Sterck: "FDP hat Lektion gelernt!"

23.03.2002 Meldung FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

Malte Vogler, freier Journalist, interviewt Ralph Sterck, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Kölner Stadtrat, zum Spendenskandal in der Kölner SPD. Vogler: Kann man Korruption verhindern? Sterck: Endgültig nicht. Schwarze Schafe gibt es überall – auch in Bereichen, die mit Strafe bedroht sind. Trotz Strafandrohung kommt es aber immer wieder zu Überschreitungen. Daher glaube ich nicht, dass man Korruption verhindern kann. Vogler: Welche Mechanismen lassen sich wirksam gegen Korruption einsetzen? Sterck: Wir fordern, dass das städtische Rechnungsprüfungsamt auch bei städtischen Gesellschaften prüfen kann. Dadurch, dass wir immer mehr aus der Verwaltung in eigene Gesellschaften ausgelagert haben, hat der Rat nicht mehr die erforderliche Kontrollmöglichkeit. Zwar sind einige Kommunalpolitiker in den Aufsichtsgremien, aber häufig können sie ihre Kontrollfunktion gar nicht bis ins Detail wahrnehmen. Die AVG wird jetzt mit Zustimmung des Aufsichtsrates durch das Rechnungsprüfungsamt geprüft. Dieses Instrument wollen wir fest installieren und auf alle städtischen Gesellschaften ausweiten. Eine zweite Maßnahme ist die Einrichtung eines Ehrenrates, den wir schon als Folge des Heugel-Skandals gefordert haben. Der Ehrenrat soll als relativ kleiner Ratsausschuss tagen und mit sachverständigen, honorigen Bürgern und Bürgerinnen zusammengesetzt werden. Dort können dann solche Dinge offengelegt und bewertet werden. Für die SPD macht das die Schmude-Kommission. Für den Rat mag es vielleicht auch so was geben. Da hätte ich mir einen Ehrenrat gewünscht, mit dem wir uns bisher nicht durchsetzen konnten. Wir werden aber weiter daran arbeiten. Mit einem Ehrenrat ließen sich beispielsweise Vorwürfe, die jetzt gegen den Kollegen Bietmann oder mich wegen wirtschaftlicher Verflechtungen mit städtischen Auftraggebern erhoben werden, klären. Da jeder wirtschaftlich aktiv ist, könnte man solche Vorwürfe im Vorfeld untersuchen und beraten. Vogler: Welche Konsequenzen zieht die FDP aus den vergangenen Wochen? Sterck: Die FDP hat ihre Lektion vorher schon gelernt. Wir haben im Zuge der Flick-Affäre mit Lambsdorff politisch schon viel für Unregelmäßigkeiten bei Spenden bezahlt. Daher ist bei der Kölner FDP schon ein ganz anderer Kurs gefahren worden. Unsere Schatzmeister haben in der Vergangenheit die Parteifinanzen von Spenden unabhängig gemacht. Das ist auf dem Rücken der Mitglieder in Form höherer Mitgliedsbeiträge ausgetragen worden. Insofern ist der laufende Geschäftsbetrieb, also auch die Wahlkampagnen, immer von den Mitgliedern finanziert worden. Daher müssen wir nichts ändern, sondern es ist alles schon sehr gut organisiert. Vogler: Glauben Sie, dass diese Wochen einmalig bleiben? Sterck: Man sieht ja jetzt an verschiedenen Städten in Nordrhein-Westfalen, dass es keine einmaligen Vorgänge sind, die es hier in Köln gegeben hat. Das liegt auch daran, dass natürlich gerade in Nordrhein-Westfalen ein wichtiges Instrument der Demokratie nicht so richtig funktioniert: der demokratische Wandel. Wenn in Kommunen seit Jahrzehnten die gleiche Partei regiert, verlieren die Handelnden schon mal aus dem Auge, dass sie die Macht nur vorübergehend von den Bürgerinnen und Bürgern erhalten haben. Und deswegen glaube ich, dass dies kein einmaliger Vorgang ist. Ich glaube, dass da noch mehr Dinge kommen, die jetzt unter den aktuellen Ereignissen noch nicht gesehen worden sind. Das sagt ja auch Herr Biciste, der behauptet, ihm sei erst mit der Kohl-Affäre bewusst geworden, dass er selbst in den Jahren davor etwas falsch gemacht hat. Wahrscheinlich reflektieren einige ihr Verhalten aus der Vergangenheit vor dem Hintergrund dieses Skandals neu. Da wird noch das eine oder andere ans Tageslicht kommen. Vogler: Wie stehen Sie zu dem Satz von Roman Herzog: Durch Deutschland muss ein Ruck gehen? Sterck: Ein Ruck geht ja auf jeden Fall. Man weiß nur nicht, ob das ein Ruck oder Schock ist. Im Moment ist man sehr gelähmt, weil man nicht weiß, wie es weiter geht und jeden Tag neue Dinge in der Zeitung stehen. Die SPD-Spendenaffäre wird die Kölner Kommunalpolitik und auch die sonstige Politik nachhaltig verändern. Vogler: In welche Richtung? Sterck: Die Kölner SPD wird sich noch radikaler verändern. Dort ist ein radikaler Generationenwechsel eingeleitet worden, der noch bis vor kurzem nicht entschieden war. Die Entscheidung, wer der Kölner SPD vorsteht, ist jetzt geklärt. Und je nachdem wie viel der aktiven Ratsmitglieder oder SPD-Mitglieder auf der Strecke bleiben, wird sich das Gesicht der SPD schon nachhaltig verändern. Unklar ist außerdem, inwieweit die neue SPD bei der nächsten Kommunalwahl von ihren Wählerinnen und Wählern noch einmal abgestraft wird. Vogler: Bringt die Spendenaffäre die FDP näher an die 18-Prozent-Marke heran? Sterck: Ich weiß nicht, inwiefern sich unsere Wähler davon beeinflussen lassen. Ich glaube, die Spendenaffäre wird der FDP eher nutzen als schaden. Wir sind weder in die Kohl-Affäre noch in die jetzige Spendenaffäre involviert. Und dann kann man die FDP auch als saubere, transparente Alternative präsentieren. Es kann sein, dass sich der eine oder andere Wähler überlegt, FDP zu wählen.

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