Neue Verlagsmodelle gefordert
19.07.2007 Meldung FDP-Kreisverband Köln
Unternehmensfusionen und Konzentrationen im Bereich der Printmedien Von Wolfgang Baumann Ein Außentermin des Liberalen Arbeitskreises Medienpolitik unter Vorsitz von Wout Nierhoff bot einen interessanten Einblick in das Neven-DuMont-Haus an der Amsterdamer Straße in Köln-Niehl. Gisela Arndt führte einige Mitglieder des Arbeitskreises zunächst durch das Druckzentrum und erklärte kompetent und anschaulich, wie heute eine Zeitung entsteht. Das Investitionsvolumen einer modernen „Druckstraße“ liege heute bei etwa 35 Mio. Euro und pro Jahr werden dort etwa 40.000 Tonnen Papier verbraucht. Von der Druckerei ging es weiter in die Redaktion des Kölner Stadt-Anzeiger: Wolfgang Brüser, Leiter des sogenannten NewsDesk, gewährte einen Einblick in den Redaktionsalltag und die Schlagzeilen des nächsten Tages, insbesondere in die Funktionsweise des neu eingerichteten NewsDesks: Hier sitzen Nachrichtenredakteure der Zeitung gemeinsam mit Kollegen aus der Internetredaktion an einem Schreibtisch („desk“) und lenken die einlaufenden Informationen in die verschiedenen Kanäle. Damit schafft der Kölner Stadt-Anzeiger zugleich die Möglichkeit, sein Internet-Fernsehen www.kst.tv weiter auszubauen. Anschließend führte Dr. Matthias Schulenberg, Geschäftsbereichsleiter Recht und Personal sowie Chefsyndikus der Unternehmensgruppe M.DuMont-Schauberg-Verlag, die Runde in einen der Konferenzräume der obersten Etage. Hier referierte er zum Thema „Pressefusion und Pressekonzentration in Deutschland“ und nahm in der abschließenden Diskussionsrunde Stellung zur aktuellen kartellrechtlichen Problematik von Verlagszusammenschlüssen. Diese kartellrechtliche Beurteilung von Pressefusionen unterliegt besonderen Voraussetzungen: während allgemein die Umsätze der beteiligten Unternehmen bestimmte Schwellenwerte überschreiten müssen, bevor das Bundeskartellamt Fusionen untersagen kann, ist das im Pressebereich verschärft, weil die Umsätze mit einem Vervielfältigungsfaktor multipliziert werden. Dies bewirkt, dass die Aufgreifschwelle schneller erreicht wird und auch Fusionen zwischen kleinen Unternehmen – anders als in anderen Branchen – unter die Fusionskontrolle des Kartellamtes fallen. Im Vordergrund steht hier die Befürchtung einer möglichen Gefährdung der publizistischen Meinungsvielfalt, die durch eine marktbeherrschende Stellung infolge der Fusion entstehen könnte. Diese marktbeherrschende Stellung sei für das Bundeskartellamt „leider viel zu schnell“ erreicht, so Dr. Schulenberg. Garantieren fusionswillige Verlage weiterhin den Fortbestand von unabhängigen Redaktionen, sei es unverständlich, warum für Tageszeitungen andere Bedingungen gelten sollen, als für andere mittelständische Unternehmen. Bei weiter steigenden Fixkostenanteilen und sinkenden Erlösen insbesondere aus dem früheren „klassischen“ Anzeigengeschäft bliebe oft gar keine andere Möglichkeit, als betriebswirtschaftliche Fusionen im Bereich Druck und Vertrieb anzustreben. Das sehe das Bundeskartellamt aus Sorge um den publizistischen Wettbewerb oft ganz anders. Eine Argumentation, die für Dr. Schulenberg manchmal „etwas scheinheilig“ klingt. Er bemängelte hier vor allem drei Punkte: 1. Zeitungsverlage sieht das Bundeskartellamt per se als global operierende Konzerne und nicht als mittelständisch geprägten (Familien-)Unternehmen, die heute noch in der zweiten oder dritten Nachkriegsgeneration geführt werden. Das sei aber mehrheitlich die Realität, so Dr. Schulenberg weiter. Daher sind solche Unternehmen anders als große Konzerne schlichtweg in ihrer Existenz bedroht, wenn ihnen schon rein produktionstechnische Kooperationen „auf unterster Ebene“ erschwert werden. 2. Durch eine „sehr kleinteilige Marktsegmentierung“ insbesondere in räumlich und gattungsmäßig eng begrenzte Leser- und Anzeigenmärkte sei für das Bundeskartellamt sehr schnell eine Marktbeherrschung auf einem entsprechend eng definierten Teilmarkt erreicht, etwa durch einen gemeinsamen Anzeigenteil. Weitere Kooperationen würden zu schnell als Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung gewertet und untersagt. Für Dr. Schulenberg wird hier etwas zusammengeführt, was gar nicht zusammen gehöre und „das hat eigentlich nichts mit dem Erhalt von publizistischer Meinungsvielfalt zu tun“. 3. Schließlich kritisierte er generell eine fehlende Differenzierung zwischen produktionstechnischer und redaktioneller Zusammenarbeit. Eine rein betriebswirtschaftliche Kooperation unter einem Dach, um z.B. Verwaltungs- und Druckkosten einzusparen, gefährde nicht die publizistische Eigenständigkeit einer Redaktion. Als Beispiel nannte er die Kölnische Rundschau, die vom gleichen Verlag wie der Kölner Stadt-Anzeiger nur gedruckt, vermarktet und vertrieben wird, redaktionell aber selbständig von einem unabhängigen Verlagshaus, das in der Stolkgasse sitzt und einem unabhängigen Herausgeber hat, geführt wird. Allerdings sei diese Kooperation nur wegen der sonst drohenden Einstellung der KR möglich gewesen. Das Bestreben aus dieser Einzelfallregelung, bei der die publizistische Vielfalt erhalten bleibt, generell eine kartellrechtliche Ausnahme zu schaffen, scheiterte schon vor längerer Zeit an Widerständen in der Politik, insbesondere der SPD. Als Fazit leitete Dr. Schulenberg schließlich drei persönliche Kernforderungen an die Politik ab: 1. Verleger sollten nicht vorschnell im Sinne eines drohenden Meinungsmonopols als globale Konzerne gesehen werden, sondern zuerst als mittelständisch geprägte (Familien-)Unternehmen. Diese sollten vor allem von der FDP als „echte liberale Klientel“ verstanden werden, schließlich sei hier am ehesten wirtschaftspolitischer Sachverstand zu erwarten. 2. Entscheidungsträger in der Politik müssten „ein Gefühl“ dafür entwickeln, dass sich Leser- und Werbemärkte allein in den letzten Jahren gravierend verändert haben und Zeitungen nach völlig neuen Finanzierungsformen suchen müssen. Ihnen bleibe gar nichts anderes übrig, so Dr. Schulenberg, denn traditionelle Anzeigenerlöse früherer Zeiten würden weiter zurückgehen. In der Folge sind heute ganz andere, sogenannte cross-mediale Vermarktungsstrategien zwischen früher getrennten Medienformaten wie z.B. Print und Internet nur die „logische Konsequenz“ aus grundlegend veränderten und globalen Wettbewerbstrukturen. Darin sei keine Bedrohung der Pressevielfalt zu sehen. 3. Schließlich wünschte sich Dr. Schulenberg von der Politik generell mehr Unterstützung bei der Entwicklung von „Modellen der rein betriebswirtschaftlichen Zusammenarbeit“, die keineswegs zu Lasten von publizistischer Vielfalt gehe. Solche Modelle müssten angesichts zunehmender internationaler Wettbewerbsverflechtungen konsequent im „globalen oder europäischen Maßstab“ gesehen werden. Nach diesem Maßstab seien nationale Unternehmenszusammenschlüsse auch im Medienbereich ganz anders zu bewerten. Gerade letzteres müsse von Unternehmensseite vielleicht auch besser in der politischen Öffentlichkeit „erläutert“ werden, so Dr. Schulenberg abschließend.