Medienkompetenzvermittlung am FWG
21.07.2009 Meldung FDP-Kreisverband Köln
LibAK Medienpolitik zu Gast beim Friedrich-Wilhelm-Gymnasium
Von Dr. Eva Fiedler
Am 12. Mai 2009 war der Liberaler Arbeitskreis Medienpolitik der FDP mit seinem Vorsitzenden Wout Nierhoff zu Gast beim Friedrich-Wilhelm-Gymnasium (FWG) in Köln.
Das zweitälteste Kölner Gymnasium, gegründet 1825 als Lateinschule, nahm Schüler aller Konfessionen im katholischen Köln auf, seit 1875 vorwiegend protestantische und jüdische. Während des Dritten Reiches konnte es neben zwei anderen Gymnasien seine Eigenständigkeit als humanistische Lehranstalt behaupten. Zwei Jahre nach seiner völligen Zerstörung beim Peter- und Paul-Angriff 1943 auf Köln nahm es bereits im November 1945 seinen Unterricht wieder auf, bezog dann 1959 das neue Gebäude in der Severinstraße, wo es bis zum Einsturz des Stadtarchivs im März diesen Jahres seinen angestammten Platz hatte und in Zukunft auch wieder haben wird.
Das aktuelle Schulprogramm umfasst neben den traditionellen mathematisch-naturwissenschaftlichen, sprachlichen, künstlerisch-musischen sowie den sozialwissenschaftlichen Fachbereichen eine Fülle von zusätzlichen Qualifikationen. Besonderer Erwähnung bedarf dabei die Erlangung des International Baccalaureat (IB). Schulpartnerschaften mit Frankreich und den USA gehören dazu ebenso wie seit dem Schuljahr 2000/01 business@school, ein Projekt der Boston Consulting Group, bei dem die Teilnehmer, Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufe 12, im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft in drei Phasen gruppenweise an der Analyse eines börsennotierten Unternehmens und eines Kölner mittelständischen Unternehmens arbeiten und schließlich ihre eigene Geschäftsidee entwickeln.
Daneben existieren ein Schulorchester, eine Rockband sowie das Musikforum-FWG, welches Instrumentalunterricht für Schüler anbietet, Theater-AGs, eine Partnerschaft zwischen dem FWG und dem Theater „Der Keller“, Streitschlichtung, Kooperationsvertrag mit der Bank Sal. Oppenheim und nicht zuletzt der seit 1911 bestehende Ruderverein, um nur einige Aktivitäten und Schwerpunkte zu nennen. Zur Zeit unterrichten am FWG 60 Kollegen 1.017 Schüler und Schülerinnen.
Empfangen wurden die Mitglieder des LibAK Medienpolitik der FDP-Köln vom Schulleiter Dr. Peter Jansen und seinem Stellvertreter und zugleich Medienexperten Ronald Effertz in dem Hauptausweichquartier des FWG, im ehemaligen Gebäude der Volkshochschule am Neumarkt. Trotz der erschwerten Unterrichts- und Raumsituation strahlen beide Zuversicht und Optimismus aus, da sie sich bestens unterstützt sehen von einer sehr loyalen und hilfsbereiten Elternschaft und nicht zuletzt von den ihrer Schule sehr verbundenen Schülern und Schülerinnen („Wo wir sind, da ist das FWG“ - Ausspruch eines Schülers) ebenso wie von der Stadt Köln, die sich bemüht zeigt, den Schulbetrieb nicht nur weiter aufrecht zu erhalten, sondern auch zunehmend zu verbessern. Im Sommer werden z.B. zwei neue naturwissenschaftlich ausgestattete Container zur Verfügung gestellt werden.
Dr. Peter Jansen hebt in diesem Zusammenhang die schnelle und unbürokratische Hilfe seitens der Stadt Köln sowie die zahlreichen Angebote anderer Schulen im Umkreis hervor, dem FWG Räume und Sporthallen zur Verfügung zu stellen.
In jüngster Zeit hat das FWG im Bereich der Medienkunde neue Wege beschritten und eine 5. Klasse mit Laptops eingerichtet. Das Projekt geht auf eine Initiative der Stadt Köln zurück, an dem neben dem FWG noch eine Real- und eine Hauptschule teilnehmen. Bevor Dr. Jansen auf diese aktuelle Errungenschaft eingeht, gibt Ronald Effertz einen kurzen Überblick über die PC-Entwicklung am FWG.
Bereits zu Beginn der achtziger Jahre begann hier das Computerzeitalter. Nach ersten Versuchen mit Apple II in Arbeitsgemeinschaften wurde der erste Computerarbeitsraum 1986 mit 18 Schülerplätzen eingerichtet. Ein Jahr später, 1987, startete der erste Informatikkurs, der bis zum Abitur durchgeführt wurde. Seitdem gehört das Fach Informatik zum festen Bestandteil des Schulprogramms. Dank der Unterstützung durch den Förderverein konnte schon bald ein zweiter Computerraum in Betrieb genommen werden. Im Rahmen der Initiative „Schulen ans Netz“ erhielt das FWG 1997 endlich einen Internetanschluss und in Eigenregie vernetzte dann Effertz zusammen mit Schülern und einem kundigen Schülervater die 1. Etage des FWG, um in jedem Klassenraum einen Rechner zuhaben, der jederzeit in den unterschiedlichen Fächern benutzt werden konnte/sollte.
Hinter dieser Maßnahme stand die Vorstellung, nicht nur die Informatikschüler mit Medienkompetenz auszustatten, sondern alle Schüler und Schülerinnen. Dieses zukunftsträchtige Projekt, das nicht nur die technische Handhabung beinhaltete, sondern auch die inhaltliche und kritische Auseinandersetzung mit dem Internet und seinen Angeboten, scheiterte zunächst einmal an der nicht ausreichend vorhandenen Medienkompetenz der Lehrkräfte, die dafür nicht ausgebildet waren und sich im Gegensatz zu den ihnen bis dato geläufigen klassischen Medien wie Bücher, Zeitungen, Radio, Fernsehen und Videofilmen zunächst mit dem Internet sehr schwer taten.
Führend auf diesem Gebiet sei Bayern, so Effertz. Dort sei Informatik für alle Schüler verpflichtend und beschränke sich nicht nur auf die PC-Bedienung, sondern vor allem auch auf die optimale Nutzung im Bewusstsein der damit verbundenen Probleme und Gefahren.
Dazu meint Dr. Jansen, dass sich die Schule bewusst sei, dass die Gesellschaft ohne dieses Medium nicht mehr auskäme und es daher erforderlich sei, die Schüler und Schülerinnen mit den notwendigen Kompetenzen auszustatten und zur kritischen Teilhabe an der Medienwelt zu befähigen. Es müsse daher auch ein neues Konzept von Allgemeinbildung entwickelt werden. Seiner Meinung nach brauche man heutzutage nicht mehr die Humboldtsche Breite des Allgemeinwissens, da mittels des Internets schnellster Zugang zu den Wissensquellen möglich und somit die Beschaffungsmethode desselben wichtig sei.
Wout Nierhoff weist an dieser Stelle auf das Google-Copy-Paste-Syndrom hin, was vielfach zu einem simplen Collageprozess geführt habe, in dem die einzelnen Bausteine aus dem Internet zusammengesetzt würden und ohne kritisches Hinterfragen nur oberflächlich blieben. Das diese Gefahr bestehe, ist nach Effertz, nicht zu widerlegen. Doch da komme der Lehrer ins Spiel, der zum einen die Quellenangaben überprüft und zum anderen dem Schüler die Aufgabe erteilt, die verschiedenen Aspekte seiner Arbeit den Mitschülern zu vermitteln. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird die bloße, nicht selbst reflektierte und überprüfte Übernahme aus dem Internet problematisiert.
Auf die Frage von Katja Hoyer, ob das Buch als klassische Quelle „out“ sei, antwortet Dr. Jansen mit einem „leider immer mehr“. Denn die Lesekultur habe sich verändert. Immer mehr Schüler „griffen“ zum Rechner, statt zum Buch. Man müsse ganz einfach realisieren, dass Medien die Welt verändern und neue Bedarfe schaffen. So wie die Erfindung des Buchdrucks die Welt verändert habe, so geschehe das in unserer Zeit mit dem Internet und deshalb wachse heutzutage der Schule die Aufgabe zu, die Schüler dahingehend zu befähigen, dieses Medium richtig zu nutzen ohne jedoch dabei auf Bücher zu verzichten.
Wie sinnvoll ein flächendeckender Einsatz von PCs im Unterricht tatsächlich ist, ist unter Pädagogen immer noch umstritten. Dem Hinweis von Eva Fiedler, dass es in den USA, wo der Hightech-Unterricht längst alltäglich ist, Studien des dortigen Bildungsministeriums gäbe, die besagen, dass es für die Lernleistung der Schüler keinen Unterschied mache, ob neue Medien eingesetzt würden oder nicht, und etliche Schulen den Laptop wieder aus dem Unterricht verbannt hätten, weil er die Schüler eher ablenken würde, begegnet Dr. Jansen mit der berechtigten Hoffnung, trotz aller Kritik den Schülern eine Vielzahl von Kompetenzen vermitteln zu können. Ronald Effertz ergänzt, dass auf diesem Gebiet noch experimentiert werde was die Initiierung von Lernprozessen anbeträfe. Die Anforderungen an die begleitenden Lehrer würden größer, da der Unterricht mit dem Einsatz des Internets nicht mehr so planbar sei wie mit den üblichen Arbeitsblättern.
In Ergänzung dazu verweist Eva Fiedler auf die Kritik des Hirnforschers Gerald Hüther (Neurobiologische Grundlagenforschung/Uni Göttingen). Er habe festgestellt, dass es zur Persönlichkeitsentwicklung eines Schülers keines Laptops bedürfe. Der Lehrer trete beim Einsatz dieses Mediums noch weiter hinter seiner Persönlichkeit zurück. Lehrer sollten aber Vorbilder und Lernbegleiter sein. Dem widerspricht Ronald Effertz vehement und betont, dass die Vorbildfunktion des Lehrers, umsichtig, kritisch versiert und dosiert mit dem Internet umzugehen, ja gerade die Aufgabe des Lehrers sei. Dabei bezieht er sich auf die positiven Erfahrungen der Bertelsmann-Gruppe/Gütersloh.
Dr. Jansen führt dann weiter aus, dass die neue Laptop-Klasse des FWG zunächst einmal nur ein Schulversuch sei und wenn der damit verbundene Aufwand nicht im Verhältnis zum Nutzen stehe, werde aufgehört. Es sei allen bewusst, dass man Neuland betrete. Die neu eingerichtete Laptop-Klasse solle von der 5. bis zur 10. Klasse durchgezogen werden und Einsatz finden in den Fächern Deutsch, Englisch, Latein, Erdkunde, Biologie und Mathematik, wobei der Einsatz allmählich in Deutsch zurückgehen und in Mathematik dafür zunehmen würde.
Auf die Frage von Wout Nierhoff, ob Schüler der anderen Jahrgangsstufen mit dem Laptop zum Unterricht kämen, erklärt Dr. Jansen, dass nur sehr wenige, max. 2-3%, davon Gebrauch machten, weil kaum ein Schüler Schreibmaschine schreiben könne und somit die Fertigkeit, Unterrichtsnotizen per PC zu machen, nicht gegeben sei. Medienkompetenz erfordere nämlich bestimmte Grundfähigkeiten, wie z. B. das Schreibmaschineschreiben.
Des weiteren erkundigte sich Wout Nierhoff nach den Ressourcen bzw. Sponsoren hinsichtlich einer technisch aktuellen Vollversorgung. Nach Meinung von Ronald Effertz sei nichts einzuwenden gegen ein Sponsoring durch Firmen, solange die Schule die Inhalte selbst bestimmen könne.
Auf die Frage nach der Verwendung des Handys als „Multimediamaschine“ im Unterricht führt Dr. Jansen aus, dass am FWG ein striktes Handy-Verbot gelte. Der bewusste Handy-Einsatz im Unterricht sei jedoch möglich und hänge vom jeweiligen Lehrer ab, sei aber kein fester Baustein im Schulprogramm.
Nach den Wünschen der Schule bezüglich einer angemessenen Medienausstattung befragt, wünscht sich Ronald Effertz neben mobilen Laptopwagen pro Etage je einen fest installierten Beamer (bzw. ein Smartboard) und DVD-Player pro Klassenraum.
Zu vorgerückter Stunde dann ein Anruf auf Dr. Jansens Handy: dass FWG-Team von business@school hat soeben den 2. Platz im landesweiten Wettbewerb errungen! Herzlichen Glückwunsch!