Sterck: Mit großen Schritten vorwärts gehen
08.11.2017 Reden FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln
Rede von Ralph Sterck, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln, anlässlich der Verabschiedung des städtischen Haushaltes 2018 am 07.11.2017
Verehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Halbzeit
2014 begann die aktuelle Wahlperiode des Stadtrates. Sie endet 2020. Somit ist 2017 „Bergfest“. Anlass, eine Halbzeitbilanz zu ziehen, Erfolge und Niederlagen gegenzurechnen und einen Ausblick in die Zukunft zu wagen.
Die politische Lage in Köln hat sich mit und seit der KölnWahl 2014 massiv geändert. Das rot-grüne Ratsbündnis war verschlissen und scheiterte nach 10 Jahren spätestens mit der Aufstellung von Henriette Reker als Oberbürgermeisterkandidatin. Ihr Unterstützerbündnis insbesondere aus CDU, Grünen und FDP war erfolgreich und fördert seither weitestgehend die Arbeit der OB.
In der Folge wurde ein schwarz-grünes Kernbündnis geschlossen, mit dem die Freien Demokraten z.B. bereits den Doppelhaushalt 2016/17 verabschiedeten. Das zeigt, dass die FDP Verantwortung übernimmt, ohne sich einem Koalitionszwang beugen zu müssen.
Liberale Erfolge
In den vergangenen 41 Monaten konnte die FDP einige inhaltliche Erfolge verbuchen. So wurde die Teilinbetriebnahme Süd der Nord-Süd-Stadtbahn realisiert, deren Start im Dezember 2015 bis zuletzt fraglich war. Auch der Bau der neuen Rheinbrücke zwischen Porz-Langel und Godorf stand zwei Mal auf der Kippe und wurde in beiden Fällen durch Initiativen der FDP gesichert.
Im Rahmen der Neuausweisung von Wohnbauflächen sind die Liberalen besonders stolz, den neuen Stadtteil Kreuzfeld im Kölner Norden, die Nutzung des Bauwagenplatzes an der Krefelder Straße und die Erweiterung des Mediaparkes durchgesetzt zu haben. Zusätzlich birgt die Wiederbelebung des Baulückenprogramms ein Potential von 15.000 Wohnungen bis 2030.
Unerlaubt Eingereiste sollen künftig auf die Zuweisungsquote angerechnet werden. Die Frauenhäuser konnten finanziell gesichert werden, erhalten einen barrierefreien Neubau und den Zugang für Jungen ab 12 Jahren, um diese nicht von ihren Müttern trennen zu müssen. Grundschulen bekommen künftig 2-fach Turnhallen statt Gymnastikhallen und die Forderungen nach einem zusätzlichen Gymnasium für Lindenthal und dem Erhalt der Friedensschule fanden eine Mehrheit.
Der Abriss der Hallen Kalk konnte verhindert werden und die Planungen für die Umwandlung des Deutzer Hafens zu einem urbanen Gebiet für Wohnen und Arbeiten schreitet voran, auch wenn die FDP zuvor über Jahre mit entsprechenden Initiativen gescheitert war. Die Erweiterung des FCs am Geißbockheim konnte durchgesetzt und eine Brexit-Task-Force eingerichtet werden.
Liberale Handschrift
Dass wir heute hier den Haushalt 2018 verabschieden, ist ein weiteres Beispiel für unser erfolgreiches Wirken, denn die rechtzeitige Einbringung des Haushaltsplanentwurfes für das kommende Jahr fordere ich seit meiner Zugehörigkeit zu diesem Gremium im Jahr 1999.
CDU, Grüne und FDP sowie die Ratsgruppe GUT haben zusammen ein Haushaltsbündnis für 2018 gebildet. Die Verhandlungen waren nicht immer leicht, aber vom Wunsch geprägt, gemeinsam Köln voranzubringen. Die FDP dankt den anderen Verhandlungspartnern für die vertrauensvolle und überaus konstruktive Zusammenarbeit.
Ich denke, man darf durchaus erwähnen, wem die aktuell gute Haushaltslage zu verdanken ist. Nämlich in erster Linie den sehr erfreulichen Gewerbesteuerzahlen, die von den Unternehmen und den fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erwirtschaftet wurden. Herzlichen Dank!
Nicht alle unserer Forderungen konnten wir umsetzen. So konnte die vergleichsweise gute finanzielle Situation der Stadt nicht genutzt werden, um die viel zu bürokratische und imageschädigende Bettensteuer wieder abzuschaffen.
Auch ist der versprochene Sparhaushalt schon in der Vorlage der Verwaltung ausgefallen. Dem Sprichwort „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ wurde nicht Folge geleistet. So wird der Aufschlag für die städtischen Finanzen beim nächsten „Schnupfen“ für die Konjunktur oder bei leichten Veränderungen an der Zinslage umso schmerzhafter.
Und auch der Personalstand ist auf Rekordhöhe. Die IHK mahnt dazu in ihrer Stellungnahme: Es gilt, „auf der Basis eines aufgabenkritischen Verfahrens den Personalaufwand strukturell zu begrenzen.“
In einer Zielrichtung waren sich aber alle Partner einig: Wir wollen Köln besser gestalten. In den geplanten Haushaltsänderungen für die Stadt Köln möchte ich folgende gemeinsam getragenen Entscheidungen besonders hervorheben.
Köln muss in punkto Sauberkeit und Sicherheit Vorbild sein. Der bauliche Zustand von Schultoiletten sagt viel aus, welches Vorbild die Stadt in Sachen Sauberkeit für Kinder und Jugendliche sein will. Darum haben wir ein Programm in Höhe von 1,4 Mio. Euro für die Instandsetzung von Schultoiletten aufgesetzt.
Der vom ehemaligen Stadtdirektor durchgesetzte abstruse Beschluss, die Fenster in Kitas, Schulen und Verwaltungsgebäuden in Köln nur noch außen zu reinigen, wird wieder abgeschafft. Ab 2018 werden, wie sonst üblich, in öffentlichen Gebäuden der Stadt die Fenster wieder von außen und innen gereinigt. Das Reinigungsintervall wird zusätzlich von 15 auf 12 Monaten reduziert.
Die Beleuchtung von Wegen soll mehr Sicherheit schaffen. So wurde die Beleuchtung entlang der B8 in Flittard und Stammheim bereits beschlossen. Nun soll auch der Fuß- und Radweg entlang der Bahntrasse parallel zur Luxemburger Straße zwischen Militärring und Stadtgrenze beleuchtet werden.
Köln muss sein Stadtbild pflegen und erneuern. Dafür bedarf es eines Ortes der Präsentation von neuen Stadtentwicklungsideen aus Wettbewerben und anderen Verfahren am Stadtmodell im Rathaus.
Unrentierliche Flächen, die das Stadtbild verschandeln, sollen mit einem Stadtbildfonds aufgekauft werden.
Das Reiterstandbild auf dem Heumarkt soll nun endlich vollendet werden.
Die Sanierung der Römischen Mauer ist zügig in Angriff zu nehmen. Dafür stellen wir zusätzliches Personal zur Verfügung.
Es wird einen Ideenwettbewerb für die Präsentation der Städtepartnerschaften im Stadtbild geben.
Wir investieren durch Aufstockung der Mittel weiter in die Optimierung der Grünpflege inkl. des Straßenbegleitgrüns.
Köln muss in der digitalen Zeit ankommen. Damit folgt die FDP ihrem Motto: Digital first, Bedenken second. Die FDP will mit dem verstärkten Ausbau der öffentlichen WLAN-Infrastruktur Köln in die digitale Zeit bringen. Der Ausbau soll nicht nur in der Innenstadt stattfinden, sondern auch in den Veedeln.
Die Stadtverwaltung muss ihre Dienstleistungen vermehrt digital anbieten. Dafür haben wir Mittel für die Einführung weiterer Online-Verfahren für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen bereitgestellt.
Auch setzen wir uns mit verstärkten Mitteln für den Aufbau eines integrierten, stadtweiten Datenmanagements und den Ausbau der Digitalisierung von Verwaltungsverfahren ein.
Die Gamescom belegt eindrucksvoll, dass Köln immer mehr zu einer Spieleentwicklerstadt mit jungen, kreativen Köpfen wird. Das wollen wir mit einem eigenen Games-Hub für Start-ups unterstützen.
Köln muss seinem Anspruch als Sportstadt gerecht werden. Darum stärken wir sie mit der Abschaffung der Hallennutzungsgebühren sowie der Gebühren für Schwimmzeiten für Sportvereine.
Das Kunstrasenprogramm wird mit 2,5 Mio. Euro sowie mit einer Mehrstelle eines Gartenbauingenieurs im Sportamt für die Umsetzung gestärkt.
Ein Sportanlagenkataster für Sporthallen und -plätze soll aufgebaut werden, damit Verwaltung und Politik darüber Erkenntnisse erhalten, wie es um die Infrastruktur in Köln tatsächlich bestellt ist und um punktgenau steuern zu können.
Köln legt ein Programm von 1 Mio. Euro für die Anschaffung und Reparatur von Sportgeräten und Unterrichtszubehör in Schulen auf. Die verbesserte Ausstattung des Schulsports kommt auch dem Vereinssport in genutzten Hallen zu Gute.
Wir denken beim Sport nicht allein an die Jugendlichen. Ältere Menschen sind heute viel länger aktiv. Deshalb sollen die Sportvereine motiviert werden, sich noch mehr an sportlich aktive Senioren zu wenden. Dafür wird eine Seniorenpauschale für Sportvereine, ähnlich der Jugendbeihilfe, eingeführt.
Auch die Seniorennetzwerke bieten vielfältige Angebote für aktive ältere Menschen von älteren aktiven Menschen. Diese Form der Eigeninitiative unterstützen wir gern mit einem Personalzuschuss für die Servicestelle.
Mit den hier aufgeführten Maßnahmen des Haushaltsbündnisses ist die FDP sicher, Köln besser zu gestalten. Darum wird die FDP mit den nun gemachten Änderungen sehr überzeugt dem Haushalt 2018 zustimmen.
Inhaltliche Niederlagen
Diesen Erfolgsmeldungen stehen aber auch Niederlagen liberaler Politik gegenüber. Am meisten über Kreuz liegen wir mit der Ratsmehrheit in Fragen des Wohnungsbaus, der durch bürokratische Auflagen wie das Kooperative Baulandmodell, Milieuschutzsatzungen, ein städtisches Vorkaufsrecht usw. blockiert wird. Hier wäre eher eine Entfesselung notwendig, um private Investoren zum dringend benötigten Bau von Wohnungen zu bewegen.
Auch in der Verkehrspolitik werfen wir der CDU vor, sich zu sehr von den Grünen dominieren zu lassen. So konnte die Verlegung des Fernbusbahnhofes zum Flughafen nicht mehr verhindert werden und der nördliche Gürtel soll nicht vollendet, sondern nur ein Radweg werden. Auch die Sperrung der Zülpicher Straße für den Autoverkehr in Höhe des Eisenbahnringes und der Verzicht auf die Tiefgarage unter dem Ebertplatz bei gleichzeitiger Vernichtung von fast 500 oberirdischen Parkplätzen in diesem Bereich gehören zu diesen verkehrspolitischen Fehlentscheidungen.
Der nächste Schildbürgerstreich wird gerade vorbereitet, wenn auf den Ringen die Radwege – wie von den entsprechenden Initiativen gefordert – am liebsten erhalten bleiben, die jeweils rechte Fahrspur zur Radfahrstreifen umgewandelt werden und die Wälle zu Fahrradstraßen gemacht werden. Diese Dreifachstruktur in einer Bürgerstadt, deren Verkehrsraum nicht nur endlich, sondern sehr begrenzt ist, wird das Chaos und die Aggression vergrößern.
Und wenn dann noch die Fahrradständer, die am Hohenstaufenring heute friedlich zwischen den Bäumen stehen, mit Gewalt auf die PKW-Stellplätze verlagert werden, dann sieht man, dass es mehr um Ideologie gegen Autofahrerinnen und Autofahrer geht als um die Lösung unserer Verkehrsprobleme. Schade, dass die CDU für so was die Hand hebt.
Daneben werden Beschlüsse durchgesetzt, die dem Standort Köln schaden. In diese Kategorie gehört die Verlagerung des Großmarktes nach Marsdorf und nicht nach Volkhoven/Weiler, der Verzicht auf die Kunst- und Museumsbibliothek beim Neubau des Historischen Archivs und die Absage der Bundesgartenschau 2025. Und zur Reduzierung der Verkaufsoffenen Sonntage sind Verdi und der Katholikenausschuss in der letzten Woche sogar so weit gegangen, die Konsensrunde platzen zu lassen.
Weichenstellung
Die FDP ist bei der Landtagswahl im Mai und bei der Bundestagswahl im September mit jeweils 13,8% und 65.000 bzw. 76.000 Stimmen zwei Mal drittstärkste Kraft in Köln geworden. Dies ist natürlich Ansporn für die KölnWahl im Jahre 2020, einen ähnlichen Erfolg einzufahren.
In den kommenden Monaten hat die Kölner Kommunalpolitik zentrale Themen vor der Brust. Es gilt, den Stadtvorstand wieder voll handlungsfähig zu machen, die Neuaufstellung von Gebäudewirtschaft und Wirtschaftsförderung voranzutreiben, die Ost-West-U-Bahn zu beschließen und den Verzicht auf die Historische Mitte und die Sanierung und Erweiterung des Stadtmuseums an der Zeughausstraße durchzusetzen.
Der Umgang der Oberbürgermeisterin und des schwarz-grünen Kernbündnisses u.a. mit diesen Fragestellungen und den liberalen Antworten dazu werden ausschlaggebend sein für die weitere Positionierung und den Verbleib der FDP im Reker-Bündnis. 2018 kommt es zur entscheidenden Weichenstellung in Richtung OB- und KölnWahl 2020.
Die Leistungsbilanz der Oberbürgermeisterin, die Anfang 2018 das Bergfest dieser Amtszeit feiert, und von Schwarz-Grün in den zentralen Fragen der Stadt, reicht noch nicht, um sich 2020 guten Gewissens vor die Wählerschaft zu stellen. So werden in Fragen beim Wohnungsbau und der verkehrlichen Infrastruktur lieber ideologischen Träumereien nachgegangen, als das Notwendige im notwendigen Tempo für eine erfolgreiche Metropole zu tun.
Lassen Sie mich mit einem Zitat schließen: „Die einzelnen Bürger gehen vorüber, aber die Städte bleiben. Die Stadt Köln besteht seit den Römerzeiten und ich halte es für einen unrichtigen Egoismus, wenn man es versäumt, die Zukunft der Stadt sicherzustellen... Die Stadt Köln steht zur Zeit in einer Entwicklungsperiode, wie sie nicht so leicht wieder kommen wird. In solchen bedeutungsvollen Zeiten darf man nicht mit kleinlichem Maße messen, sondern man muss mit großen Schritten vorwärts gehen, wenn man von der Zukunft nicht überholt werden und bald zu der Einsicht kommen will, dass man das Nötige nicht zur rechten Zeit oder nicht im vollen Umfang getan hat.“
Die Worte stammen vom Kölner Oberbürgermeister Wilhelm von Becker und sind vom 27.10.1887 – also genau vor 130 Jahren – unter der Überschrift „Mit großen Schritten vorwärts gehen“ anlässlich der bevorstehenden Eingemeindungen überliefert. Sie haben an Aktualität nichts eingebüßt.
Becker war von 1886 bis 1907 Oberbürgermeister dieser schönen Stadt. In seine Amtszeit fielen u.a. die Gründung der Handelshochschule Köln als Vorläuferin der Universität, der Bau eines Rheinauenhafens sowie die Einführung der elektrischen Straßenbahn.
Seine Worte wurden mir vom Kölner Bürger Peter Karius geschickt, der sich Sorgen macht, dass bei der Ost-West-Achse zu kleinlich entschieden wird.
Wir Freie Demokraten wollen – ganz im Sinne von Oberbürgermeister Becker – das Wachstum Kölns gestalten und nutzen, um Köln auch qualitativ zu neuer Größe und zu neuem Strahlen zu bringen. Dafür reichen wir allen Kräften in Rat und Verwaltung, die ebensolches wollen, die Hand. Lassen Sie uns gemeinsam ein mobiles und bezahlbares, ein saubereres und sichereres, ein lebens- und liebenswerteres Köln schaffen.
Vielen Dank.