"Wir wollten eine neue FDP..."

Ein Interview von Willem Fromm mit Gerhart Baum, in der aktuellsten Ausgabe der KölnLiberal

28.04.2023 Meldung FDP Kreisverband Köln

Kölner Kreisparteitage sind meist die Höhepunkte, die man bereits als Basismitglied der FDP Köln genießen darf. Man kennt hier zwar, wie auch beim Stadtbezirksverband, meist jeden mit vollen Namen und Lebenslauf. Gleichzeitig entscheiden sich hier aber auch die Weichenstellungen von Menschen, die eben auch weiter hinaus möchten in der politischen Landschaft. Von hier aus starten Karrieren auf lokaler Ebene, wie auch auf Land- und Bundesebene. Dies kann diesen Umständen entsprechend hin und wieder zu hitzigen Debatten und Entscheidungen führen. Über Kandidaturen oder gar über Centbeträge bei der Gestaltung des monatlichen Mitgliedsbeitrags.

Das alles bisher Genannte ist aber ein Kinkerlitzchen im Gegensatz dazu, was sich am 29. Januar 1970 auf einem Kölner Kreisparteitag abspielte und die kommenden Wochen sich fortsetzen würde. Auf diesem Kreisparteitag wurde hart gekämpft, ganz ohne Bandagen! Mit allen Mitteln.

Die meisten von uns waren damals noch nicht mal Mitglied, geschweige denn geboren, wie auch in meinem Fall. Mir sind nur zwei noch lebende Zeitzeugen bekannt, die damals bei den Turbulenzen dabei waren. Einen von ihnen lassen wir im zweiten Teil der kommunalpolitischen Erinnerungen von Gerhart Baum zu Wort kommen. Nämlich Gerhart Baum selbst, der damals als Kreisvorsitzender im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen stand.

Doch was war genau geschehen? Das erfahren wir im Gespräch mit Gerhart Baum.

BAUM: Es gab damals große Spannungen im Jahr 1970, denn es baute sich im Kreisverband eine Gegenposition auf, die von Jan Brügelmann angeführt wurde.

Auf dem Kreisparteitag zu Beginn des Jahres wurde ich bei der Neuwahl des Vorsitzenden zu meiner Überraschung in einer Kampfabstimmung abgewählt. Wolfgang Leirich war gegen mich angetreten.

Dieser Vorgang ist dann in einer Gerichtsverhandlung gemündet. Auf meiner Seite war Friedrich Jacobs, der das Verfahren dort führte. So sind Manipulationen aufgedeckt worden, insbesondere bei der Mitgliederwerbung. Man hat im letzten Moment Mitglieder in den Kreisparteitag reingepumpt, die die der anderen Seite die Mehrheit (Anm. d. Red.: für Leirich) gebracht haben.

Ich erinnere mich noch an Herrn Sion, der Brauerei-Besitzer von Sion Kölsch, gehörte auch zu meinen Gegnern. Und plötzlich stellten wir fest, dass am Abend des Kreisparteitages seine Köbesse mit abgestimmt haben bei der Wahl. Die hatte er zuvor in die Partei noch schnell gebracht.

Fromm: Auf dem Bierdeckel quasi? Aber was war denn der Grund für all diesen Trubel?

Baum: Diese Auseinandersetzung war auch bestimmt durch die neue Deutschland- und Ostpolitik, die wir massiv nach vorne getrieben haben. Und die war umstritten, wie Sie wissen. Es war eine sehr starke Polarisierung in der ganzen Gesellschaft. Wir wollten eine neue FDP, auch verbunden mit Reformen in der Deutschland- und Ostpolitik in der sozial-liberalen Bundesregierung.

Ich bin also abgewählt worden bei dem Kreisparteitag im Januar. Dann gingen wir vor Gericht. Und das hat dann bundesweite Aufmerksamkeit gefunden.

Das Gericht hat angeordnet, dass die Wahl wiederholt werden muss und die fragwürdigen Mitglieder nicht teilnehmen durften. Dann gab es am 13. Februar, wenn ich mich recht erinnere, eine riesige Versammlung in der Wolkenburg mit mehreren hundert Leuten. Jede Seite hatte aufgebracht, was sie überhaupt aufbringen konnte.

Und hier wurde ich als Kreisvorsitzender wieder eingesetzt. Diese Revolte zerschlug sich damit.

(Anm. d. Red.: Auch dieses Parteitagsergebnis wurde letztendlich vor Gericht annuliert, da die Wahl nicht als Bestandteil der Tagesordnung in der Einladung gestanden hatte. Am 21.3. wurde ein drittes Mal gewählt. Auch hier gewinnt Gerhart Baum die Wahl zum Kreisvorsitzenden.)

Fromm: Hat dieser Konflikt mit den Herren Brügelmann und Leirich für langfristige Verwerfungen gesorgt in der Kölner FDP?

Baum: Herr Brügelmann und ich hatten ein durchaus angenehmes Verhältnis. Ungeachtet der politischen Auseinandersetzungen, die wir hatten. Wir haben auch hinterher wieder zusammengefunden. Mit Herrn Leirich habe ich dann auch wieder meinen Frieden gemacht. Ich habe ihn dann ja später auch zum Beigeordneten vorgeschlagen. (Anm. d. Red.: Wolfgang Leirich war von 1975 bis 1987 Beigeordneter für Schule.)

 

Fortsetzung folgt in der kommenden Ausgabe!

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Gerhart Rudolf  Baum

Gerhart Rudolf Baum

Bundesinnenminister a.D.

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