Digitalisierung als Chance

13.06.2007 Meldung FDP-Kreisverband Köln

WDR-Rundfunkrätin besuchte den Arbeitskreis Medienpolitik Von Wolfgang Baumann In der letzten Sitzung des FDP-Arbeitskreises Medienpolitik unter Leitung von Wout Nierhoff war diesmal Prof. Dr. Erika Bock-Rosenthal zu Gast. Die Soziologie-Professorin der FH Münster, WDR-Rundfunkrätin und Vorsitzende des Rundfunkentwicklungsausschusses referierte über die Arbeit des Rundfunkrates und die Entwicklungsperspektiven des WDR im „Digitalen Zeitalter“. Der Rundfunkrat ist beim WDR, einer der zehn deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein Aufsichtsgremium zur Vertretung der Interessen der Allgemeinheit. Er berät bei der Programmgestaltung und beschließt in Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung. Zugleich ist er das oberste für die Programmkontrolle zuständige Gremium und überwacht die Einhaltung des gesetzlichen Sendeauftrags. Er ist, so Prof. Bock-Rosenthal, in mancher Hinsicht durchaus vergleichbar mit einem Aufsichtsrat in der Privatwirtschaft. Zwar liege das „operative Geschäft des Programmablaufs“ beim Intendanten, der aber vom Rundfunkrat gewählt wird. Neben der Wahl und Beratung von Intendanten und Direktoren ist der Rundfunkrat insbesondere zuständig für die mittelfristige Finanzplanung, den jährlichen Haushaltsplan und grundsätzliche Programmstruktur-Reformen in Hörfunk und Fernsehen. Überprüft werden die Finanzen, insbesondere die jährlichen Haushaltspläne und die mittelfristige Finanzplanung des Rundfunkrats, noch vom Verwaltungsrat als zusätzliches Kontrollgremium. Er überwacht nicht nur die Geschäftsführung des vom Rundfunkrat gewählten Intendanten mit Ausnahme der Programmentscheidungen, sondern muss Investitionen und Verträgen, deren Kosten über einem bestimmten Finanzrahmen liegen, ausdrücklich zustimmen. Der Verwaltungsrat hat neun Mitglieder, von denen sieben der Rundfunkrat wählt und zwei der Personalrat entsendet. Die derzeit 43 ehrenamtlichen Mitglieder des WDR-Rundfunkrats mit einer Amtszeit von sechs Jahren setzen sich aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen und Organisationen zusammen. Jede Fraktion des NRW-Landtags ist mit mindestens einem Mitglied vertreten, hinzu kommen Mitglieder aus insgesamt 17 Gruppen und Institutionen wie Kirchen, Gewerkschaften, Wirtschafts- und Sozialverbände sowie 10 weitere Mitglieder aus den Bereichen Publizistik, Kultur, Kunst und Wissenschaft. Unabhängig von den jeweiligen Einzelinteressen ist der Rundfunkrat zuerst den Interessen der Allgemeinheit verpflichtet, betonte die Professorin. Seine Mitglieder stehen für die Vielfalt gesellschaftlicher Meinungen und sind nicht an Aufträge ihrer Entsender gebunden. Diese Vielfalt könnten alle Öffentlich-Rechtlichen angesichts der privaten Programmanbieter vielleicht noch stärker betonen, so die WDR-Rundfunkrätin weiter, denn „Vielfalt heißt nicht nur Vielzahl“. Das gelte gerade in Zeiten der wachsenden Individualisierung einer digitalen Informationsgesellschaft. Hier liege die besondere Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Sender in der gezielten Förderung von kultureller Integration, z.B. durch deutsch-türkische Co-Produktionen. Auch regionale Themen am Wohnort werden für sie gerade in Zeiten der schnellen Globalisierung immer wichtiger. Daraus folge eine wachsende Bedeutung von regionalen Programmangeboten, wie z.B. den „WDR-Lokalzeiten“ des Fernsehens. Prof. Bock-Rosenthal hält es auch für sehr wichtig, wieder verstärkt ein jüngeres Publikum zu gewinnen, denn das sei heute „nicht mehr sozialisiert durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, wie noch frühere Generationen. Die zunehmende Digitalisierung der Medien mit ganz neuen Angeboten auch über Internet müsse gerade von den Öffentlich-Rechtlichen als Chance gesehen werden, um sich neu zu positionieren. Hier sei der WDR zwar auf dem richtigen Weg, könnte aber „ruhig noch mehr jüngere abholen“, z.B. über mehr hausinterne und externe WDR-Veranstaltungen speziell für junge Menschen. Abschließend wurde noch das Thema Werbefreiheit für öffentlich-rechtliche Sender angesprochen, was auch im WDR-Rundfunkrat durchaus strittig gesehen werde. Nach ganz persönlicher Einschätzung von Prof. Bock-Rosenthal könnte eine völlige Werbefreiheit langfristig vielleicht einmal eine Lösung sein, um sich klarer von den rein werbefinanzierten privaten Anbietern abzugrenzen. Das setze aber eine gesicherte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Angebotes voraus. Sie befürworte schon eine „klare Trennung zwischen den Systemen“. Derzeit umfasst der WDR-Haushalt nach Angaben von Prof. Bock-Rosenthal rund 1,3 Mrd. Euro, wovon etwa 1,1 Mrd. gebührenfinanziert sind. Mit seinen Studios und Orchestern, Produktionsstätten und Kulturpartnerschaften sei der WDR der größte Kulturfaktor in NRW.

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