Lindner: Die große Koalition ist am Ende

Interview mit Christian Lindner

16.06.2019 Pressemeldung Kölnische Rundschau

Christian Lindner, MdL

Frage: Sie haben signalisiert, dass die FDP eine Minderheitsregierung stützen würde, sollte die SPD die große Koalition verlassen. Bei welchen Themen möchten Sie eingreifen?

Lindner: Die große Koalition ist am Ende. Von Neuwahlen über eine Minderheitsregierung bis zu Koalitionen gibt es Optionen. Darüber zu entscheiden, liegt nicht bei uns. Wir sind zur Übernahme von Verantwortung bereit, wenn die Bedingungen stimmen. Dazu gehören Stärkung der Wirtschaft durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, eine Bildungsoffensive, Tempo für die Digitalisierung, ein funktionierendes Einwanderungsgesetz. Das haben wir immer gesagt. Unsere Bereitschaft hat Aktualität gewonnen. Die SPD wirkt nicht mehr regierungsfähig

Woran liegt es, dass Sie so wenig von der Schwäche der SPD und der Union profitieren?

Erstens profitieren die Grünen von der Schwäche der SPD. Zweitens werfen uns selbst unzufrieden Unionswähler das Nein zu Jamaika vor. Dabei war die Bereitschaft der Union, den Grünen zu viele Positionen zu opfern, ja der Grund für das Ende der Sondierungen. Und drittens geht es momentan fast nur um Klimaschutz, obwohl es noch anderes gäbe, das wichtig ist. Wir als FDP müssen an unserem Profil in der Klimapolitik noch arbeiten. Dummerweise habe ich selbst es durch leicht verdrehbare Worte unseren Gegnern erleichtert, die FDP in eine falsche Ecke zu rücken.

Für welche Art von Klimapolitik stehen Sie denn?

Klimaschutz muss endlich mit Start-Up-Denken angegangen werden - weg von einer Planwirtschaft, die uns die höchsten Strompreise in Europa gebracht haben. Man muss nur nach Kalifornien schauen. Mit Offenheit für unterschiedliche technologische Ansätze geht man dort voran.

Sie werben für eine CO²-Bepreisung. Wie soll das funktionieren, ohne dass die Energiepreise weiter steigen?

Es sollte keine CO²-Steuer geben, denn diese hat keine Lenkungswirkung. Wer es sich leisten kann, macht dann einfach weiter wie bisher. Auf die anderen kommen aber empfindliche Einschränkungen zu. Wir sollten stattdessen die Menge an CO² festlegen, die noch bis 2050 ausgestoßen werden darf. Wer von diesem Budget etwas will, muss zahlen. Dann steuert sofort der Markt die Knappheit. Je teurer CO² wird, desto mehr werden Anreize für Innovationen gesetzt und desto wirtscahftlicher werden Technologien wie synthetische Kraftstoffe, die heute noch nicht voll genutzt werden.

Fleisch, bei dessen Produktion relativ viel CO² entsteht, wird dann teurer...

Nicht unbedingt. Wenn der Fleischproduzent zugleich in die Aufforstung von Wäldern investiert, dann kann er sein Fleisch auch weiterhin preiswert anbieten. Möglicherweise gelingt auch ein großer Durchbruch bei der CO²-Speicherung. Bei dieser Technologie gibt es hierzulange leider Denkblockaden.

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