Leitbild 2020

15.11.2003 Beschlüsse der Parteigremien FDP-Kreisverband Köln

Der Antrag zum FDP-Kreisparteitag am 15.11.2003 wurde wie folgt beschlossen: Durch den Aufruf des Oberbürgermeisters an die Kölner Bürgerschaft, ein Leitbild für Köln zu erstellen, beschloss der Rats der Stadt dafür ein organisatorisches Gerüst zu schaffen, damit in verschiedenen Diskussionsforen die Kölnerinnen und Kölner ein Leitbild für ihre Stadt entwerfen können. Das Leitbild ist nun nach zwei Jahren fertig gestellt und der Kölner Oberbürgermeister hat es der Öffentlichkeit am 7. November 2003 vorgestellt. Die im Rat der Stadt Köln vertretenen Parteien sollten in diesem Leitbildprozess Zurückhaltung üben bzw. mehr zuhören, als inhaltliche Vorgaben zu machen. Die FDP in Köln hat sich an diesen Vorgaben gehalten, jedoch in jeder Leitbildgruppe mindestens einen Vertreter bzw. eine Vertreterin entsandt und ein Arbeitskreis auf Fraktionsebene installiert, um dem Leitbildprozess mit zu begleiten. Der Arbeitskreis Leitbild stellte unisono fest, dass die Leitbildgruppen tiefgreifend und Ergebnis offen diskutierten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Leitbildforen ging es um das zukünftige Wohl der Stadt. Ideologische Schlachten waren die große Ausnahme. Der Arbeitskreis stellte aber auch zu seinem Bedauern fest, dass durch eine zu große Harmoniebedürftigkeit bzw. durch Ausblenden von kölnspezifischen Knackpunkten das entstandene Leitbild eine Unverbindlichkeit ausstrahlt. Das Leitbild 2020 ist durch Allgemeinplätze („Köln ist die kinderfreundlichste Stadt“ oder „Köln ist eine soziale Stadt“) und durch allgemeingültige Zielsetzungen Köln stärkt seine Attraktivität als Investitionsstandort, Reiseziel und Einkaufsstadt“ oder „ Köln schafft durch die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft Wachstum und Arbeitsplätze“) eine nett zu lesende Abhandlung. Doch im Leitbild ist nicht beschrieben, wie die Stadt im Jahr 2020 mit seinem ganzen Facettenreichtum aussehen soll und wie Köln dies erreicht. Das Leitbild ist somit ohne viel Hindernisse auf alle anderen deutsche Großstädte übertragbar. Die FDP meint, dass dem Kölner Leitbild die unverwechselbare Würze fehlt. Die Vision, wenn sie denn ein ist, malt dem Leser kein Bild von Köln vor Augen. Das Leitbild für Köln wird nun zur Beratung in den Kölner Rat verwiesen. Da das Grundgesetz den Parteien die Meinungsbildung in unserem Gemeinwesen zuschreibt, sind wir Liberale nicht nur nach unserer Meinung gefragt, sondern gefordert, an einem Kölner Leitbild mitzuwirken. Die Kölner FDP nimmt diesen Auftrag an. Da die Diskussion über das Leitbild 2020 mit der Veröffentlichung nicht abgeschlossen ist, werden wir Liberalen die verstärkte Diskussion mit den Kölner Bürgerinnen und Bürger im Kommunalwahlkampf suchen, um unser liberales Leitbild für Köln vorzustellen. Antrag: Der Kreisparteitag der Kölner FDP nimmt wie folgt zum Kölner Leitbild 2020 Stellung und zeigt in seiner ersten Stellungnahme und Bewertung exemplarisch Beispiele auf, die im Leitbildkonzept fehlen bzw. denen zu geringe Bedeutung zugemessen wird: Teil 1 Die Herausforderung der Zukunft Die FDP fordert bei den im Leitbild vorangestellten Kölner Herausforderungen auszuführen, dass unsere muslimische Bevölkerung in eine demokratische, rechtsstaatliche und freiheitlich verfasste Kölner Bürgerschaft mit allen Rechten und Pflichten einzubinden ist. Köln ist wie keine andere Stadt in Nordrhein-Westfalen geprägt durch ihre große türkische Minderheit, die heute schon über 100.000 Mitglieder in der Stadtgesellschaft zählt und bis zum Jahre 2020 weiter anwachsen wird. Köln ist nicht nur katholisch, sondern schon über ein Jahrzehnt muslimisch geprägt. Die große muslimische Minderheit in Köln wird dauerhaft die städtische Gesellschaft mit formen. Daraus wächst eine große Herausforderung für Köln schon heute und zukünftig, ein friedliches Gemeinwesen zu schaffen, in dem sich alle als Kölnerinnen und Kölner, als Teil eines Ganzen verstanden wissen. Teil 2 Die fünf Handlungsfelder der Zukunft 2.1 Die aufgeschlossene Wissensgesellschaft Die FDP fordert bei den im Leitbild 2020, die Stadt zu verpflichten, ihre Bildungsorte wie z.B. Schulen bestens auszustatten sowie ihren Einfluss auf die Landesregierung auszuüben, dass das gleiche Ziel auch für die Kölner Universitäten und Fachholschulen Anwendung findet. Die FDP fordert von der Kölner Bürgerschaft gemeinnützige Unterstützung zur Ausstattung mit Lehrmitteln und ausreichenden Ausstattungen der Bibliotheken. Die FDP fordert für das Leitbild 2020 ein bezahlbares Wohnangebot für Studierende als eine gemeinsame Anstrengung der Stadt Köln und der Kölner Bürgerschaft sowie ein finanzielles Engagement, um die besten Lehrkräfte für Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen nach Köln zu holen. Die Stadt Köln wird weiter verpflichtet, Lehrkräfte und Studierende, wie z.B. durch eine Zweitwohnungssteuer, nicht für den Wissenschaftsstandort Köln zu verschrecken. Wer im Leitbild 2020 fordert, dass Köln als Stadt- und Bürgergesellschaft der ersten Liga der Bildungs-, Qualifizierungs- und Wissenschaftsstandorte spielen soll, sollte wenigstens ein paar Gedanken über die dafür notwendigen Voraussetzungen anstellen. Wir in Köln tragen die Verantwortung dafür, wie sich die Orte der Bildung und der Zustand der Schulen inklusive Sporthallen durch die Ausstattung der Bauten und das Bereitstellen von Lehrmitteln ( Ausstattung neuester Technologie ) präsentieren. Um bei dem Beispiel im Leitbild zu bleiben: auf einem ungepflegten Ackerfeld kann das beste Team in der ersten Liga nicht bestehen. Diese Verpflichtung gilt auch für die Kölner Bürgerschaft, denn nur mit Engagement kann sich Köln positionieren. 2.2 Die dynamische Wirtschaftsmetropole Die FDP fordert im Leitbild 2020 eine klare Verpflichtung der Stadt, alle städtischen Verordnungen auf das Notwendigste zu beschränken und neue Bestrebungen der Regulierung zu unterlassen. Oberste Priorität hat für die Kölner FDP die Absage der Stadt Köln an eine Erweiterung der nur in Deutschland existierenden und wettbewerbsfeindlichen Gewerbesteuer für Existenzgründer und Freiberufler. Die FDP fordert, Köln zu einer Stadt mit einer neuen Kultur der Selbstständigkeit zu machen, um unternehmerische Initiativen zu unterstützen. Die ständige steigende Neuverschuldung der Stadt sowie veränderte Wettbewerbsituationen zwingen zu einer Prüfung und Neuverteilung von Aufgabenbereichen zwischen Staat und Privaten. Die FDP fordert im Leitbild darum eine Aussage über ein Prozess der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und städtischer Unternehmen. Köln muss sich von dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft leiten lassen, wonach privates wirtschaftliches Handeln im Vordergrund steht und Vorrang vor staatlicher Unternehmertätigkeit besitzt. Ein staatliche wirtschaftliche Betätigung ist vor dem Hintergrund der aufgezeigten Voraussetzungen der Privatisierungsprozesses nur dann vertretbar, wenn die Betätigung einem öffentlichen Zweck dient und Private nicht in der Lage sind, die zu erledigenden Aufgaben angemessen zu erfüllen. Die FDP fordert für den Kölner Mittelstand, dass aus diesem Grunde die Stadt auf einen Gebrauch der erweiterten Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen des § 107 der Gemeindeordnung NW verzichtet. „Geben ist seliger als Nehmen.“ Gerade beim Aufbau eines Unternehmens ist die von der Stadt Köln geforderte Beibehaltung und Erweiterung der Gewerbesteuer wirtschaftsfeindlich, da bei Verlusten kein Steuerausgleich erfolgt und sie voll substanzmindernd an die Stadt Köln abzuführen ist. Die notwendige Besinnung auf eine marktwirtschaftliche Ordnung in Köln wird im Leitbild ganz verzichtet. Zur Bekämpfung der hohen zweistelligen Arbeitslosigkeit in Köln ist dies unverständlich. Auch fehlt im Leitbild eine Aussage über eine Kultur der wirtschaftlichen Selbstständigkeit. Die Frage der Privatisierung städtischer Unternehmen wird für Köln ganz ausgeblendet, als ob wir diese Problemstellung weder in Köln kennen noch für notwendig halten. Im Unterpunkt: „Köln profiliert sich als internationales Reiseziel und attraktive Einkaufsstadt“, fordert die FDP in Köln, dass die Stadt sich für die Abschaffung von Ladenschlusszeiten einsetzt und bis dahin alle Befreiungstatbestände ausnutzt. Weiter fordert die FDP eine deutliche Stellungnahme im Leitbild zu der Problematik, wie Köln seinen Ruf als Hauptstadt der Taschendiebstähle und Einbrüche los wird. Bisher fehlt eine sicherheitsorientierte Politik in Köln in Bezug auf Reiseziel und Einkaufsstadt. Vielmehr duldet und fördert Köln durch seine Politik gegenüber illegal eingereisten Personengruppen, dass Köln unberechenbar für Touristen eingestuft wird. 2.3 Die moderne Stadtgesellschaft Die FDP fordert eine Änderung im Leitbild, die der Bedeutung der jüdischen Gemeinde sowie der homosexuellen Minderheit für Köln gerecht wird. Der Abschnitt des Leitbildes über eine moderne Stadtgesellschaft in Köln im Jahre 2020 ist sehr allgemein und ungenau verfasst. Nach dem Entwurf im Jahr 2020 ist die homosexuelle Minderheit aus dem Stadtbild verschwunden. Das gleiche gilt auch für die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, wo doch deren Kölner Gemeinden stetig wachsend sind. Die FDP Köln hält in einem Leitbild, das von allen gesellschaftlichen Gruppen in Köln getragen werden soll, ein Statement für unbedingt notwendig. Die FDP fordert im Kölner Leitbild, die Realitäten der Zusammensetzung der Kölner Bevölkerung durch Zuwanderung und die daraus folgenden Entwicklungen endlich anzuerkennen und ein Bild vom Jahr 2020 zu zeichnen, dass dieser gesellschaftlichen Zusammensetzung auch gerecht wird. Die muslimisch geprägte Minderheit, die die weitere demographische Entwicklung der modernen Stadtgesellschaft in Köln bis zum Jahre 2020 in besonderem Maße prägen wird, wird mit der kurzen Aussage über einen fairen und toleranten Umgang aller gesellschaftlichen Gruppen „abgespeist“. In dieser Aussage wird deutlich, dass das Leitbild 2020 noch nicht einmal die gesellschaftlichen Realitäten im Jahre 2003 anerkannt. Das gemeinsame Zusammenleben mit einer großen Minderheit kann nicht allein auf fairem und tolerantem Umgang fußen, sondern hier muss die Anerkennung und die Verpflichtung der türkischstämmigen Kölnerinnen und Kölner für das städtische Gemeinwesen im Vordergrund stehen. Die FDP fordert einen Aufruf im Leitbild, für vermehrtes bürgerliches Engagement im sozialen Bereich, Hilfe zur Selbsthilfe und den Schutz der bedürftigen Schwachen vor denjenigen, die das Sozialsystem ausnutzen. Das Leitbild der modernen Stadtgesellschaft greift weder die derzeitige Diskussion über unser Wohlfahrtswesen noch die notwendigen Eingriffe und Reduzierungen des Sozialstaates in Deutschland auf und unterlässt es vollkommen, die langfristigen Folgen für die Kölner Stadtgesellschaft zu betrachten. 2.4 Der lebendige Kulturstandort Die FDP fordert, im Leitbild 2020 Vorschläge aufzuzeigen, wie der heutige Kulturstandard erhalten und bis zum Jahre 2020 ausgebaut werden kann. Der FDP in Köln fehlen in dem Leitbild jegliche Ansätze zur Erhaltung des derzeitigen Kulturstandards in Köln unter der Bedingung der leeren Kassen der öffentlichen Hand. 2.5 Die attraktive Stadtgestaltung Die FDP fordert im Leitbild eindeutige Aussagen für ein Hochhauskonzept im Rechtsrheinischen, eine Aussage über den Bau der unterirdischen Ost-West-U-Bahn von der Deutzer Brücke bis zum Aachener Weiher, um damit Neumarkt, Rudolfplatz und die Aachener Straße neu zu gestalten, sowie Aussagen über die Errichtung von Wohngebieten mit Familienhauscharakter, Quartiergaragen in der Innenstadt und großen städtebaulichen Maßnahmen wie die Überbauung der Nord-Süd-Fahrt. Die FDP in Köln vermisst im Leitbild 2020 Visionen wie Kölns Stadtbild langfristig aussehen soll. Die FDP hätte wenigstens erwartet, Aussagen über die derzeitigen in der Diskussion befindlichen Zukunftsprojekte im Leitbild zu finden.

Feedback geben