"Ach, Brakelsiek"

„…oder so“ – die Kolumne von Maren Friedlaender

29.07.2017 Meldung FDP-Kreisverband Köln

Wenn ein Dorf, das Sie nicht kennen, in der Nähe einer Stadt liegt, die Sie auch nicht kennen, dann sind Sie in Brakelsiek bei Schieder-Schwalenberg. Deutsche Provinz. Nichts gegen Provinz, da kommen tolle Leute her, zum Beispiel…? Fällt mir gerade keiner ein, aber das liegt an mir.

Aus Brakelsiek jedenfalls kommt unser derzeitiger Bundespräsident. Damit man gleich merkt, wie verwurzelt der Steinmeier in seiner Lippeschen Gegend ist, sitzt er für das ZDF-Sommerinterview mit Frau Schausten an einem Ikea-Biertisch, Eiche hell, Modell „Brakel“ über den Dächern von Brakelsiek und verkündet gleich mal, dass er aus kleinen Verhältnissen stammt. Das Bekenntnis darf nie fehlen bei den Sozis. Stallgeruch!

Steinmeier korrekt im dunklen Anzug, ganz Staatsoberhaupt, obwohl die Szenerie eher nach Wochenend und Sonnenschein aussieht. Aber seien wir dankbar, dass uns der Buprä mit seiner Freizeitkleidung verschont. Nur mit Grausen erinnere ich mich an die beigen Sommerinterview-Windjoppen von Helmut Kohl am Wolfgangsee. 

Zurück nach Brakelsiek, wo ZDF-Redakteurin Bettina Schausten bei einer lauwarmen Selters medium ebenso lauwarme Fragen stellt oder besser gesagt, GEZ-finanzierte Stichwortgeberin spielt für den auf einer Bierzeltbank, Marke „Brakel robust“, hockenden Steinmeier. Das Geländer, oben Edelstahl poliert, unten Glas entspiegelt, ermöglicht den Blick auf Brakelsiek zu werfen, während die hypotaktischen Sätze des Präsidenten so monoton auf einer Frequenz dahinfließen wie irgendwo unten die Lippe. Das ist ein Fluss.

Die beiden sitzen also oberhalb. Nicht unten bei de Leut, wie der Beck Kurt sagen würde. Oben, über Brakelsiek, da wird so Schausten-sanft gefragt, dass sogar die Tischplatte „Brakel" gelangweilt gähnt und der Bundespräsident im Anzug mit der Antrittskrawatte nochmals Karl Jaspers zitieren darf, wie schon oft, den Satz mit der Heimat, „die da ist, wo ich verstehe und verstanden werde“. Es jauchzen die deutschen Intellektuellen. Gnade, oh Herr, er kennt den Jaspers. 

Vor allem aber wird über die Türkei geredet und ich denke: Komisch, der Steinmeier ist doch unser Buprä und nicht der Türken ihrer und konzentriere mich enttäuscht wieder auf das Setting: In der mächtigen Scheune im Hintergrund, da sollen die letzten Hexenverbrennungen stattgefunden haben, bis endlich Steinmeier Juso-Vorsitzender in Brakelsiek wurde und das stoppte.

Also, wenn ich Bundespräsidentin werde, die erste in Deutschland, und mein Sommerinterview gebe, dann lass ich es krachen. Und zwar richtig. Dann wird alle fünf Minuten ein Gläschen Champagner nachgeschenkt und ich fläze im Gucci-Fummel mit Ingo Zamperoni in der Hollywood-Schaukel. Wir qualmen Zigaretten mit Goldfilter und kurze Sätze knallen in deftiger Sprache. Mindestens. Oder Adlon, Franziskaner, Schloss Bensberg. Wenn schon Land ohne König, dann wenigstens ein bisschen Glanz, das mögen die Leut doch oder so...

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Maren Friedlaender

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