Sterck: Zu viele Auflagen in Köln!

Interview der Wohnungsbau Initiative Köln mit Ralph Sterck

07.05.2023 Meldung Wohnungsbau Initiative Köln

WIK: Herr Sterck, die Wohnungsbau Initiative Köln (WIK) plädiert für einen offenen Austausch zwischen Experten aus der Immobilienwirtschaft und den politischen Entscheidungsträgern in Köln mit dem Ziel, mehr Wohnraum in der Domstadt zu schaffen. Wie bewerten Sie diese Herangehensweise – und: Klappt es mit dem Austausch?

Ralph Sterck: Natürlich ist es sinnvoll, miteinander zu sprechen. Mit dem Wohnungsbauforum haben wir in Köln eine Institution, die geradezu dafür geschaffen ist, dass sich Wohnungswirtschaft, Stadtverwaltung und Kommunalpolitik regelmäßig austauschen. Vor diesem Hintergrund verstehe ich nicht, dass die Stadtverwaltung immer wieder Extratouren fährt, ohne das Wohnungsbauforum einzubinden.

Sie spielen auf den Masterplan „Stadtgrün“ an, bei dem die WIK und der BFW Landesverband Nordrhein-Westfalen beklagen, nicht beteiligt worden zu sein.

Richtig. Aber das ist nicht der einzige Fall, in dem die Stadtverwaltung einfach ihr Ding durchzieht.

In dem Forum sitzen neben der Oberbürgermeisterin Henriette Reker alle zuständigen Dezernenten, Vertreter der Ratsfraktionen und Wohnungsbauunternehmen. Das heißt, auch Ratspolitiker wie Sie könnten dazu beitragen, dass der Austausch besser funktioniert.

Ich glaube, ich kann für mich in Anspruch nehmen, meinen Anteil dazu zu leisten. Aber die Interessen der Wohnungsunternehmen müssen sie selber vertreten, und zwar laut und deutlich. Die müssten dort auf den Tisch hauen und sagen, dass eine ganze Reihe von Plänen der Stadtverwaltung und der Ratsmehrheit den Wohnungsbau eher bremst als fördert. Die Vertreter aus dem linken Spektrum sind keineswegs zimperlich, ihre Interessen zu vertreten. Aber auf der bürgerlichen Seite gibt es da oft sehr viel Zurückhaltung. Man will es sich wahrscheinlich mit niemandem verscherzen. Das ist nicht gut und trägt nicht dazu bei, dass wir beim Wohnungsbau vorankommen.

Was müsste sich noch ändern, um mehr Wohnungen zu bauen?

Wir haben in Köln viel zu viele Auflagen. Das ist eine Fehlentwicklung, die zu Lasten der Wohnungssuchenden geht. Investoren werden abgeschreckt. Viele von ihnen investieren lieber in Düsseldorf oder in Pulheim als in Köln. Bei uns sind die Hürden für den Neubau einfach zu hoch. Das ist ein selbstgemachtes Problem. Und in Köln werden Baugenehmigungen viel zu langsam erteilt.

Sie haben selbst mal eine Art Moratorium für Bauauflagen in Köln gefordert. Was bedeutet das genau?

Unser Vorschlag zielte darauf, Wohnungs-Investoren fünf Jahre lang von Auflagen wie dem Kooperativen Baulandmodell, Erhaltungssatzungen oder Auflagen bei Konzeptvergaben zu befreien. Wir haben gesagt, lasst die Investoren mal auf dieser Grundlage bauen – und am Ende Bilanz ziehen, ob wir so nicht viel schneller das Ziel der Stadt erreichen, jedes Jahr 6000 Wohnungen zu bauen.

Was wurde aus Ihrem Vorschlag?

Damit blieb meine Fraktion allein. Die CDU hat sich in solchen Fragen völlig aufgegeben und folgt beim Wohnungsbau den Grünen. Auch beim Masterplan „Stadtgrün“ macht die CDU mit.

Sie lehnen den Plan ab. Warum?

Weil der Masterplan „Stadtgrün“ wieder ein Instrument ist, das den Wohnungsbau zurückdrängt. Da wird im Stadtrat argumentiert, wir müssten den Planeten retten. Also werden weniger Bauflächen ausgewiesen, um den Planeten zu retten. So läuft das da.

Gibt es genug Flächen für neue Wohnungen?

Eindeutig nein. Nehmen Sie die Regionalplanung von 2022. Da ging es unter anderem um die Ausweisung von Flächen, auf denen Wohnungen oder Gewerbeimmobilien in den nächsten 25 Jahren entwickelt werden dürfen. Da hat das Kölner Ratsbündnis aus Grünen und CDU Flächen aus dem Plan herausgenommen, auf denen Wohnungen für 50.000 Menschen sowie 2000 Arbeitsplätze hätten entstehen können. Bei so einer Politik braucht sich niemand zu wundern, wenn es zu wenig Platz für neue Wohnungen gibt. Wir haben aber auch noch ein anderes Problem. Die Stadt München hat weniger Fläche als Köln, aber fast eine halbe Million mehr Einwohner. Mir ist nicht bekannt, dass sich in München viele Leute über einen Mangel an Lebensqualität beklagen. Das heißt, wir bringen in Köln auf den vorhandenen Flächen generell zu wenige Wohnungen unter.

Wesentliche Möglichkeiten, mehr Wohnraum zu schaffen, liegen in der Nachverdichtung durch Aufstocken und im Bau von Hochhäusern. Letztgenannter wird in Köln aber immer wieder heftig diskutiert. Wie beurteilen Sie die Diskussion und wie schätzen Sie das Potenzial für Hochhäuser in Köln ein?

Wir unterstützen den Bau von Wohnhochhäusern in Köln ausdrücklich, auch wenn wir wissen, dass sie allein nicht den Bedarf an neuen Wohnungen decken können. Aber sie sind eines der Instrumente, die wir nutzen sollten, zumal Hochhäuser Fläche sparen. Leider ist das Thema Hochhäuser in unserer Stadt sehr umkämpft. Da werden generelle Ängste geschürt, von gestörten Sichtachsen in der Stadt ist die Rede, und immer wieder kommt der Hinweis darauf, dass der Status des Kölner Doms als Unesco-Weltkulturerbe durch Hochhäuser gefährdet werden könnte. Wir halten die Ängste für unbegründet. Längst haben wir in der Stadt geklärt, dass in einem Puffer um den Dom keine Hochhäuser gebaut werden dürfen und dass Sichtachsen beachtet werden müssen.

Also könnte es eigentlich losgehen mit dem Bau von Wohnhochhäusern.

Theoretisch ja. Praktisch aber ist es so, dass die Stadtverwaltung gerade erst den Auftrag für ein Hochhausbau-Konzept extern vergeben hat. Es wird also noch dauern. So bleibt es bei sehr ernüchternden Erfahrungen wie denen mit den gescheiterten Wohntürmen neben dem Colonius. Einer davon sollte 120 m hoch werden. Dort hätten 700 Studentenwohnungen entstehen können, aber die Ratsmehrheit von CDU und Grünen brachte das Projekt mit zu vielen Vorgaben zu Fall. Jetzt wird dort ein 80 m hoher Turm für gewerbliche Nutzungen errichtet. Die Ablehnung von Hochhäusern betrifft aber auch gewerbliche Nutzer. Die DEVK will in Köln einen bis zu 145 m hohen Büroturm errichten. Wegen der Widerstände insbesondere bei den Grünen, die eine Höhe von unter 100 m verlangen, erwägt das Unternehmen, stattdessen in Monheim zu bauen – dort übrigens auf einer viel größeren Grundfläche. Das wäre für Köln nicht nur hochnotpeinlich.

Wie viel Potenzial steckt im Schließen von Baulücken?

Die Stadtverwaltung hat vorgerechnet, dass es in Köln noch Baulücken für etwa 15.000 Wohnungen gibt. Die können allerdings nicht geschlossen werden, weil es in zahlreichen Fällen Unklarheiten gibt, etwa wegen Erbstreitigkeiten, und weil die Stadt nicht gut genug aufgestellt ist, um überall Baugebote zu verhängen.

Thema Verkehrsinfrastruktur: Die steht angesichts wachsender Bevölkerungszahlen und sich verändernder Mobilitätsbedürfnisse vor großen Herausforderungen. Was bedeutet das für die Erschließung von bestehenden und neuen Wohngebieten? Wie sieht Ihr Verkehrskonzept für die Zukunft aus?

Zunächst einmal besteht die Gefahr, dass die Verkehrsprobleme noch größer werden, wenn viele Menschen in Köln keine Wohnung finden und entsprechend ins Umland ziehen müssen. Viele von ihnen müssen dann mangels attraktiver öffentlicher Verkehrsverbindungen mit dem Auto nach Köln pendeln. Das ist ökonomischer und ökologischer Wahnsinn. Wir fordern von den Kölner Verkehrs-Betrieben schon lange den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Der ist in Köln traditionell unterentwickelt. Würde man in der Stadt unter Verkehrswende verstehen, alle Stadtteile an S- oder Stadtbahn anzubinden, müsste man einräumen: An eine Verkehrswende ist hier gar nicht zu denken. Wir hängen mindestens 20 Jahre hinter dem Stand in vielen anderen Städten zurück. Und damit ist nicht nur Wien gemeint, wo es längst Praxis ist, erst die Stadtbahnlinie zu bauen und dann mit dem Bau eines neuen Stadtteils zu beginnen. Das macht Köln leider anders.

Bremst auch das die Erschließung neuer Wohngebiete?

Das ist so. Diejenigen, die in den benachbarten Stadtteilen wohnen, haben oftmals Angst vor mehr Verkehr und zugeparkten Straßen, wenn nebenan neue Wohnungen entstehen. Diese Angst könnte die Stadt ihnen nehmen, wenn sie Neubaugebiete offensiv damit bewerben würde, zunächst für einen Anschluss an den ÖPNV zu sorgen. Nur immer weniger Parkplätze auszuweisen und nicht zugleich massiv in den ÖPNV zu investieren, ist keine gute kommunale Verkehrspolitik.

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Ralph Sterck, MdR

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