"Wünsche mir weniger Dogmatismus in Verkehrspolitik"
Im Gespräch mit Marlis Pöttgen
05.09.2018 Meldung KölnLiberal - Zeitschrift für Freie Demokraten in Köln
Frau Pöttgen, Sie sind 1984 in die Kölner FDP eingetreten und seitdem quasi unermüdlich für die Freien Demokraten im Einsatz. Was treibt Sie an?
Eigentlich die Idee, etwas bewegen zu wollen und mich einzubringen. Ich möchte in Köln etwas gestalten und bewegen und das nicht einfach nur anderen überlassen.
Ihr politischer Wirkungskreis ist seit jeher der Stadtbezirk Ehrenfeld. Was macht Ehrenfeld für Sie so besonders?
Das ist ganz einfach: Ich bin in Ehrenfeld zuhause. Meine Familie wohnt seit über hundert Jahren in Ehrenfeld, ich bin hier tief verwurzelt und ich kenne sehr viele Menschen hier, gerade hier in den Stadtteilen Ehrenfeld und Neuehrenfeld. Das ist einfach mein Zuhause.
In der Bundespolitik wird aktuell der Begriff „Heimat“ in vielfältiger Weise diskutiert. Was bedeutet er für Sie als Kommunalpolitikerin und als Kölnerin?
Also als Kölnerin muss ich sagen, da ist Heimat für mich der Kölner Dom. Wenn ich von zuhause weg bin, auf Dienstreise oder in Urlaub und komme dann zurück und sehe den Dom, dann weiß ich, ich bin zuhause. Ansonsten ist für mich ganz klar da Heimat, wo ich mit den Menschen lebe, die ich liebe und kenne, das Umfeld, wo ich mich auskenne, meine Nachbarschaft. Ich finde gerade bei uns in Köln das Zusammenleben der Menschen total toll. Das macht für mich Heimat aus. Die Mischung macht‘s, das Motto „Leben und leben lassen“, das klappt hier einfach.
Ein politisches Engagement bedeutet ja für viele auch immer einen etwas schwierigen Spagat zwischen Beruf und Privatleben. Finden Sie immer das richtige Maß?
Ich sag‘ mal Jain. Der Einsatz in der Politik ist, gerade in den letzten Jahren, sehr gewachsen und viel mehr geworden. In früheren Jahren, als ich beruflich noch etwas mehr auf Karriere getrimmt war, musste auch schon mal das politische Tun etwas zurücktreten. Aber da ich Single bin und keine Familie zu versorgen habe, klappt das jetzt eigentlich ganz gut. Aber es ist dennoch manchmal schwierig. Was ich jetzt mal sagen muss: Ich habe wirklich ganz tolle Nachbarn. Als ich damals zum ersten Mal in die Bezirksvertretung gewählt wurde, fing das mit den ganzen Abendterminen an. Ich hatte damals auch schon Katzen und meine Nachbarin hat sich dann bereit erklärt, abends die Katzen zu füttern, damit die nicht bis spät auf ihr Futter warten mussten. Das macht sie bis heute und ich nehme das immer noch sehr gerne in Anspruch.
Ehrenfeld gilt ja im restlichen Köln als ganz besonders multikulturell, fundamentalökologisch und linksorientert. Wie lässt sich in einem solchen Umfeld liberale Politik umsetzen?
Sehr, sehr schwer. Wobei es das noch nicht mal unbedingt wegen der Linkslastigkeit ist, sondern zumeist wegen der fundamentalideologischen grünen Verkehrsmonothematik. „Rad, Rad, Rad“ und schauen dabei weder nach links noch nach rechts. Da fehlt mir doch oft die Ausgewogenheit, denn die brauchen auch viele Menschen in ihren Lebenssituationen in Ehrenfeld. Da ist es oftmals schwer, liberale Politik zu machen. Wir haben hier ja auf der einen Seite sehr viel Stadtentwicklung, das beinhaltet ja aber nicht nur das Thema Wohnen, sondern auch die Infrastruktur. Wie geht es mit dem Verkehr weiter, gerade auch mit dem Autoverkehr. Wie gehen wir vor allem mit dem ruhenden Verkehr um, wie kann man das Miteinander von Fahrrad und Auto verbessern, wie die Verkehrsflüsse optimieren. Die politische Mehrheit ist sehr auf das Fahrrad fixiert, aber es gibt auch viele Menschen im Stadtbezirk, die auf ein Auto angewiesen sind. Da versuchen wir gerade zum Beispiel mit dem Thema Quartiersgaragen Verbesserungen vor Ort möglich zu machen.
In der Bezirksvertretung Ehrenfeld haben Sie eine Fraktion mit den Piraten
gegründet. Wie klappt die Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit mit der Piratin Diana Lantzen klappt sehr gut. Sie ist in einem ähnlichen beruflichen Umfeld unterwegs wie ich, macht also auch IT. Wir sind uns total sympathisch, haben ein gutes Vertrauensverhältnis und sehen viele Dinge ähnlich. Aber auch da, wo wir unterschiedlicher Meinung sind, stimmen wir nicht gegeneinander. Da enthält sich schon mal der eine oder der andere, das stimmen wir im Vorfeld der Sitzung immer gut ab. Der große Vorteil der Fraktion ist ja, dass man eine Stimme in der Fraktionsvorsitzendenbesprechung hat. Zur Zeit bin ich das bei uns, wir wechseln uns mit dem Vorsitz ab.
Wenn Sie zwei (Projekt-)Wünsche frei hätten: Was würden Sie sich für Ehrenfeld wünschen? Und was für Köln?
Ich würde mir für Ehrenfeld wünschen, dass wir noch Platz für eine oder besser noch zwei Quartiersgaragen finden würden, und dass wir mehr Kindergartenplätze zur Verfügung hätten, die sind hier immer sehr knapp. Für Köln würde ich mir deutlich weniger Dogmatismus in der Verkehrspolitik wünschen.
Was wollten Sie den Kölner Parteifreundinnen und -freunden schon immer mal gesagt haben?
Das Ehrenfeld ein total toller Stadtbezirk ist, mit sehr vielen liebenswerten Menschen, dass es hier sehr viele schöne Ecken gibt, die sich zu entdecken lohnen. Und den Nippesern möchte ich sagen, dass der Blücherpark ein emotionaler Teil von Ehrenfeld ist [lacht].
Haben Sie einen Lieblingsplatz in Köln?
Das ist wirklich der Blücherpark. Ich bin ja in Neuehrenfeld aufgewachsen und wenn man dort dann mit der Familie spazieren geht, die Schwäne am Weiher, die Spielplätze, das sind schöne Erinnerungen.
Frau Pöttgen, herzlichen Dank für das Gespräch.
[Das Gespräch führte Stephan Wieneritsch]
Marlis Pöttgen wurde 1960 in Köln geboren und ist in Neuehrenfeld aufgewachsen. Nach ihrem Abitur absolvierte sie ein Studium zur Diplom-Mathematikerin an der Universität zu Köln. Danach arbeitete sie in der Abteilung Anwendung-Entwicklung eines großen Kölner Versicherungskonzerns und stieg dort anschließend zur IT-Projektleiterin auf.
Der FDP trat sie 1984 bei. Seit 1985 ist sie Mitglied im Vorstand des Stadtbezirksverbandes Ehrenfeld, wo sie seit mehr als 20 Jahren Vorsitzende ist. In der Zeit von 1989 bis 1994 war sie Sachkundige Einwohnerin im Ausschuss Umwelt und Grün der Stadt Köln. Seit 1999 ist sie Mitglied der Bezirksvertretung Ehrenfeld, wo sie aktuell auch Vorsitzende der FDP/Piraten-Fraktion ist. Zudem ist sie für ihr langjähriges Engagement in der Bürgervereinigung Köln-Ehrenfeld zum Ehrenmitglied ernannt worden.