"Köln hat der FDP-Fraktion viel zu verdanken“

Rede von OB Reker zu 75 Jahren FDP-Ratsfraktion

28.02.2024 Reden FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

-Es gilt das gesprochene Wort-

Lieber Ralph Sterck, lieber Uli Breite, lieber Lorenz Deutsch,
sehr geehrter Dr. Gerhart Baum und alle anwesenden Liberalen,
sehr geehrter Bürgermeister Dr. Ralf Heinen,
sehr geehrte Mitglieder von anderen Fraktionen,
sehr geehrte Anwesende,

im Vorfeld des Empfangs habe ich mir Gedanken dazu gemacht, in welcher Situation sich die Liberalen derzeit befinden. Es ist schwierig, wie schon so oft. Ihnen brauche ich das nicht zu sagen: Die FDP wurde seit 1949 von ihren Gegnern schon oft für tot erklärt und doch: Sie lebt. Die FDP gehört zum Inventar der Republik und ist doch manches Mal Fremdkörper. Sie ist ein Unikum in der europäischen Parteienlandschaft, die gespickt ist mit liberalen Parteien aber keiner wie der FDP. Die FDP pflegt den Begriff der negativen Freiheit, also der Freiheit von staatlichen oder gesellschaftlichen Hürden, und ist doch die Partei des ganzheitlichen Liberalismus. Sie erkennt, dass wirtschaftliche Freiheit untrennbar verschränkt ist mit gesellschaftlicher, individueller Freiheit. Ralf Dahrendorf schrieb: „Sie sieht Staat und Recht als Ermöglichungsorgane des sozialen Grundrechts aller auf die Chancen, für die ihre Fähigkeiten und ihre Wünsche sie ausstatten“. 

Ein unglaublich gehaltvoller, intellektueller Satz, der aber weiter nicht weg sein könnte von populistisch vermarktbaren Thesen und einfachen Formeln. Das Schicksal des Einzelnen und der Einzelnen soll in der jeweils eigenen Hand liegen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Liberalismus sucht keine Schuldigen. Er kommt ohne Feindbilder aus. Das macht es auf dem schnelllebigen Wählerinnen- und Wählermarkt aber nicht einfacher.Was konkret aber wollen denn eigentlich liberale Kommunalpolitikerinnen und -politiker? Ich möchte einen Versuch wagen, es auf den Punkt zu bringen: Sie wollen eine funktionierende Verwaltung, die die Bürgerinnen und Bürger in Ruhe, aber nicht im Stich lässt. Eine Verwaltung, die sich auf ihre Kernaufgaben konzentriert, die weltanschaulich neutral, kosteneffizient und serviceorientiert arbeitet. Das, liebe FDP-Fraktion, will ich auch. Uns verbindet die Sachorientierung, sie hat uns bei meiner ersten Wahl zur Oberbürgermeisterin im Jahr 2015 zusammengebracht. Eine übergreifende, aktivistische Kommunalpolitik, die sich Probleme schafft, für die sie gar nicht zuständig ist, ist nicht unsere Sache.

In 75 Jahren haben liberale Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker Köln mitgeprägt. Ihre Chronik enthält unzählige kleine und große Entscheidungen, die die FDP insbesondere in der Zeit, in der sie das sogenannte „Zünglein an der Waage“ war, entscheidend beeinflusst hat. Nehmen wir das Praetorium unterhalb des Spanischen Baus. 1953 wollte der Rat dieses einzigartige Zeugnis des römischen Kölns abreißen, die Kosten für die notwendige Spanndecke erschienen mit 300.000 Mark zu hoch. FDP-Fraktionsvorsitzender Friedrich Jacobs aber organisierte eine knappe Mehrheit für den Erhalt.

Verwaltung und Politik fehlten im zerstörten Köln hin und wieder der Sinn für das Detail, mussten doch Brücken neu gebaut, ein neues Rathaus gefunden, eine Straßenbahn und später eine U-Bahn geplant und gebaut werden, die Nord-Süd-Fahrt und natürlich fast der gesamte Wohnraum Kölns neu errichtet werden. Den Sinn für das Detail aber bewies oftmals die FDP, deren Wortführer wie Friedrich Jacobs, oder später Jan Brügelmann, Gerhart Baum und Manfred Wolf die Debatten im Rat in die richtige Richtung zu tippen wussten. Unvergessen auch Hans Sion, der damals so genannte „Vater des Kölsch“ und FDP-Ratsherr.

Mit Prof. Dr. Oskar Türk bestand in den 1950er Jahren eine personelle Kontinuität zum Dritten Reich. In der Nazizeit war Oskar Türk ab 1937 Kämmerer der Stadt, 1945 führte er von Deutz aus die Reste der NS-Stadtverwaltung, während die Amerikaner bereits das linksrheinische Ufer besetzt hatten.

Die FDP war die erste Partei, die erkannte, dass Bürgerrechte keine Sache der Verfassungstheorie sind, sondern eine der praktischen Sozial-, Rechts-, und auch Umweltpolitik. Mit Fug und Recht können Sie etwa behaupten, dass Sie unsere Grüngürtel gerettet haben. 1975 setzte die FDP in der Koalition mit der SPD durch, dass die A57 am Grüngürtel endete und nicht wie ursprünglich geplant entlang des Inneren Grüngürtels als Stadtautobahn-Spange verlief. Auch das verbindet uns über die Jahrzehnte. Die Grüngürtel sind den Kölnerinnen und Kölnern heilig. Auch ich habe insbesondere bei meiner Wiederwahl 2020 erfolgreich auf die Rettung der Grüngürtel gesetzt. Das Umweltthema zieht sich überhaupt durch die Geschichte der Kölner FDP: Auf Betreiben Friedrich Jacobs wurde in den 70er Jahren der Umweltausschuss eingerichtet.

Jan Brügelmann warnte 1974 davor, dass wenn die ökologische Entwicklung so weiterginge, es in der Kölner Bucht schon 1990 keine Luft mehr zum Atmen und kein Grün mehr geben würde. 1970 trat die FDP mit der Forderung nach einer kostenfreien KVB an. 1976 fordert die FDP 30er-Zonen in Köln und setzt sich durch. In den 90er Jahre war sie eine der ersten, die den Ausbau des Godorfer Hafens ablehnten. Das haben wir mittlerweile gemeinsam geschafft.

Liebe Liberale, ich schätze den Umgang mit Ihnen und Ihre Ansichten sehr. Ich nehme sie immer ernst. Wir waren im Rat auch schon die einzigen, die miteinander für Verwaltungsvorlagen gestimmt haben. Wie ich erfahren habe, war das allerdings keine Premiere. Nur die FDP-Fraktion und Fritz Schramma haben etwa 2004 für den Kammermusiksaal im Kulturzentrum am Neumarkt gestimmt.

Köln hat Ihnen viel zu verdanken. Im Namen der Kölnerinnen und Kölner bedanke ich mich bei allen Liberalen, die ehrenamtlich für Köln Verantwortung tragen und getragen haben. Auf weitere 75 Jahre FDP im Kölner Rat.

Die FDP-Fraktion begeht in diesem Jahr ein weiteres Jubiläum, nämlich 25 Jahre Duo Ralph Sterck und Uli Breite. Ich gratuliere Euch herzlich zu diesem Meilenstein. Und damit wir uns immer an diesen Tag erinnern, lade ich jetzt zunächst nur Dich, lieber Ralph, dazu ein, Dich für die Fraktion ins Gästebuch der Stadt Köln einzutragen. Im späteren Verlauf des Empfangs sind auch die ehemaligen und aktiven Funktionsträger der FDP herzlich eingeladen sich ebenfalls einzutragen.
Lieber Ralph, bevor Du nun das Wort ergreifst, Blätter bitte noch einmal eine Seite weiter und lieber Uli, komm Du bitte auch zu uns nach vorne. Euer gemeinsames Jubiläum ist so außergewöhnlich und besonders, dass es auch eine eigene Seite im Gästebuch verdient.

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