Angsträume identifizieren und beseitigen
Gemeinsamer Antrag von SPD und FDP im Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern
23.10.2023 Anträge FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln
Beschluss:
Die Verwaltung wird beauftragt, bis zum 2. Quartal 2024 ein „Angstraumkonzept“ in Zusammenarbeit mit Expert*innen der Zivilgesellschaft zu erstellen. Darin sollen sogenannte Angsträume, also Orte in der Stadt, die Unsicherheitsgefühle und Ängste insbesondere bei den als weiblich gelesenen Bürger*innen und anderen vulnerablen Personengruppen wecken, gelistet werden. Außerdem soll gezeigt werden, durch welche Maßnahmen eine Verbesserung am jeweiligen Ort erreicht werden könnte. Es sollen Kriterien erarbeitet und präsentiert werden, wie angsteinflößende Faktoren bei Planungen möglichst vermieden werden. Die Ergebnisse der Beauftragung sollen den Ausschüssen STEA, AVR, SoSeSe und AKUG und Integrationsrat zur Kenntnis gegeben werden.
Begründung:
Unsicherheit beim Betreten oder auch nur im Vorübergehen, weder gute Fluchtwege noch Umgehungsmöglichkeiten, schlechte Beleuchtung oder Verunreinigungen usw.– das alles sind Faktoren, die dazu führen, dass Plätze, Straßen und Ecken als sogenannte Angsträume wahrgenommen werden. Beim Thema Angsträume belegen Studien, dass eine überproportionale Betroffenheit von Frauen, Jugendlichen und älteren Menschen vorliegt.
Wie man Angsträume identifiziert und beseitigt, beschäftigt die Kölner Stadtpolitik schon länger. Zuletzt wurde durch eine Anfrage der SPD-Fraktion im Gleichstellungsausschuss bekannt, dass die Verwaltung immer noch nicht benennen kann, welche Orte in Köln als Angsträume gelten oder identifiziert wurden. Das verwundert, ist doch im ersten Kölner Gleichstellungsaktionsplan 2016-2020 als Maßnahme Nr. 50 festgelegt, dass die Beleuchtung bzw. Beseitigung von Angsträumen im Stadtgebiet sukzessive optimiert wird. Eine Begründung der Verwaltung dafür, dass sogenannte Angsträume in Köln nicht gelistet werden, lautet, dass es keine klare Definition dafür gebe, was Angsträume sind. Dabei sind die Kreispolizeibehörden seit dem Jahr 2005 gehalten, Präsenzkonzeptionen zur Gewährleistung einer gezielten polizeilichen Präsenz an Brennpunkten und in Angsträumen in ihren Bezirken zu entwickeln. Angsträume sind dazu beschrieben als örtlich eng begrenzt und aus Sicht der Kreispolizeibehörde eine qualitativ oder quantitativ nachvollziehbare Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung aufweisend. Auch in der Arbeitsgruppe Wiener Platz soll die Problematik „Angstraum“ durch eine Unterarbeitsgruppe bearbeitet werden.
Ein gutes Vorbild, wie man das Thema Angsträume angehen kann, bietet Wuppertal. Diese arbeitet seit 2008 an der Beseitigung von Angsträumen und hat ein eigenes Angstraumkonzept aufgestellt. Zwar heißt es in diesem Konzept auch, dass es letztlich keine objektiven Kriterien geben könne, da angstauslösende Aspekte im öffentlichen Raum sehr subjektiv seien und sich auch bei verschiedenen Gruppen und Milieus Unterschiede fänden, aber trotzdem gebe es einige Faktoren, mit denen gearbeitet werden könne.
Ein anderes Beispiel: Die Stadt Flensburg stellte im Februar 2018 ihren Einwohner*innen mithilfe einer Postkartenaktion die Frage: „Wo sind Ihre Angsträume?“. Flensburger*innen wurde so die Möglichkeit eröffnet, subjektiv als unsicher empfundene Räume an die Stadtverwaltung zu melden.
Klar ist: Die Identifizierung von und die Arbeit an Angsträumen lässt sich nur im ständigen Austausch mit den Menschen bewerkstelligen. Handlungsbedarf gibt es über die seit vielen Jahren bekannten großen Plätze mit besonderen Handlungsbedarf wie Ebertplatz, Wiener Platz, Neumarkt und Chlodwigplatz hinaus. Deshalb ist zuvorderst die Auflistung von Angsträumen in Köln zur Sichtbarmachung des eigenständigen Problems vonnöten. Bei der Entwicklung der Maßnahmen bedarf es natürlich einer engen Zusammenarbeit mit der Polizei und insbesondere auch mit den Verkehrsbetrieben – zumindest, was die tatsächliche räumliche Umgestaltung angeht.