD ins Leere laufen und trugen dazu bei, ihn abzutakeln. Sie machten eine parteilose Außenseiterin zur OB-Kandidatin und verschafften ihr die Mehrheit.

Noch ist Schwarz-Grün nicht trockenen Tüchern. Beide Parteien müssen sich auf ein Programm verständigen. Es reicht nicht, diese Hürde schadlos zu überspringen. Es stehen weitere Hindernisse im Weg. Schwarz-Grüne hat keine Mehrheit im Rat. Reker muss mit wechselnden Mehrheiten operieren oder auf die Hilfe der FDP hoffen. Die neue Lage fordert alle Kölner Parteien heraus.

Sollte Schwarz-Grün in Köln funktionieren, könnten sich den beiden Parteien auch in der Landespolitik neue Perspektiven eröffnen. Dann fiele es ihnen wohl leichter, sich darauf einzustellen, nach der NRW-Wahl 2017 im Landtag zu kooperieren – vorausgesetzt, die Mehrheitsverhältnisse gäben es her. 

Ulrich Horn


Dieser Artikel stammt ursprünglich vom Blog "Post von Horn" am 13.12.2015.

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