Jugendparlament
Antrag der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln
05.05.2022 Anträge FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln
Beschluss:
Die Stadtverwaltung wird beauftragt,
- spätestens im Schuljahr 2023/24 Wahlen zur Einrichtung von Bezirks-Jugendparlamenten in allen Stadtbezirken durchzuführen. An jeder weiterführenden Schule sollen zwei Vertreterinnen/Vertreter gewählt werden, jeweils eine Person aus den Schulklassen 5-8 und eine Person ab der Schulklasse 9. An jeder Berufsschule wird eine Person gewählt, die zum Zeitpunkt der Wahl das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Zudem wird an allen Jugendzentren der JugZ Köln gGmbH jeweils eine Vertreterin oder ein Vertreter für das Bezirks-Jugendparlament des Stadtbezirks, in dem sie liegen, gewählt Voraussetzung ist, dass es sich um eine Person mit Kölner Wohnsitz handelt und diese das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Die gewählten Vertreterinnen und Vertreter bleiben zwei Jahre im Amt. Jedes Bezirks-Jugendparlament erhält einen eigenen Projektetat von zunächst 5.000€ pro Wahlperiode. Die Bezirks-Jugendparlamente werden zusammen von zwei Vollzeit-Stellen beim Jugendamt betreut. Als Tagungsort wird das jeweilige Bezirksrathaus genutzt.
- für das Schuljahr 2024/2025 die Einrichtung eines stadtweiten Jugendparlaments vorzubereiten. Jedes Bezirks-Jugendparlament wählt dazu Vertreterinnen und Vertreter aus den eigenen Reihen und entsendet diese.
Der Wahlmodus soll dabei so konzipiert sein, dass möglichst alle Schulformen wie Altersklassen im stadtweiten Jugendparlament vertreten sind.
3. im Haushalt die benötigten Mittel, zur Durchführung der Wahlen und auch für die Erstausstattung der jeweiligen Parlamente mit Personal und eigenem Etat, bereitzustellen.
4. sich zur weiteren Unterstützung bei der Umsetzung der Beschlüsse 1 bis 3 mit der Fachstelle für Eigenständige Jugendpolitik und Partizipation des LVR in Kontakt zu setzen und sich beraten zu lassen. Insbesondere das Konzept eines stadtweiten Jugendparlaments soll die Verwaltung mit der Fachstelle des LVR gemeinsam erarbeiten und dabei z.B. die Höhe des Etats, die Personalmittel und die Rechte des Parlamentes wie beratende Mitgliedschaften in den Ausschüssen der Stadt Köln, bestimmen.
Über den Sachstand dieser Beratungen ist der Jugendhilfeausschuss regelmäßig zu informieren.
5. parallel zu diesem Verfahren eine Arbeitsgruppe einzuführen, in welcher sich die stimmberechtigten Fraktionen im Jugendhilfeausschuss, der Kölner Jugendring, die Bezirksschüler*innenvertretung, alle weiteren Beteiligten im Projekt kinderfreundliche Kommune und das Kölner Jugendbüro mit dem Jugendamt zum laufenden Prozess austauschen. Die Hinzuziehung weiterer beteiligter Gruppen ist möglich.
6. auf Landesebene langfristig eine Änderung der Gemeindeordnung anzustoßen, welche gewählten Jugendgremien ein Antrags- und Rederecht analog der Stadtarbeitsgemeinschaften zuspricht.
Begründung:
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie die entsprechende Ausführungsbestimmung im Landesrecht NRW fordern eine angemessene Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Derzeit fehlt es in Köln aber noch an einer ganzheitlichen Strategie, um dieser Verpflichtung nachzukommen. Die Stadt Köln unterhält zwar einige offene sowie projektorientierte Beteiligungsformate, jedoch fehlt es an einer strukturellen Verankerung einer eigenständigen Jugendpolitik. Daran hat auch der Aktionsplan Kinderfreundliche Kommune nicht viel geändert. Daher sagt auch die Vorsitzende des Vereins „Kinderfreundliche Kommune“, dass in Köln „noch sehr viel Luft nach oben“ gegeben ist. Das liegt weniger an den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die den Bereich Jugendpartizipation verantworten, sondern vielmehr an den politischen Vorgaben: die wirklich ambitionierten Projekte fehlen, sodass bedeutende Sprünge hin zu mehr Partizipation nach jetzigem Stand nicht vorgesehen sind.
Kölner Jugendliche werden insgesamt nicht ausreichend beteiligt und spätestens die Coronapandemie hat gezeigt, dass die Interessen von Kindern und Jugendlichen nicht genügend von Erwachsenen gehört werden. Gleichzeitig erleben wir derzeit, dass junge Menschen sehr wohl politisch interessiert sind und eine Meinung haben. Diese Meinungen müssen einen Zugang zu den kommunalpolitischen Prozessen bekommen. Jugendbeteiligung muss hier neu gedacht werden.
Auch die Landesregierung hat sich dazu entschieden, ein größeres Augenmerk auf das Thema Jugendpartizipation zu legen. So flossen beispielsweise durch die finanzielle Stärkung und Dynamisierung des Kinder- und Jugendförderplans allein im Haushaltsjahr 2021 fast 129 Millionen Euro in den Bereich Partizipationsprojekte.
Bereits jetzt gibt es zahlreiche Partizipationsmöglichkeiten, beispielsweise in Vereinen, Initiativen, politischen Jugendorganisationen, oder gewerkschaftlichen und kirchlichen Gruppierungen. Diese Angebote wollen wir auch weiter als Partizipationsorte unterstützen. In dem Bereich agierende Träger und Organisationen sollen nicht verdrängt, sondern durch weitere Projekte ergänzt werden.
Wenn für Köln das Siegel der kinderfreundlichen Kommune nicht nur ein Label ist, muss die Stadt nun endlich bedeutendere Schritte auf dem Gebiet der Jugendpartizipation machen.
Auf dem deutschen Jugendhilfetag 2021 wurde die Frage der gelungenen kommunalen Jugendpartizipation diskutiert und einige Best-Practice-Beispiele vorgestellt. Die Jugendparlamente der Stadt Monheim am Rhein sowie Recklinghausen stellten dabei ihre Projekte durch Kinder und Jugendliche vor. Hier zeigte sich, dass viele NRW-Kommunen Köln weit voraus sind. Über 80 Kommunen besitzen ein Jugendgremium, teilweise existieren diese seit den frühen 90er-Jahren.
Diese Möglichkeiten verwehrt unsere Stadt jungen Menschen bislang. Wir wünschen uns daher eine direkte und dauerhafte Partizipationsmöglichkeit für Kölner Jugendliche.
Wir wollen der Stadtverwaltung, insbesondere dem Bereich kinderfreundliche Kommune, zunächst genügend Zeit geben, ein Konzept für die Einrichtung von Jugendparlamenten mit den oben genannten Akteuren zu erarbeiten.
Im Anschluss sollen dann zunächst die Bezirks-Jugendparlamente gewählt werden, die gezielt vor Ort ihr Umfeld mit ihrer Arbeit und mit eigenem Projektetat verändern können. Mittelfristig soll aus den Bezirks-Jugendparlamenten heraus ein stadtweites Jugendparlament gewählt werden.
Stadt, Verwaltung und auch die Jugendlichen erhalten dadurch zunächst die Möglichkeit in die neue Aufgabe der Partizipation hereinzuwachsen. Insbesondere das Konzept für das stadtweite Jugendparlament soll dabei mit den entsprechenden Fachstellen der Stadt und des LVR erarbeitet werden. Hier sollen die entsprechenden Expert*innen sowie Kinder und Jugendliche über die relevanten Punkte wie die Rechte des Jugendparlaments, die Größe oder den entsprechenden Wahlmodus diskutieren. Hier bereits jetzt Vorgaben von Seiten der Politik zu machen, ergibt wenig Sinn. Denn diese Punkte müssen ausführlich diskutiert und auf der Basis neuester wissenschaftlicher Forschungen für die Bedürfnisse und Gegebenheiten einer Großstadt wie Köln bestimmt werden.
Jedoch muss der Jugendhilfeausschuss und insbesondere die jeweiligen Sprecher*innen der Fraktionen informiert werden und ihnen muss die Möglichkeit gegeben werden, Ideen mit in den Prozess einfließen zu lassen.
Langfristig sollen die Jugendparlamente mehr Rechte im Rat wie in den Bezirken erhalten. Jedoch sind die Wirkungsmöglichkeiten der Jugendgremien in NRW-Kommunen derzeit noch stark begrenzt.
Die Stadt Köln wird sich daher auf der Landesebene gezielt für eine Änderung der Gemeindeordnung NRW einsetzten, um den Jugendgremien ein Rede- und Antragsrecht auf kommunaler Ebene zu verschaffen. Bis dahin soll das stadtweite Jugendparlament Mitglieder in die Ausschüsse des Rates der Stadt Köln als beratende Mitglieder entsenden.
Durch eine direkte Partizipationsmöglichkeit in Form eines Jugendparlaments ermöglichen wir es Kindern und Jugendlichen alltägliche kommunalpolitische Prozesse zu erleben und zu erlernen und damit bereits im jungen Alter eine Begeisterung für Politik und Demokratie zu entwickeln.