Änderungsantrag zu TOP 4.1 „Satzung über die Durchführung von Bürgerentscheiden"

Änderungsantrag von SPD und FDP im Ausschuss Bürgerbeteiligung, Anregungen und Beschwerden

23.09.2024 Anträge FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

Beschluss:

Der Ausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Köln, die Neufassung der Satzung über die Durchführung von Bürgerentscheiden und Ratsbürgerentscheiden mit folgenden Änderungen zu beschließen:

  1. § 2 Abs. 1: Die Abstimmung findet an einem Sonntag statt. Der Abstimmungstag wird vom Rat bestimmt. Insofern der Rat in zeitlicher Nähe zu einer bevorstehenden Wahl beschließt, dass ein Bürgerentscheid stattfindet, ist der Bürgerentscheid an demselben Tag wie die Wahl durchzuführen, insofern alle notwendigen Fristen eingehalten werden können.
     
  2. § 2 Abs. 3: Für Abstimmungen, die mit einem Wahlereignis zusammenfallen, soll hat der Rat die Abstimmungszeit der Wahlzeit anzugleichen. Die Möglichkeiten der Stimmabgabe für Abstimmung und Wahl sind dieselben.
     
  3. § 2 Abs. 4: Fällt der Bürgerentscheid nicht mit einem Wahlereignis zusammen, kann der Rat festlegen, dass die Abstimmung ausschließlich durch Abstimmungsschein per Brief sowie an einem Sonntag per Urne in wenigstens den städtischen Kundenzentren erfolgt.
     
  4. § 3 Abs. 2: Die Abstimmungsleitung teilt das Abstimmungsgebiet in Stimmbezirke ein. Finden gleichzeitig Wahlen statt, sollen die Stimmbezirke für Abstimmung und Wahl dieselben sein. Im Falle des Auseinanderfallens der Stimmbezirke ist sicherzustellen, dass das Lokal für Wahl und Abstimmung dasselbe ist.
     
  5. § 5 Abs. 2: Die Benachrichtigung enthält neben den Angaben nach § 13 Kommunalwahlordnung folgende Angaben:

- den Text der zu entscheidenden Frage des Bürgerbegehrens,

- den Hinweis auf die Information nach Absatz 3 und deren Fundstelle

- mindestens für Dauer von 5 Jahren ab Inkrafttreten dieser Satzung einen kleinen Flyer mit einer kurzen und sachlichen Information über die Abstimmung sowie den Abstimmungsempfehlungen (inkl. kurzer Begründung der JA/NEIN-Voten) der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens, der Fraktionen im Rat und der Oberbürgermeisterin/des Oberbürgermeisters sowie auf Verlangen einzelner Ratsmitglieder bzw. Gruppen von Ratsmitgliedern ohne Fraktionsstatus und Sondervoten einzelner Ratsmitglieder,

- einen QR-Code zu der Website der Stadt, wo diese und weitergehende Informationen (insbesondere Begründungen der Abstimmungsempfehlungen) zum Bürgerentscheid digital zur Verfügung stehen, und die Fundstellen (Link zur Website, Auslage in städtische Kundenzentren).

  1. § 5 Abs. 3 (Ergänzung): Die vorstehenden Informationen werden auf der Website der Stadt Köln auch in leichter Sprache veröffentlicht.
     
  2. § 5 Abs. 5 (Ergänzung): Spätestens zum Zeitpunkt gemäß Abs. 3 informiert die Verwaltung die Bürgerinnen und Bürger über das Stattfinden der Abstimmung und deren Thema und teilt die Informationen zu Abstimmungsmöglichkeiten auf ihrer Website, allen von ihr genutzten Social-Media-Kanälen sowie auf den öffentlichen Werbeflächen, die auch für andere Angelegenheiten von der Verwaltung bespielt werden.
     
  3. Darüber hinaus wird die Verwaltung beauftragt, einen Leitfaden „Bürgerbegehren und Bürgerentscheid“ für Bürgerinnen und Bürger mit allen wesentlichen Informationen zur Planung und Durchführung zu gestalte. Der Leitfaden ist auch in leichter Sprache zu verfassen und online sowie in allen städtischen Kundenzentren verfügbar zu machen.
     

Begründung:

Insbesondere in Zeiten des Erstarkens antidemokratischer Bewegungen und zunehmender Politikverdrossenheit sind Beteiligungsstrukturen für die Bürgerinnen und Bürger zu fördern. Der Eindruck „von oben herab“ reagiert oder verwaltet zu werden, ist unbedingt zu vermeiden. Mitbestimmung, Einbindung in demokratische Entscheidungsprozesse und Transparenz stärkt das Vertrauen in unsere Demokratie.

Das Ansetzen des Rotstifts bei dem für direkte Demokratie bedeutendsten und verfassungsrechtlich verankerten Instrument der Bürgerinnen und Bürger im politischen Entscheidungsfindungsprozess ist inakzeptabel, nicht erforderlich und schadet Vertrauen und Akzeptanz der Kölnerinnen und Kölner.

Bürgerentscheide sind keine Wahlen zweiter Klasse. Die Staatsgewalt wird vom Volke aus in Wahlen und Abstimmungen ausgeübt, vgl. Art. 20 GG. Bürgerentscheide, direkte Sachentscheidungen der Bürgerinnen und Bürger, schlechter zu stellen als Wahlen, wird echter Bürgerbeteiligung nicht gerecht.

Bis es von einer Idee über ein Bürgerbegehren zu einem Bürgerentscheid kommt, sind viele Hürden zu nehmen: In den letzten Jahrzehnten in der Kölner Geschichte gab es keinen einzigen Bürgerentscheid: Bei der Entscheidung über die Zukunft der Kölner Oper hat der Rat ohne Bürgerentscheid entschieden und auch die Entscheidung über den Ausbau des Godorfer Hafen erfolgte nicht im Rahmen eines Bürgerentscheids, sondern über eine Einwohnerbefragung.

Bürgerbeteiligung ist zu stärken, nicht zu schwächen. Die Hürden der Teilhabe sind für die Kölnerinnen und Kölner möglichst niedrigschwellig auszugestalten. Im Einzelnen:

  1. Sobald ein Wahlereignis zeitlich mit einem Abstimmungsereignis über einen Bürgerentscheid zusammenfällt, ist zum Wahltag zwingend auch über den Bürgerentscheid abzustimmen. Für die Bürgerinnen und Bürger stellt eine zusätzliche Hürde für die Beteiligung an Wahlen und Abstimmungen dar, wenn diese Ereignisse kurz hintereinander stattfinden. Dies sorgt für Verwirrung und das eine oder das andere wird auf der Strecke bleiben. Die von MEHR DEMOKRATIE e.V. durchgeführten Untersuchungen zeigen in aller Deutlichkeit, dass die Abstimmungsbeteiligung um ein Vielfaches höher ist, wenn gleichzeitig ein Wahlereignis stattfindet und die Stimmen für die Wahl und die Abstimmung gleichzeitig abgegeben werden können. Es gibt keinen Grund, die beiden Ereignisse zu trennen, sofern alle notwendigen Fristen eingehalten werden können. Dies wird durch die Ergänzung dargestellt.
     
  2. Die Abstimmungszeit ist der Wahlzeit – wie in der früheren Satzung – bei gleichzeitig stattfindenden Wahlen und Abstimmungen zwingend anzugleichen. Auseinanderfallende Zeiträume/Uhrzeiten verwirren die Bürgerinnen und Bürger und beeinflussen die Beteiligung negativ.
     
  3. Die Statistik zeigt, dass zwar immer mehr Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt per Briefwahl wählen, aber dennoch über 50 % weiterhin an der Urne ihre Stimme abgeben (vgl. Europawahl 2024 in Köln, Kölner Statistische Nachrichten 10/2024). Bürgerentscheide sind keine Wahlen zweiter Klasse. Deshalb ist zwingend sicherzustellen, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht ausschließlich per Brief bei einem Bürgerentscheid abstimmen können, sondern weiterhin die persönliche Stimmabgabe als Alternative bestehen bleibt.

    Insofern die Abstimmung mit einem Wahlereignis zusammenfällt, wird dies bereits dadurch gewährleistet, dass die Stimmabgabe für das Bürgerbegehren analog zu der Stimmabgabe für das Wahlereignis ausgestaltet wird: Bürgerinnen und Bürger können per Briefwahl, per Urnenwahl im Wahllokal oder per Direktwahl in den Kundenzentren der Stadt Köln wählen und abstimmen. Dies sorgt für einen Gleichklang der Wahl- und Abstimmungsmethoden.

    Fällt ein Bürgerentscheid nicht zeitlich mit einem Wahlereignis zusammen und entscheidet der Rat sich gegen eine Durchführung analog einer Wahl, ist die Briefwahl so auszugestalten, dass die Abstimmungsunterlagen allen Abstimmungsberechtigten ohne vorherige Antragstellung zugesandt werden, um den Prozess für die Bürgerinnen und Bürger zu vereinfachen. Darüber hinaus ist zwingend die Möglichkeit zu eröffnen, die Stimme gegen Vorlage des Abstimmungsscheins mindestens in jedem städtischen Kundenzentrum an einem Abstimmungstag, einem Sonntag, per Urne abzugeben. Damit wird Abstimmungsberechtigten weiterhin mit vertretbarem Aufwand, die Möglichkeit eröffnet, per Urne abzustimmen.
     
  4. Bei gleichzeitig stattfindenden Wahlen müssen die Wahlbezirke grundsätzlich dieselben sein wie die Stimmbezirke. Es ist zu erwarten, dass falls ein Wahlereignis gleichzeitig mit einem Bürgerentscheid stattfindet, die Bürgerinnen und Bürger den Urnengang miteinander verbinden und gleichzeitig wählen und abstimmen.

    Eine Regelung, die dazu führen kann, dass Bürgerinnen und Bürger wegen verschiedener Stimmbezirke unterschiedliche Lokalitäten aufsuchen müssen, um ihre Stimme für beide Ereignisse abzugeben, sorgt für Verwirrung, erschwert die Wahl- und Abstimmungsbeteiligung und ist daher unbedingt zu vermeiden.

    Sollte es aus zwingenden rechtlichen Gründen notwendig sein, unterschiedliche Stimmbezirke festzulegen, muss jedenfalls das Wahl- und Stimmlokal dasselbe sein, damit die Bürgerinnen und Bürger sich nicht zu unterschiedlichen Orten begeben müssen.
     
  5. Ein kurzer Abstimmungsflyer ist für eine Übergangszeit von mindestens 5 Jahren gemeinsam mit den Abstimmungsunterlagen an die Bürgerinnen und Bürger in gedruckter Form zu versenden.

    Dieser Flyer dient der Information der Bürgerinnen und Bürger über die zu entscheidende Frage, stellt die Auffassung der Initiatorinnen/Initiatoren des Bürgerbegehrens dar und gibt der Verwaltung sowie den Fraktionen und gewählten Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern die Gelegenheit, ihre Position kurz mit ihrem Hauptargument den Abstimmungsberechtigten zu vermitteln. Insbesondere in Zeiten von „Fake News“ ist die amtliche und lückenlose Information wichtig. Diese Informationen bilden die Grundlage für die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger.

    Es ist essenziell, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen niedrigschwelligen Zugang dazu haben und sich ihre Meinung bilden können. Dem wird allein durch die online-Verfügbarkeit auf der städtischen Internetseite sowie der Auslage in Kundenzentren der Stadt nicht ausreichend Rechnung getragen.

    Nicht alle Bürgerinnen und Bürger, insbesondere ältere Generationen, unserer Stadt sind mit Online-Medien ausreichend vertraut und/oder verfügen über einen Zugang zu digitalen Inhalten. Eingeschränkte Mobilität sorgt dafür, dass Menschen nicht ohne Weiteres die Kundenzentren der Stadt Köln aufsuchen können.

    Um der Schonung von Ressourcen und unserer Umwelt gerecht zu werden, soll der postalisch versendete Abstimmungsflyer auf das notwendige Maß eines kurzen Informationsflyers reduziert werden. Weiterführende Informationen sind digital und in den Kundenzentren zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus wird eine Übergangsfrist für die postalische Versendung des Abstimmungsflyers für 5 Jahre festgelegt. Nach Ablauf dieser Zeit ist eine Neubewertung – auch unter Berücksichtigung der fortschreitenden Digitalisierung – vorzunehmen und die Regelung gegebenenfalls anzupassen. Der Flyer ist auf umweltfreundlichem Papier zu drucken.
     
  6. Die Informationen sind außerdem online in leichter Sprache zur Verfügung zu stellen. Damit wird sichergestellt, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger ausreichend informieren können.
     
  7. Die Stadt Köln verfügt über eine gute Onlinepräsenz, insbesondere in den sozialen Medien, und nutzt regelmäßig Werbeflächen in der Stadt. Diese Medien sollen verpflichtend für die Information über das Stattfinden eines Bürgerentscheids und die Abstimmungsmöglichkeiten eingesetzt werden. Die nähere Ausgestaltung der jeweiligen Kampagne wird die Verwaltung in enger Abstimmung mit dem Büro für Öffentlichkeitsbeteiligung vornehmen.
     
  8. Um Bürgerinnen und Bürger weitestgehend bei der Planung und Durchführung von Bürgerbegehren und -entscheiden zu unterstützen, ist die Zusammenfassung aller bestehenden Regelungen in übersichtlicher Form unerlässlich: Die zu beachtenden Regelungen befinden sich in vielen verschiedenen Regelwerken: Verordnung über die Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, Gemeindeordnung NRW, Kommunalwahlgesetz und Kommunalwahlordnung, Bürgerentscheidsdurchführungsverordnung, Satzung der Stadt Köln über die Durchrührung von Bürgerentscheiden und Ratsbürgerentscheiden. Aus diesem Grunde ist von der Verwaltung ein Leitfaden „Bürgerbegehren und Bürgerentscheid“ zu entwerfen und online zu veröffentlichen. Es wird angeregt, neben dem Büro für Öffentlichkeitsbeteiligung auch den Verein MEHR DEMOKRATIE e.V. bei der Gestaltung des Leitfadens miteinzubeziehen. Der Leitfaden ist auch in einfacher Sprache zu veröffentlichen.

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Catherine Schöppen

Catherine Schöppen

Sprecherin für Bürgerbeteiligung

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