Haus des Jugendrechts

05.06.2007 Anträge FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

Aus dem Stuttgarter wird ein Kölner Modell Die FDP-Fraktion hat folgenden Antrag auf die Tagesordnung der kommenden Sitzung des Rates am 19. Juni 2007 setzen lassen. Der Rat möge beschließen: Der Rat unterstützt ausdrücklich Stellungnahmen aus der Verwaltung, insbesondere von Stadtdirektor Guido Kahlen und von Jugenddezernentin Dr. Agnes Klein nach dem Stuttgarter Vorbild auch in Köln ein Haus des Jugendrechts einzurichten, wo Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendhilfe gemeinsam unter einem Dach zusammenarbeiten, um schneller und wirksamer Fälle von Jugendkriminalität zu bearbeiten. Der Rat beauftragt daher die Verwaltung, anlehnend an das Stuttgarter Modell auch in Köln ein Haus des Jugendrechts als Modellprojekt für einen oder mehrere Stadtbezirke einzurichten. Dabei sind die spezifischen Gegebenheiten Kölns in der Planung und Umsetzung mit zu berücksichtigen. Ziele des Projekts sind die Optimierung der behördenübergreifenden Zusammenarbeit, die Beschleunigung staatlicher und kommunaler Reaktionen sowie das rasche und zeitnahe Reagieren auf normwidriges Verhalten bei Kinder und Jugendlichen. Dabei besteht der Anspruch, dieses Modell flächendeckend für Köln einzuführen. Begründung: Seit Jahren ist ein kontinuierlicher Anstieg der registrierten Jugendkriminalität in Köln, aber auch landes- und bundesweit, zu verzeichnen. Dabei ist insbesondere festzustellen, dass die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren im Bereich der Gewaltkriminalität deutlich stärker anstieg als in den übrigen Bereichen der Jugendkriminalität. Daraus lässt sich trotz der gebotenen vorsichtigen Bewertung der Zahlen herleiten, dass unter jungen Menschen die zunehmende Bereitschaft besteht, Konflikte auch mit körperlicher Gewalt auszutragen. Neben den zahlenmäßigen Veränderungen lassen sich zwei bedenkliche Tendenzen feststellen, die auch statistisch untermauert werden können: • „Die Täter werden immer jünger": Das Einstiegsalter in ernstere Formen der Kriminalität sinkt. • "Die Taten werden immer gewaltbetonter": Die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt steigt und die Art der Gewaltanwendung wird exzessiver, früher geltende Grenzen (kein Nachtreten bei am Boden liegendem Opfer) werden oft nicht mehr respektiert. Kinder- und Jugenddelinquenz ist keine gleichförmige Erscheinung monokausalen Ursprungs. Deshalb kann es auch kein einfaches Patentrezept geben, mit dessen Hilfe sie eingedämmt werden könnte. Gefragt ist eine differenzierte Reaktion, die auf möglichst genauer Diagnose beruht. Hierzu bedarf es zunächst des gezielten Hinschauens, aber auch einer breiten Vielfalt der Reaktionsmöglichkeiten. Ein erfolgreiches Modell für die "Kultur des Hinschauens" stellt das Haus des Jugendrechts in Stuttgart-Bad Cannstatt dar: Dort sind Jugendamtsmitarbeiter, Jugendsachbearbeiter der Polizei und die zuständige Staatsanwältin unter einem Dach untergebracht. Daher besteht ein ständiger und unmittelbarer Kontakt zwischen Jugendamt, Polizei und Staatsanwaltschaft. Eingehende Fälle werden sofort in Fallkonferenzen besprochen, die generelle Zusammenarbeit in Hauskonferenzen organisiert. Die Zuständigkeit wird für Polizei und Staatsanwaltschaft einheitlich nach dem Wohnortprinzip behandelt. Die Jugendgerichtshilfe wird noch während der Ermittlungen tätig, um eine rasche Beurteilung der Täterpersönlichkeit zu ermöglichen. Sie sorgt darüber hinaus dafür, dass andere Institutionen und soziale Dienste frühzeitig informiert und eingeschaltet werden. Die Ausgestaltung der Zusammenarbeit im Haus des Jugendrechts führt zu einem wichtigen Austausch zwischen den beteiligten Institutionen. Neben dem pädagogisch wichtigen schnellen Abschluss der Verfahren kann so vor allem eine sehr intensive Analyse der Situation des Jugendlichen erreicht werden, die eine individuell passende Reaktion erlaubt. Das Modellprojekt wurde vom 01.06.1999 bis 31.05.2002 wissenschaftlich vom Institut für sozialpädagogische Forschung Mainz e.V. begleitet. Die wissenschaftliche Begleitstudie belegt eindrucksvoll den Erfolg der vernetzten Zusammenarbeit der beteiligten Behörden im Haus des Jugendrechts. Mit dem vorliegenden Antrag beauftragt der Rat die Verwaltung auch in Köln dieses erfolgreiche und sinnvolle Instrument gegen Kinder- und Jugendkriminalität einzurichten.

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