"Arbeiten an Paradigmenwechsel in Integrationspolitik"

Im Gespräch mit Dr. Joachim Stamp

11.04.2018 Meldung KölnLiberal - Zeitschrift für Freie Demokraten in Köln

Dr. Joachim Stamp, MdL

Herr Dr. Stamp, herzlichen Glückwunsch zur Wahl zum neuen Landesvorsitzenden der FDP-NRW. Da haben Sie jetzt aber zusätzlich zu ihren Ämtern als Minister und stellvertretender Ministerpräsident eine ganze Menge zu tun. Was ist denn ihr erstes Projekt in diesem neuen Amt?

Herzlichen Dank für Ihre Glückwünsche. Ich weiß, welche große Verantwortung ich übernommen habe, und freue mich auf die Herausforderung, Vorsitzender des größten Landesverbandes der FDP zu sein. Die Freien Demokraten aus Nordrhein-Westfalen waren in der Vergangenheit immer auch inhaltlicher Impulsgeber für den Bund. Das wird auch künftig so bleiben. Wir waren in den schwierigsten Zeiten, die die FDP je erlebt hat, der Fels in der Brandung. Aber wir sind noch lange nicht am Ziel, sondern lediglich in einer neuen Phase der Erneuerung angekommen. Es liegt noch viel Arbeit vor uns. Ein besonderes Anliegen ist mir dabei die Vorbereitung der Kommunalwahl 2020.

Ihnen wird nachgesagt, dass Sie etwas bodenständiger sein sollen als Ihr Vorgänger. Wird sich das auch auf den Führungsstil innerhalb des Landesverbandes auswirken?

Auch Christian Lindner kann sehr bodenständig sein. Aber klar: Jeder ist ein eigener Typ. In Zeiten der außerparlamentarischen Opposition war es absolut richtig, voll und ganz den Parteivorsitzenden nach vorne zu stellen. Jetzt müssen mehr Köpfe sichtbar werden. Ich bin ein Teamplayer und freue mich auf die Fortführung der guten Zusammenarbeit mit Yvonne Gebauer, Johannes Vogel, Andreas Pinkwart, Alexander Graf Lambsdorff, Christof Rasche – um nur einige zu nennen – und natürlich mit dem Bundesvorsitzenden.

Als Mitglied der NRW-Landesregierung werden Sie die kommenden Auswirkungen einer neuen Bundesregierung ja direkt „aus erster Hand“ mitbekommen. Welche Auswirkungen sehen Sie aktuell für NRW bei einer Neuauflage der „Großen Koalition“ in Berlin?

Eine große Koalition verfügt immer über eine stabile Mehrheit – wenn sie zustande kommt. Ich erwarte von Armin Laschet, dass er die Interessen Nordrhein-Westfalens in den Gesprächen durchsetzt, insbesondere in der Energie- und Industriepolitik. Wir beobachten das gespannt.

Christian Lindner hat gesagt, ein Grund für das Ende der Sondierungsgespräche sei auch die fehlende Vertrauensbasis mit den Grünen gewesen. Wie ist denn das Verhältnis zu den Grünen hier in Düsseldorf?

Nach viereinhalb sehr intensiven Wochen Sondierung mussten wir feststellen, dass es leider für eine Regierungsbildung nicht reicht – weder inhaltlich, noch vom Vertrauen der handelnden Personen her. Ich halte aber nichts davon nachzukarten. In Düsseldorf haben wir mit der neuen Fraktionsführung der Grünen, mit Frau Düker und dem Kölner Arndt Klocke eine vernünftige Gesprächsbasis – trotz vieler inhaltlicher Unterschiede.

Hat das Ende von Jamaika auch die Beziehungen zum hiesigen Koalitionspartner CDU verändert?

Nein. Wir arbeiten hier vertrauensvoll und erfolgreich in der Koalition mit der CDU an der Erneuerung unseres Landes. Das ist der Unterschied zu den Sondierungsgesprächen in Berlin. Wir haben ein gemeinsames Ziel: Wir wollen Nordrhein-Westfalen freier, fairer, digitaler und sicher machen. Eine solche gemeinsame Idee für ein neues Bündnis hat in Berlin leider von Anfang an gefehlt.

Ihr Wirkungsbereich als Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration spiegelt ja schon im Namen ein ausgesprochen umfangreiches Aufgabenfeld wider. Haben Sie bereits Verbesserungen auf den Weg bringen können?

Ja, in einem ersten Schritt haben wir ein Kita-Träger-Rettungspaket in Höhe einer halben Milliarde Euro auf den Weg gebracht, das bereits in Kraft getreten ist. Mit dem Rettungsprogramm mildert das Land die Not der strukturell unterfinanzierten Kindertageseinrichtungen schnell und unbürokratisch ab. Bei vielen Einrichtungen haben sich über die vergangenen Jahre große Defizite aufgebaut, die zu Personalkürzungen und Qualitätseinbußen geführt haben. Mit unserer Soforthilfe sorgen wir nun dafür, dass in den kommenden zwei Jahren keine Kita schließen muss. Zudem arbeiten wir an einem Paradigmenwechsel in der Integrationspolitik hin zu mehr Verbindlichkeit. Die Flüchtlingspolitik braucht eine neue Systematik: Auf der einen Seite konsequentere Rückführungen insbesondere Krimineller und Gefährder, auf der anderen Seite mehr Rechtssicherheit für gut Integrierte.

Als Bonner sind Sie ja eigentlich auch ein richtiger Rheinländer, kann man sagen. Hilft eine solche naturgegebene, optimistische Veranlagung im täglichen Umgang mit Menschen vom Niederrhein, dem Sauerland und aus Ostwestfalen-Lippe?

Das Rheinland steht für Weltoffenheit, Toleranz, Lebensfreude und Optimismus. Eigenschaften, die im Leben und im Umgang mit anderen Menschen, ganz gleich aus welcher Region, grundsätzlich hilfreich sind.

Wie ist ihr persönliches Bild von Köln?

Als Bonner ist auch Köln für mich Heimat. Köln ist eine Millionenmetropole, vielfältig, liberal, traditionsbewusst. Und manchmal chaotisch, wie der Effzeh... Kölns größte Stärke ist seine Mentalität: Leeve un leeve losse, das kölsche Grundgesetz, selbstverständlicher Zusammenhalt in Vielfalt. Das macht Köln aus und das muss es sich bewahren.

Herr Dr. Stamp, herzlichen Dank für das Gespräch.

[Das Gespräch führte Stephan Wieneritsch]


Dr. Joachim Stamp, Jahrgang 1970, ist seit Sommer dieses Jahres stellvertretender Ministerpräsident
des Landes Nordrhein-Westfalen und Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration. Seit
2012 ist er Landtagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion gewesen. Er studierte Politikwissenschaft, Philosophie und Religionswissenschaft in Bonn und promovierte 2011 an der Universität Potsdam. Nach Mitarbeit im Büro von Guido Westerwelle arbeitete Stamp als Referent für Politische Bildung in der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach. Zudem ist er auch Kreisvorsitzender der Bonner FDP. In jüngeren Jahren gehörte er lange dem Bundesvorstand der Jungen Liberalen an und seit 2006 dem Landesvorstand der NRW-FDP. Von 2010 bis 2012 war er Generalsekretär der FDP-NRW. Joachim Stamp lebt in Bonn-Röttgen, ist verheiratet und hat zwei Töchter.

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Stephan Wieneritsch

Stephan Wieneritsch

Sachkundiger Einwohner im Bauausschuss

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