Bürokratieabbau
Houben: Ein Digitalministerium ist besser als ein Ministerium für Deregulierung
28.12.2024 Meldung FDP-Bundestagsfraktion
In Argentinien soll ein Deregulierungsministerium den Staat schlank machen und die Wirtschaft ankurbeln. Könnte das auch in Deutschland funktionieren? Hierzulande gibt es schon seit einiger Zeit entsprechende Bemühungen. Im Jahr 2006 setzte die Große Koalition einen Normenkontrollrat ein, dessen Aufgabe es ist, Regierung und Parlament beim Bürokratieabbau zu beraten. Auf Anregung des Rates wurde etwa die „One in, one out“-Regel nach dem Vorbild Großbritanniens eingeführt. Diese besagt, dass für jede neue gesetzliche Regulierung, die die Wirtschaft belastet, eine alte entfernt werden soll. Die dritte Merkel-Regierung verpflichtete sich 2015 selbst dazu, diese Regel anzuwenden. Die Ampelregierung hat bereits drei Bürokratieentlastungsgesetze verabschiedet und hatte ein viertes in Vorbereitung.
Doch genützt hat dies alles wenig, wie die Berliner Zeitung berichtet. Laut Statistik der Bundesregierung sind zwischen 2014 und 2024 aus 44.216 Einzelnormen 52.155 geworden. Das entspricht einer Zunahme von 18 Prozent. Auf Ebene der Europäischen Union sieht es nicht besser aus. Einem Bericht der Tagesschau zufolge haben sich die Rechtsakte auf EU-Ebene von vor zehn Jahren zu heute von 4600 auf 6500 erhöht. Allein im vergangenen Jahr sollen es etwa 370 neue gewesen sein. Dazu kommen Richtlinien der Länder, Kreise und Kommunen. Von 2022 bis 2023 erhöhte sich der Erfüllungsaufwand durch Bürokratie für die Wirtschaft laut Statistischem Bundesamt um 711 Millionen Euro, davon 418 Millionen Euro reine Bürokratiekosten.
Der seit genau einem Jahr regierende libertäre Präsident Argentiniens, Javier Milei, greift radikal durch. Nachdem er elf Ministerien abgeschafft hatte, richtete er im Juli dieses Jahres ein neues ein: das Ministerium für Deregulierung und Transformation. Als seinen Minister ernannte er Federico Sturzenegger, ehemaliger Präsident der Zentralbank. Schon vor der Ernennung waren Sturzenegger und sein Team für die Ausarbeitung der massiven Deregulierungsvorhaben der Regierung Milei zuständig. Dem Handelsblatt zufolge verantwortete Sturzenegger Maßnahmen wie die Streichung von Steuererleichterungen für Industrieparks, die Erhöhung der Zollgrenze für Konsumgüter oder die Einrichtung einer App, mit der Bürger unnötige Vorschriften melden können. Zudem sollen in einer nächsten Phase 40.000 Beamte Prüfungen durchlaufen, deren Ziel es ist, ungeeignete Staatsangestellte auszusortieren.
Die künftige US-Regierung unter Donald Trump will einen ähnlichen Weg gehen. Das geplante „Department of Government Efficiency“ (DOGE) unter Führung von Elon Musk soll bis zu zwei Billionen US-Dollar einsparen, indem es Verschwendung reduziert und nicht notwendige Behörden abschafft. Es wird darüber diskutiert, die Anzahl von Bundesbeamten um bis zu 75 Prozent zu reduzieren. Man könnte Christian Lindners Vorstoß, mehr Milei und Musk zu wagen, in diesem Sinne verstehen, den Abbau von Bürokratie zur Chefsache zu machen.
Lindners eigene Partei findet das nicht verkehrt: Reinhard Houben schlägt die „Einrichtung eines Digitalministeriums“ vor, um „für schlanke Strukturen, einheitliche digitale Standards und eine effizientere Verwaltung zu sorgen“.