Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz
27.01.2009 Meldung Stadt Köln
Am Wettbewerb beteiligen sich renommierte Künstlerinnen und Künstler
Der Wettbewerb zu einem Kölner Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz ist in seine erste Runde gegangen. Nach der Auftakt-Jurysitzung und einem Rückfragenkolloquium im NS-Dokumentationszentrum steht fest: Neun bereits etablierte und fünf junge Künstlerinnen und Künstler beteiligen sich mit ihren Entwürfen. Dazu zählen der Züricher Ruedi Baur, das Künstlerduo Hoheisel & Knitz, der Berliner Henrik Oleson, Bojan Šarèeviè (Berlin / Paris), Julia Scher (Köln / New York), Gregor Schneider (Mönchengladbach), die erst in der vergangenen Woche geehrte Rosemarie Trockel (Köln) und der Italiener Luca Vitone (Mailand). Zur jüngeren Generation der Teilnehmer gehören Theo Boettger (Berlin), Kerstin Ergenzinger (Köln), Philipp Lachenmann (Köln / Los Angeles), Manuela Leinhoß (Köln) und die 27-jährige Lada Nakonechna aus Kiew, die als jüngste Teilnehmerin zugleich die weiteste Anreise hatte.
Dr. Werner Jung, der als Direktor des NS-Dokumentationszentrums die Auslobung des Wettbewerbs für die Stadt Köln verantwortet, zeigte sich hoch erfreut über die große Resonanz auf die Einladung seines Hauses: „Wir sind gespannt auf hervorragende Entwürfe für das Denkmal.“ Die Einweihung ist für den 1. September 2009 am Appellhofplatz / Ecke Burgmauer geplant.
Der Jury gehören als Fachpreisrichterinnen und -richter an: Gerhart Baum (Bundesminister des Innern a.D., Köln), Ludwig Baumann (Vorsitzender der „Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz“, Bremen), Friederieke van Duiven (Künstlerin, Köln), Prof. Dr. Stefanie Endlich (Universität der Künste, Berlin), Prof. Dr. Ulrich Krempel (Sprengel Museum Hannover), Prof. Marcel Odenbach (Kunsthochschule für Medien, Köln), Manfred Osthaus (Staatsrat i. R., Bremen) und Prof. Dr. Stefan Römer (Kunstakademie München).
Prof. Kasper König (Direktor des Museum Ludwig) vertritt den Kulturdezernenten Prof. Georg Quander in der Jurytätigkeit. Außer König und Jung wirken als weitere Sachpreisrichterinnen und -richter die Leiterin des Stadtplanungsamts, Anne Luise Müller, sowie als Vertreterinnen und Vertreter der Ratsfraktionen Carola Blum (CDU), Monika Möller (SPD), Peter Sörries (Bündnis 90/Die Grünen) und Lorenz Deutsch (FDP) mit.
Zur Vorsitzenden der Jury wählte die Versammlung die Berliner Professorin Dr. Stefanie Endlich, die sich als Expertin für Erinnerungskultur und Denkmale sowie Kunst im öffentlichen Raum einen Namen gemacht hat. Ihr Vertreter ist der an der Kunsthochschule für Medien in Köln lehrende Professor Marcel Odenbach, der selbst bereits mehrfach viel beachtete künstlerische Werke in Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit schuf.
Die Aufgabenstellung hat der Rat der Stadt Köln in seiner Sitzung vom 13. November vergangenen Jahres beschrieben: „Für einen prominenten innerstädtischen Standort – den Bereich Appellhofplatz an der Ecke Burgmauer / Neven-Dumont-Straße – wird ein einprägsames Kunstwerk gewünscht, das eine Würdigung für diese spezifische Opfergruppe darstellt. Es soll dabei sowohl an die Soldaten erinnern, die sich dem Krieg verweigerten und deshalb zum Tode verurteilt wurden, als auch an die zivilen Kriegsgegnerinnen und -gegner, die Opfer der NS-Sonderjustiz waren. Erwartet wird eine künstlerische Lösung, die eine Auseinandersetzung mit der Thematik und dem Standort erkennen lässt.“
Am 24. April 2009 entscheidet die Jury über die Entwürfe. Für das Denkmal selbst stehen 80.000 Euro zur Verfügung, von denen 10.000 Euro durch Spenden zusammenkommen sollen. Die Stadt Köln ist die erste Kommune, die einen Künstlerwettbewerb für diese Opfergruppe auslobt. Von den bundesweit nur fünfzehn Denkmälern entstand einzig das im Berliner Bezirk Charlottenburg nach einer Ausscheidung. Alle anderen gehen auf das individuelle Engagement von Künstlerinnen, Künstlern oder Initiativen zurück.
Ludwig Baumann, der als Vorsitzender der „Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz“ für die ehemaligen Wehrmachtdeserteure in der Jury vertreten ist, war begeistert von dem zentralen Standort und lobte das Kölner Projekt ausdrücklich. Erstmals würden die Opfer der NS-Militärjustiz mit einem solchen anspruchsvollen Wettbewerb gewürdigt. Von den 30.000 Todesurteilen gegen Deserteure, „Wehrkraftzersetzer“, „Kriegsverräter“ oder Kriegsdienstverweigerer ließen die die Wehrmachtgerichte 20.000 vollstrecken. Auch Baumann selbst war 1942 nach seiner Desertion zum Tode verurteilt worden. Er hatte zehn Monate in einer Zelle auf seine Hinrichtung gewartet, bis er von seiner Begnadigung erfuhr und in ein Strafbataillon kam. Seit den 1990er Jahren setzt sich Baumann für die Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz ein, die mit einem Beschluss des Bundestags im Jahr 2002 weitgehend erfolgte, wenn auch nicht für alle Fälle.