Breite: Haushalt fehlt die Haushaltswahrheit
05.07.2005 Reden FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln
Erklärung des Finanzpolitischen Sprechers der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln, Ulrich Breite, anlässlich der Haushaltsplanverabschiedung 2005/2006 Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren! Bei diesem vorgelegten Doppelhaushalt und insbesondere bei der Weiterführung des Haushaltssicherungskonzeptes kann man nur sagen: da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich. Mit dramatischen Worten hat der Kämmerer noch vor ein paar Monaten gewarnt, wenn nicht erhebliche Einschnitte im Haushalt vorgenommen werden, droht der Nothaushalt. Und so sah es auch noch bis zum 9. Juni aus. Für 2007 muss für das Haushaltssicherungskonzept ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden. Trotz der finanziellen Erleichterung für die Kommune durch Hartz IV, die zu einer Gesamtverbesserung von 77,6 Mio. Euro pro Jahr in Köln führen, hatten wir immer noch eine Deckungslücke von sage und schreibe 43.468.000 Euro. Doch, oh Wunder, die Maisteuerschätzung löst alle Probleme. Diese Steuerschätzung, die besonders freundlich ausfällt, weil damit Finanzminister Eichel vor der EU sein Versagen kaschieren muss, dass bei seiner Politik über weitere Jahre die 3% Verschuldungsgrenze gerissen wird, diese Steuerschätzung hilft nun auch Köln. Nun, schauen wir gemeinsam in die Zukunft, was sagt uns Eichels Hellsehersteuerkugel. Die Gewerbesteuer sprudelt in den kommenden drei Jahren sehr munter. Für 2006 wird eine Steigerung um 3,9% für 2007 gar eine Steigerung um 4,3% und für 2008 eine Steigerung um 3,4% angesagt. Dies führt zu Mehreinnahmen in den nächsten 3 Jahren in Höhe von 107,2 Euro führt. Das bedeutet, dass wir zu einer Steigerung im Vergleich der Jahresrechnung 2004 (Ist-Zahlen) bis zum Jahr 2007 auf über 32% (!) kommen. Bedauerlich ist nur, dass der Konjunkturbericht der IHK zu ganz anderen Ergebnisses kommt. Ich darf zitieren: • „Die Beurteilung der Unternehmen zur Jahresmitte 2005 fällt deutlich zurückhaltender als noch zum Jahresbeginn aus. Der seit 2002 anhaltende Aufwärtstrend in der Region ist damit vorübergehend gestoppt. ... • Die Investitionen haben sich kaum merklich verbessert. ... • Auch im zweiten Halbjahr 05 bleibt die Belebung am Arbeitsmarkt aus. ...“ (Konjunkturbericht Frühjahr 2005, IHK zu Köln, Seite 2) Da wir wissen, dass die Gewerbesteuereinnahmen besonders konjunkturanfällig sind, hält die FDP ein auf Köln begrenzte Wirtschaftswunder für sehr gewagt. Aber es kommt noch besser. Meine sehr verehrten Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Zuschauertribüne, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Ratssaal. Freuen sie sich auf das Jahr 2007. Sie alle werden befördert, oder erhalten wenigstens eine saftige Gehaltserhöhung oder können sich als kleiner Mittelständler vor Aufträgen kaum mehr retten. Denn Sie werden im Jahr 2007 kräftig dazu verdienen und weil sie mehr verdienen, steigt selbstverständlich die Einkommenssteuer und damit auch der kommunale Anteil von dieser Steuer. Die Steigerung bei der Einkommensteuer – sitzen sie alle gut, jetzt kommt Freude auf – steigt um 6,5% im Jahr 2007 und weil es doch so schön ist noch mal um 6,5% im Jahr 2008. Bei solchen Einnahmenverbesserung verschwinden Haushaltslocher ins Nichts bzw. ins vermeintliche Nichts, denn nicht das Faktische, sondern allein der Glaube trägt dieser Annahmen. Jedenfalls schaffen wir Kölner das Wunder dank der Kölner Wirtschaft und den großen Einkommenssteigerungen, dass wir im Haushalt eine Lücke von - 86,3 Mio. Euro im Jahr 2006 in ein finanzielles Polster von + 11,5 Mio. Euro umwandeln. Das ist eine Differenz von rund 98 Mio. Euro. Donnerwetter, dass ist ein Leistung, die hier ohne diese hässlichen Einsparungen erbracht wird, wenn man denn an diese Wirtschaftswunderszenerie in Köln glaubt. Aber CDU und SPD meinen, der Kölner Wirtschaft wird es demnächst noch besser gehen und bringen einen Änderungsantrag in der Haushaltssitzung des Finanzausschusses ein, indem Sie Kürzungsvorschläge im Haushalt zurücknehmen und diese mit einer weitere Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen von nochmals 3,5 Mio. Euro jedes Jahr ab 2005 bis 2008 ausgleichen wollen. Die Rücknahme der Kürzungsvorschläge ist eine realer Finanzmittelabfluss, die Gegenfinanzierung beruht auf reine Annahmen bzw. Wunschdenken in den Köpfen von CDU und SPD. Das kann böse ins Auge gehen und wir Liberale meinen: das wird bitteböse enden. Meine Damen und Herren, allen Institutionen, Vereine und Verbände, die durch die eingebrachten Änderungsvorschläge von CDU und SPD in der Haushaltssitzung des Finanzausschusses profitieren, gönnen wir die Rücknahme. Doch die Gegenfinanzierung beruht auf ein Luftschloss von Annahmen, die schon mit der Oktober-Steuerschätzung zerplatzen werden. Und dann erhalten wir wieder diese Brandbriefe vom Kämmerer, dass sich leider die Finanzen sich nicht so entwickelt haben, wie erträumt. Diesen Haushalt fehlt die Haushaltswahrheit. Es ist ein Schauhaushalt, der die Realitäten nicht stand hält. Die FDP glaubt mehr der Handwerkskammer als den geschönten Haushaltsprognosen von Stadtverwaltung, CDU und SPD. Die Handwerkskammer warnt eindringlich, dass es dem Mittelstand in Köln schlecht geht und die Einnahmen sinken statt zu steigen. Der vorgelegte Haushalt macht aus diesen Warnungen eine kommende Schönwetterkonjunktur. Statt den Menschen die Wahrheit über die Kölner Haushaltsituation zu sagen, werden durch Träumereien von Einnahmesteigerungen bei Gewerbe- und Einkommenssteuer eine Situation vorgegaukelt, die zu Enttäuschung und Frust über die Kölner Kommunalpolitik führen wird. Diesen Schauhaltshalt und das dazugehörige Haushaltssicherungskonzept können und wollen wir darum nicht mittragen. Wir werden deshalb Haushalt und Haushaltssicherungskonzept ablehnen.