Repgen: Regionale Hafenpolitik statt Ausbau in Godorf
30.08.2007 Reden FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln
Rede von Dietmar Repgen, Stellv. Vorsitzender der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln, in der Ratssitzung am 30. August 2007 anlässlich der Debatte um den Ausbau des Godorfer Hafens Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger auf der Tribüne, schon in der Februar-Sitzung des Rates waren wir skeptisch, als wir zusammen mit den Kollegen der Fraktion Die Grünen mit dem Versuch, den Untersuchungsauftrag für das Wirtschaftlichkeitsgutachten präziser zu fassen, gescheitert sind. Schon damals war uns bewusst: das, was wir von Anfang an wollten, und was eigentlich auch noch der Geist des Beschlusses des Hauptausschusses vom Januar 2006 war, würden wir nicht bekommen: ein unabhängiges, seriöses Wirtschaftlichkeitsgutachten. Was, meine Damen und Herren, ist an einem Gutachten unabhängig und seriös, das als maßgeblichen Quellenfundus nur auf das (veraltete) Datenmaterial der HGK zurückgreift? Was ist an einem Gutachten unabhängig, das bereits auf der ersten Seite erkennen lässt, dass es nicht etwa im Auftrag des Rates erstellt wurde, was ursprünglich Konsens zwischen den vier Fraktionen CDU, SPD, Grünen und FDP war, sondern im Auftrag der HGK? Was ist an einem Gutachten unabhängig und seriös, das den fundamentalen Fehler begeht, eine im Planfeststellungsbeschluss festgeschriebene maximal zulässige Kapazität von 120.000 Containern gleichzusetzen mit dem – von Anfang an und ab dem ersten Betriebstag permanent vorhandenen Auslastungsgrad eines erweiterten Hafens Godorf? Ein 100%-Auslastungsgrad erinnert nicht an ein seriöses Gutachten, meine Damen und Herren, sondern eher an ein Märchen aus 1001 Nacht. Über die Qualität des Baum-Gutachtens wurde bereits gesprochen. Es ist diese mangelhafte Qualität und die Tatsache, dass das Gutachten mit seinen zweifelhaften Ergebnissen offensichtlich interessegeleitet ist, die uns in unserer Haltung bekräftigt, nach wie vor den Hafenausbau Godorf abzulehnen. Die Nutzen-Kosten-Relation ist mit 2,5 offenbar schöngerechnet worden, die Kosten sind deutlich zu niedrig angesetzt und der Nutzen zu hoch. Bei den Kosten sieht man das deutlich, wenn man frühere Zahlen daneben legt, die von deutlich höheren Ansätzen ausgehen. Das Gutachten arbeitet mit möglicherweise zu erlangenden Zuschüssen von EU und Bund. Die Betonung liegt auf „möglicherweise“! Der Gutachter sagt, bei Ausbleiben der EU-Mittel betrage der Nutzen-Kosten-Faktor immer noch 2,1. Er sagt nicht, wie es sich auf den Faktor auswirkt, wenn auch die einkalkulierten 28 Mio. Euro Bundesmittel ausbleiben oder nur teilweise eingeworben werden können. Wir können uns selbst vorstellen, dass der Nutzen-Kosten-Faktor deutlich nach unten geht, wenn die erhofften Zuschüsse des Bundes nur teilweise ausbleiben! Daher: Ein Hafenausbau ist wirtschaftlich unsinnig, aus Sicherheitsgründen problematisch und ökologisch fragwürdig. Ich möchte daran erinnern: Grundlage für die Frage „Ausbau des Godorfer Hafens ja oder nein?“ ist das gute alte „bipolare Hafenkonzept“ der Stadt Köln aus dem Jahre 1988. In seinem Kern sagt es, dass die Stadt Köln sich künftig im Bereich der Hafenwirtschaft auf die Häfen Niehl I und Godorf konzentriert. Die übrigen Häfen sollten aufgegeben respektive einer anderen Nutzung zugeführt werden. Im Ansatz war diese Festlegung – aus damaliger Sicht – sicher a priori kein Fehler. Aber, meine Damen und Herren: 1988! Fast 20 Jahre sind inzwischen ins Land gegangen, und die Welt hat sich verändert wie vielleicht nie zuvor in einem Abschnitt von 20 Jahren! Wissen Sie noch, worüber 1988 gesprochen wurde? · Generalsekretär Michail Sergejewitsch Gorbatschow betont, dass jeder sozialistische Staat sein gesellschaftliches System frei wählen könne... · Die Niederländische Fußballnationalmannschaft gewinnt durch einen 2:0 Sieg über die UdSSR die Fußballeuropameisterschaft 1988... · Steffi Graf gewinnt im Tennis alle vier Grand Slam-Turniere des Jahres und auch das Olympia-Turnier... · Und der Kölner Rat beschließt das „bipolare Hafenkonzept“! An diesem Konzept, meine Damen und Herren, wurde seit 20 Jahren nichts geändert. Es hat den Mauerfall überlebt, 5 Jahre (!) nach ihm trat der Europäische Binnenmarkt in Kraft und das Thema Globalisierung war damals noch so weit weg von uns wie heute der 1. FC Köln von seiner nächsten Deutschen Fußball-Meisterschaft. Und dennoch: nie mehr seitdem wurde darüber nachgedacht, wie man in Köln vielleicht Kräfte bündeln kann. Wie man die Beschränktheit auf Köln auflösen kann zugunsten einer regionalen wirtschaftlichen Betrachtung im Hafengeschäft, wie wir es im Energiebereich mit der Gründung der Rhein-Energie vollzogen haben, um uns für die veränderte Zukunft aufzustellen. Es wurde nie ernsthaft darüber diskutiert, ob es nicht vielleicht Sinn macht, die Hafensparte der HGK, die nur ca. 15% des gesamten Geschäftsvolumens ausmacht, auszugliedern zugunsten einer regionalen Kooperation der Binnenhäfen in der Rheinschiene, um im Wettbewerb ein Ausrufezeichen, nicht ein Fragezeichen gegen Duisburg zu setzen. Diese Überlegungen sind im Ansatz stecken geblieben oder sie wurden nie ernsthaft angestellt. Das, meine Damen und Herren, ist keine Zukunftspolitik. Die HGK und die Stadtwerke als Mutterkonzern haben schlichtweg die Entwicklung verschlafen! Ein Ausbau des Godorfer Hafens ist ein kläglicher Versuch, Köln als Einzelkämpfer im Hafenwettbewerb zu positionieren. Ein Versuch, der zum Scheitern verurteilt ist. Godorf hat seine berechtigte Zukunft als petrochemischer Spezialhafen. Niehl könnte als Containerhafen ausgebaut werden, wenn nicht hafenaffine Betriebe konsequent verlagert würden und das nicht mehr gebrauchte Hafenbecken IVa zugeschüttet werden würde, um zusätzlichen Raum zu schaffen, der für den Containerumschlag genutzt werden könnte. All diese Dinge wären möglich, wenn ein politischer Wille da wäre. Und die Sensibilität dafür, wirtschaftlich das Richtige zu tun. Leider lassen CDU und SPD diese Eigenschaften komplett vermissen. Hinzu kommt, dass heute eine CDU abstimmt, durch die abermals ein tiefer Riss der Uneinigkeit geht. Auch heute wird den Bürgerinnen und Bürgern in Köln und insbesondere im Kölner Süden eindrucksvoll vorgeführt: Die CDU ist kein verlässlicher Partner. Das werden die Kölnerinnen und Kölner bei der nächsten Kommunalwahl zu bewerten wissen, da sind wir ganz sicher. Dennoch: Sie haben gleich letztmalig die Chance, das Ruder noch herumzureißen. Geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie mit uns für die Ablehnung des Hafenausbaus in Godorf! Lassen Sie uns danach ernsthaft das „bipolare Hafenkonzept“ von 1988 zumindest auf einen aktuellen Stand bringen. Und über Kooperationen am Rhein nachdenken. Vielen Dank. Hier geht es zu Meldungen und Initiativen der FDP zum geplanten Ausbau des Godorfer Hafens. Hier geht es zu einem Portrait von Dietmar Repgen.