"Von Smartphones und Glühwürmchen"

„…oder so“ – Die Kolumne von Maren Friedlaender

24.06.2017 Meldung FDP-Kreisverband Köln

Kennen Sie auch so Leute: Man sitzt gerade gemütlich in der Runde. Es läuft ein angeregtes Gespräch. Plötzlich zieht einer das Smartphone heraus und schiebt es einem unter die Nase: „Ach, habe ich dir schon gezeigt, meine Tochter beim Rückwärtspopelwettbewerb in Ibbenbüren, war das lustig.“ Gesprächsstillstand. Der Rückwärtspopel-Vater wischt mit dem Zeigefinger übers Display. Wisch, wisch, wisch. Gespräch kommt nicht wieder in Gang.

„Moment, ich find das gerade nicht, ach, aber hier, das ist auch komisch, die Inge beim ‚Karneval im Sunnesching‘ als Pippi Langstrumpf verkleidet. So ein Spaß.“ Das spannende Gespräch über die Auswirkungen des Brexits auf die deutsche Schrebergartenkultur liegt auf Eis. Der Popel-Vater hat endlich die Bildersequenz vom Popelwettbewerb gefunden. Tochter Sarah wurde übrigens nur Fünfte, aber die Jury, meint der Papi, war bestochen oder so. 

In solchen Runden beschleicht mich das Gefühl, das Leben findet immer woanders statt, irgendwie war es schon und ich habe es verpasst. Deshalb werde ich mit Smartphone-Fotos gequält. Früher gab es Dia-Abende mit Reisebildern, aber da konnte man wegen akuter Magen-Darm-Grippe absagen. Heute muss man an jeder Ecke mit einer Foto-Attacke rechnen. Die Smartphones sind überall.

Ich glaube, man ist alt, wenn man die meisten Leute und Ereignisse seiner Zeit nicht mehr versteht. Nicht nur die Smartphoneobsession. Tattoos, zum Beispiel. Gerade habe ich mich damit abgefunden, dass nicht nur Seeleute die Oberarme tätowiert haben – ja, so war das in meiner Jugend. Jetzt bin ich nicht mehr aus der Ruhe zu bringen, wenn aus der knapp sitzenden Hose eines jungen Mädchens ein Arschgeweih hervorschaut. Oder mir die Verkäuferin im Rewe bei der Geldrückgabe statt eines Unterarms eine Tattoo-Schlange entgegenstreckt. Verblüfft war ich, als ich gestern am Barbarossaplatz ein neuartiges Studio entdeckte: „Endlich ohne! Tattoo-Entfernung – cover up Vorbereitung.“ Häh? Arschgeweih adieu oder was? Alt und out bin ich.

Ich habe das Wandern für mich entdeckt. In der Eifel komme ich zurecht. Da lauert mir keiner mit dem Smartphone auf und die Tiere am Wege sind nicht tätowiert. Wie ich hörte, gibt es Naturerlebnisse auch im Kölner Grüngürtel. Jetzt sind die Tage der Glühwürmchen. Die schlüpfen nach dreijährigem Larvendasein um diese Jahreszeit aus dem Boden und begeben sich heftig leuchtend auf den Hochzeitsflug. Angezogen vom Leuchten der Weibchen, lassen sich die Männchen auf die Partnerin fallen zwecks Begattung. Danach kippt der männliche Käfer vom Weibchen runter. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Nur stirbt das Glühwürmchenmännchen sofort nach dem Sex, vielleicht aus Peinlichkeit oder so. Die Weibchen legen schnell noch Eier und folgen ihren Partnern in den Tod. Na ja, so alt fühl ich mich wiederum auch nicht...

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Maren Friedlaender

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