Verhältnis vom Staat zu seinen Bürgern ist in völliges Ungleichgewicht geraten

Interview mit Maria Westphal

09.02.2025 Meldung FDP-Kreisverband

Das plötzliche Koalitionsende in Berlin hat viele Liberale im Rest der Republik im wahrsten Sinne des Wortes „kalt erwischt“, beschert uns das doch jetzt auch einen Wahlkampf mitten im Winter. Freuen Sie sich schon aufs Flyern im Schnee?

Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen (lacht). Nein, im Ernst: Flyern im Schnee, Wahlkampfstände in der Kälte: es wird für alle Wahlkämpfer eine große Herausforderung. Es ist einfach auch schwieriger, die Menschen n dieser Jahreszeit zu erreichen. Ich setze deswegen auch vor allem auf digitale Inhalte, das hat sich in den letzten Wahlkämpfen bewährt. Aber: natürlich werden wir das eine tun und das andere nicht lassen. Ich bin happy, dass die Partei gerade zeigt, wie viel Energie in ihr steckt. Wir werden nichts unversucht lassen und bis zum 23. Februar alles geben, damit unsere FDP weiterhin im Deutschen Bundestag vertreten ist.

Als Spitzenkandidatin der Kölner Liberalen werden Sie ja jetzt besonders viel zu tun haben. Wie sieht es denn aktuell in ihrem Terminkalender aus? 

Da ist bis zum Wahltag nicht mehr viel Platz – ich werde natürlich jeden Tag unterwegs sein. Ich freue mich auf spannende Begegnungen und einen hoffentlich fairen Wettbewerb unter den Mitbewerberinnen und Mitbewerbern.

Die Wirtschaftswende ist das zentrale Wahlkampfthema der FDP. Wie würde die sich denn in Köln und im Rheinland bemerkbar machen? 

Wenn ich mit Unternehmerinnen und Unternehmern spreche, wird eigentlich immer zuerst die überbordende Bürokratie genannt, die die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen extrem beeinträchtigt. Die Berichtspflichten und bürokratischen Auflagen sind längst zu einem Standortnachteil geworden. Christian Lindner hat den mir sehr sympathischen Vorschlag gemacht, einfach mal alle bürokratischen Berichtspflichten abzuschaffen. Man könnte im Anschluss diejenigen wieder einführen, die wirklich jemand vermisst hat. Ich vermute, das wären nicht viele. Alle 260.000 Unternehmen in unserer Region würden die Wirtschaftswende also spüren. Wir wollen außerdem Unternehmenssteuern senken, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Auch die Bildungspolitik steht auf der liberalen Agenda ganz weit oben. Als Lehrerin haben Sie auch beruflich täglich damit zu tun. Was muss sich aus Ihrer Sicht konkret ändern? 

Wir müssen in Zukunft politisch wieder dafür sorgen, dass in unserem Land die Rahmenbedingungen stimmen. Das heißt, dass der Staat seine grundlegenden Aufgaben erfüllt, die Bürger an anderen Stellen aber auch einfach mal wieder machen lässt. Bildung ist deswegen ein elementarer Teil unserer Wirtschaftswende, weil sie für Durchlässigkeit in unserer Gesellschaft sorgt. Wenn Kinder von Anfang an hinterherhinken, weil in den Kitas ständig Notbetreuung und keine qualitativ hochwertige Vorbereitung auf die Schule stattfindet, dann müssen wir genau da ansetzen. Wir wollen deswegen unser Startchancenprogramm auf die Kitas ausweiten. Sprachförderung soll hier im Fokus stehen. Ziel muss es sein, dass in Zukunft möglichst keine Kinder mehr in die Schule kommen, die kaum oder gar kein Deutsch sprechen.

Auf einem FDP-Plakat heißt es: „Vater Staat ist nicht dein Erziehungsberechtigter.“ Heißt soviel wie, er soll sich aus meinem Privatleben raushalten und mir keine Vorschriften machen? Wieviel Staat brauchen wir denn? 

Das Verhältnis vom Staat zu seinen Bürgern ist meines Erachtens in ein völliges Ungleichgewicht geraten. Wir haben ein Dickicht an Vorschriften, mit dem Ziel, für möglichst jeden Einzelfall Regelungen zu haben. Das zeigt auch die steigende Anzahl der Rechtsverordnungen. Ganz ehrlich: es sind zum Großteil überkomplexe Regelungen für jedwede Eventualität. Es ist ja gar nicht mehr so einfach, sich als Handwerker, privater Vermieter oder auch als Ehrenamtler gesetzeskonform zu verhalten. Wenn man das Gefühl bekommt, dass man für beinah jeden Verwaltungsgang eine juristische Beratung benötigt, der Staat es aber gleichzeitig nicht hinbekommt, mir zeitnah einen neuen Personalausweis auszustellen, dann muss sich dringend etwas ändern.

Was haben Sie auf Ihrer Themenliste als ersten Punkt stehen, wenn das Wahlergebnis Sie in den Bundestag entsenden sollte? 

Meine Herzensthemen sind Bildung, Integration und Sport, am liebsten alles miteinander kombiniert. Mal sehen, wo ich mich in der kommenden Fraktion am besten einbringen kann und darf, das muss man ja erstmal sehen, wenn man neu dazukommt. Meine Themen zielen alle darauf ab, in unserer Gesellschaft unsere gemeinsamen Werte, die unser großartiges Grundgesetz definiert, wieder fester zu verankern und klarer einzufordern. Wer hier leben möchte, muss sich an unseren Werten orientieren. Antisemitismus, Queerfeindlichkeit, Missachtung von Frauen – all das dürfen wir nicht zulassen, denn sonst stirbt unsere Demokratie Stück für Stück.

Eine persönliche Frage zum Schluss: Haben Sie einen Lieblingsplatz in Köln?

Ich liebe es, im Sommer am Rhein zu sitzen. Gern auf der Schäl Sick mit Blick auf den Dom. Bei mir löst das Gefühle von Heimat und Verbundenheit aus. Das empfinde ich ansonsten nirgendwo auf der Welt so wie am Rhein.

Herzlichen Dank für das Gespräch.
[Das Gespräch führte Stephan Wieneritsch.]

Maria Westphal wurde 1984 in Recklinghausen geboren. Nach dem Abitur studierte sie an der TU Dortmund Germanistik und Sport sowie Deutsch als Zweit-/Fremdsprache mit Schwerpunkt Türkisch für das Lehramt. Sie arbeitet an einem Kölner Berufskolleg im Bereich Verkehrswesen. Sie lebt mit ihrer Familie in Ehrenfeld.

Für die FDP-Fraktion in Köln ist sie Mitglied im Ausschuss für Schule und Weiterbildung. Sie leitete als Vorsitzende mehrere Jahre den Landesfachausschuss „Weltbeste Bildung“der FDP NRW und gestaltete dort das Programm der Freien Demokraten im Bildungsbereich entscheidend mit. Sie kandidierte 2017 und 2022 zur Landtagswahl im Wahlkreis Ehrenfeld. Seit 2020 ist sie stellvertretende Vorsitzende der FDP Köln. Zudem ist sie Mitglied des Bezirks- und Landesvorstandes der FDP NRW.

Maria Westphal engagiert sich neben der Schulpolitik insbesondere in den Bereichen Sport und Diversity. In der Stadt-AG Queerpolitik der Stadt Köln ist sie für die FDP-Fraktion beratendes Mitglied. Ihr Herzensanliegen ist der Einsatz für eine freiheitliche,
vielfältige und offene Gesellschaft.

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Maria Westphal

Maria Westphal

Stellv. Vorsitzende des FDP-Kreisverbands Köln

Sachkundige Einwohnerin im Schulausschuss, Queerpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Mitglied des Bezirksvorstandes der FDP Köln, Mitglied des Landesvorstandes der FDP NRW

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