Es ist wichtig, dass wir unsere Liberalen Ziele in Nordrhein-Westfalen nicht aus den Augen verlieren.

Im Gespräch mit Yvonne Gebauer und Lorenz Deutsch

14.05.2022 Meldung FDP-Kreisverband Köln

In Osten Europas tobt ein grauenhafter und eigentlich unvorstellbarer Krieg, der zunehmend das ganze Weltgeschehen beeinflußt. Schwierig, sich da noch auf Landespolitik zu fokussieren. Wie geht es Ihnen dabei?

YG: Die schrecklichen Bilder aus der Ukraine lassen einen natürlich nicht los. Man geht gewissermaßen mit ihnen ins Bett und wacht mit ihnen auf. Ich stehe im engen Austausch sowohl mit der ukrainischen Generalkonsulin als auch mit dem polnischen Generalkonsul, um mich über die aktuellen Ereignisse und deren Auswirkungen auf unser Land zu informieren. Wenn man sich das unermessliche Leid vor Augen führt, wirkt manche landespolitische Debatte vielleicht etwas kleinkariert. Trotzdem halte ich es für wichtig, dass wir unsere liberalen Ziele in Nordrhein-Westfalen nicht aus den Augen verlieren. Wir stehen vor einer wichtigen Wahl und der Frage, welchen Kurs Nordrhein-Westfalen in den nächsten fünf Jahren einschlägt. Klar ist schon jetzt, dass sich die zukünftige Landesregierung auch mit den Kriegsfolgen beschäftigen muss. Insofern sehe ich hier gar keinen Gegensatz, sondern eher einen Zusammenhang.

LD: Wie wahrscheinlich jeden begleitet uns dieser furchtbare Angriffskrieg Wladimir Putins von den Morgennachrichten bis zum Abend. Sehr beeindruckt haben mich die Friedensdemos in Köln, an denen wir als Kölner Freie Demokraten mit zahlreichen Parteifreundinnen und Parteifreunden teilgenommen haben. Im Nachgang zur ersten Demonstration habe ich Linda Mai, die Vereinsvorsitzende des Vereins „Blau-Gelbes-Kreuz e.V.“, getroffen und mich über ihre fantastische Arbeit mit all ihren vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern informiert. Als FDP Köln haben wir daraufhin direkt einen Spendenaufruf gestartet. Aber all passiert natürlich zusätzlich zu unserer politischen Arbeit, die ja weitergeht. Vor Ende der Legislatur müssen zahlreiche Dinge abgeschlossen werden. Der Landtag hat noch gut zu tun.

Die Flüchtlingszahlen sind enorm. Sind wir diesmal besser vorbereitet als 2015?

LD: Ich versuche diesen Vergleich eher zu vermeiden. Er wird ja schnell instrumentalisiert. Aus der Ukraine fliehen ja vor allem Mütter und ihre Kinder und das stellt uns vor ganz andere Probleme. Und sie kommen in sehr großer Zahl in sehr kurzer Zeit. Die Solidarität, die unsere Gesellschaft zeigt, ist enorm und ich bin wirklich stolz auf die Art und Weise, wie gerade die vielen Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler sich engagieren. Und es erweist es sich als großer Vorteil, dass Nordrhein-Westfalen mit unserem Integrationsminister und FDP-Spitzenkandidat Dr. Joachim Stamp eine starke Integrationsinfrastruktur aufgebaut hat, so dass darauf zurückgegriffen werden kann, um diese schwierige Situation zu koordinieren und zu meistern. Aber natürlich hat niemand mit einem solch verheerenden Angriffskrieg gerechnet.

Frau Gebauer, unter den Flüchtlingen sind, wie gerade gesagt, viele Mütter von schulpflichtigen Kindern. Welche neuen Herausforderungen kommen da auf die Schulen zu?

YG: Mit der Aufnahme und der Beschulung der ukrainischen Schülerinnen und Schüler sind pädagogische, fachliche und organisatorische Herausforderungen für unsere Schulen verbunden. Glücklicherweise haben wir in Nordrhein-Westfalen eine gute und bewährte schulische Integrationsinfrastruktur und Kultur. So beraten unsere kommunalen Integrationszentren die Familien auch bei der wichtigen Frage, welches Kind auf welche Schule geht. Neben dem Ankommen und Willkommen heißen der ukrainischen Kinder geht es um den schnellen Erwerb der deutschen Sprache. Hier kommt der Runderlass „Integration und Deutschförderung neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler“ ins Spiel. NRW verfügt seit den Jahren 2015/2016 durchaus über die notwendigen Instrumente, um die Situation zu meistern. Mut machen mir auch das große Engagement und die Zuversicht an den aufnehmenden Schulen. Mit dieser positiven Grundeinstellung werden wir die Herausforderungen bewältigen.

Herr Deutsch, wenn in den Medien über Haushaltsberatungen berichtet wird, findet Kultur so gut wie nicht statt. Besteht die Gefahr, dass unser Kulturleben nachhaltigen Schaden nimmt, insbesondere nach den langen Einschränkungen durch Corona?

LD: Das sehe ich optimistischer. Gerade die Kultur hat in Nordrhein-Westfalen in der Corona-Pandemie eine besondere Wertschätzung erfahren. Wir haben als Land blitzschnell Hilfsprogramme aufgesetzt, die zielgerichtet waren. Besonders hilfreich waren unsere drei Stipendienprogramme, die dafür gesorgt haben, dass Künstlerinnen und Künstler weiter ihrem Beruf nachgehen konnten. Das war für Soloselbstständige im Gegensatz zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ja besonders prekär. Das hat uns auch gezeigt, dass wir zu einer besseren sozialen Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern bzw. von Solo-Selbständigen im Allgemeinen kommen müssen. Daran arbeiten wir jetzt auch im Bund. Besonders spannend wird nun die Zeit nach der Pandemie. Wie entwickeln sich die öffentlichen Haushalte insgesamt? Und das ist mit Putins Krieg nicht einfacher geworden.

Frau Gebauer, die Freien Demokraten regieren mit der SPD und den Grünen im Bund sowie mit der CDU in NRW. Wie kompliziert erweist sich dieser Spagat im politischen Alltag?

YG: Wir Freie Demokraten verstehen uns nicht als Teil eines politischen Lagers, sondern als eigenständige Kraft. Daraus folgt, dass wir auf unterschiedlichen
Ebenen mit verschiedenen Partnern zusammenarbeiten. Der Eintritt in die Ampelkoalition auf Bundesebene hatte, anders als viele glaubten, keinerleiatmosphärische Auswirkungen auf die  NRW-Koalition. Unser gemeinsames Regierungshandeln mit der CDU in Düsseldorf orientiert sich einzig an den Interessen unseres Landes und der Menschen hier. Da wir bei der Landtagswahl aber nicht als Regierungsbündnis antreten, werden wir inhaltliche Unterschieden deutlich machen. Das ist aber kein Spagat, sondern politisches Alltagsgeschäft.

Im Übrigen haben wir als FDP NRW Inhalte unserer Regierungsarbeit auf Landesebene in den Koalitionsvertrag der Ampel hineinverhandelt. So deckt sich
etwas das Vorhaben, Kindern und Jugendlichen bessere Bildungschancen unabhängig von der sozialen Lage ihrer Eltern zu ermöglichen, mit unserem erfolgreich
erprobten Modell der Talentschulen in Nordrhein-Westfalen.

Als Kölner habe ich schon lange das Gefühl, dass unsere Stadt weit unter ihren Möglichkeiten bleibt. Wie bewerten Sie aus landespolitischer Perspektive die Performance der schwarz-grünen Stadtregierung?

YG: Die Kölner Schulpolitik ist leider seit Jahren desaströs. Es fehlen massiv Plätze und Gebäude und das nicht erst seit gestern. Als Kölnerin tun mir diese Zustände in der Seele weh, zumal ich auf die schulpolitischen Fehlentwicklungen schon während meiner Zeit als Ratsfrau hingewiesen habe. Die Verantwortung liegt hier seit Jahrzehnten in der Hand des von der SPD geführten Dezernates für Bildung, Jugend und Sport. Weder der Beigeordneten Dr. Agnes Klein noch Robert Voigtsberger ist es gelungen, eine vernünftige Schulentwicklungsplanung zu betreiben, was sich derzeit mit fatalen Folgen rächt.

LD: Ja, Köln wird unter seinen Möglichkeiten regiert. Als Kulturpolitiker könnte ich abendfüllend über unsere Probleme mit Kulturbauten berichten. Allerdings sieht es ja bei Schulbauten kaum besser aus. Kein Wunder, weil die Stadt keine belastbare Schulentwicklungsplanung gemacht hat. Vielleicht hilft ja jetzt unser Vorschlag einer Schulbaugesellschaft. Eine echte ÖPNV-Offensive sehe ich auch nicht. Und das verwahrloste Stadtbild Kölns wird zwar seit Jahren beklagt, aber dabei bleibt es auch. Der Neumarkt ist da nur eines von vielen Beispielen. Alles dauert viel zu lange. Die Frage nach der Düsseldorfer Perspektive ist für den Kölner schmerzhaft. Gerade in der Stadtentwicklung läuft hier vieles besser. Aber das Herz schlägt linksrheinisch!

Was ist Ihr persönlicher Wunsch für die Zukunft?

LD: Ganz klar, ein schnelles Ende des Krieges in der Ukraine. Und für die Landtagswahl ein so gutes Ergebnis, dass ohne uns nicht regiert werden kann. Wir haben erst angefangen und noch viel vor. NRW hat sich stark entwickelt in den letzten fünf Jahren, das muss weitergehen. Ich bin optimistisch, dass wir mit einem starken Kandidatenteam und vielen engagierten Wahlhelfern in Köln für ein besonders gutes Ergebnis sorgen werden.

YG: In aller Kürze: Frieden auf der Welt, insbesondere natürlich in der Ukraine und eine Fortsetzung der liberalen Regierungsbeteiligung in Nordrhein-Westfalen.

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Lorenz Deutsch

Lorenz Deutsch

Vorsitzender des FDP-Kreisverbands Köln

Sachkundiger Bürger, Ausschuss Kunst und Kultur, Kulturpolitischer Sprecher der FDP-Ratsfraktion

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Yvonne Gebauer, MdL

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