Op Jöck in Schwerin – Moin Kölle!

Ein Artikel von Anna Maria Loffredo aus der aktuellen KölnLiberal

18.04.2023 Meldung FDP-Kreisverband Köln

Heimat es … wo liberale Köpfe zosamme stonn! Fern von meinem geliebten Köllefornia arbeite ich in der FDP-Landtagsfraktion in Schwerin. Die Fraktion ist seit 2021 wieder im Landtag vertreten und versteht sich als Start-up, um frischen Wind in die ehrwürdigen Gemäuer des Schweriner Schlosses zu bringen. Sowohl die Norddeutschen als auch die Kölner fragen mich ständig: Eine Kölnerin in Mecklenburg-Vorpommern, geht das überhaupt? Und wie dat jeht!

Natürlich bin ich am 1. Juli 2022 mit einem Fässchen unterm Arm bewaffnet in die Landeshauptstadt gegangen, um gut zehn bis fünfzehn Mitarbeiter neben fünf Abgeordneten als Kultusreferentin zu unterstützen. Schließlich sind Rheinländer als Schlabberschnüss dafür bekannt, Fremde ungefragt in ihrem dünnen Hellen zu ertränken, bis das Gegenüber sich unserem heiterem Hätz ergibt. Kühle Norddeutsche hin oder her, es wird geschwad und jekallt, bis auch die Ostküste im Sunneshing erstrahlt. Gleichwohl scheint der Himmel nirgends so schön grau wie in Mecklenburg-Vorpommern. Denn mit einem klaren Schnack ganz eigener Art wurde ich während der Plenarwoche im Schweriner Schloss empfangen. Moin – unterschiedlich intoniert sagt es mehr als tausend Worte.

Was sich vorschnell als Klischee zwischen Ost und West liest, markiert einerseits wahrhaftig charakteristische Züge der Orte, andererseits drückt es die dynamische Vielfalt des kulturellen Seins aus, in dem ich mich beheimatet fühle. Und Jeföhl, das ist das, was sowohl Kölner als auch Menschen in Mecklenburg-Vorpommern in meinen Augen miteinander verbindet. Sie sind heimatverbunden und europaverliebt, sie sind weltoffen und manchmal auch selbstbewusste Dorfkinder in einer lebendigen Demokratie.

Was aber mache ich denn nun genau in der Landtagsfraktion? Wie bin ich überhaupt zu meiner Tätigkeit in Mecklenburg-Vorpommern gekommen? Und schmeckt die Currywurst rut-wiess auch in Schwerin?

Nachdem ich mehrere Jahre als Studienrätin für Kunst und Sozialwissenschaften am Europagymnasium der Stadt Kerpen, im Department Erziehungswissenschaften der Universität Siegen sowie zuletzt als Professorin für Fachdidaktik an der Kunstuniversität Linz in Österreich gearbeitet habe, war es an der Zeit, mein Erfahrungswissen in die Politik einzubringen. Politisch war ich schließlich schon immer. Der Klassenraum bildet in meinen Augen Demokratie im Kleinsten ab. Gerade weil ich bislang keine Politikkarriere hatte, gab mir die FDP-Fraktion die Chance, meinen professionellen Blick in das parlamentarische Geschehen des Kultusbereichs einzubringen. Keine drei Monate später habe ich zusätzlich das Ressort Soziales übernommen und zeitgleich den FDP-Mitgliedsantrag an meinem Erstwohnsitz im schönen Beverly Sülz eingereicht. Mit einer Ausnahmegenehmigung gehöre ich gegenwärtig dem Verband in der Hansestadt Wismar an, wo der Fraktionsvorsitzende René Domke seinen Wahlkreis hat. Zum Schwedenfest im Midsommer, bei einer Nosferatour oder im alten Hafen vorbeizuschauen, ist eindeutig meine Empfehlung für jeden Kölner. Der mittelalterliche Grundriss der Altstadt zählt zusammen mit Stralsund zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist ein Traum für kölsche Stapelhäuschen-Liebhaber.

Wie gestaltet sich nun aber mein Arbeitsalltag zwischen Schietwedder, Seenplatte und einem kühlen Störtebeker? Viele Dinge prasseln unter hohem Zeitdruck plötzlich ein. Tagesaktuelle Meldungen können schon früh morgens den gesamten Ablauf noch einmal umwerfen. Gleichzeitig ist ein Kompass wichtig, wie die Teilziele im Wahlprogramm umgesetzt werden können. Üblicherweise arbeite ich an kleinen Anfragen, Initiativen und Pressemitteilungen, bereite Ausschüsse vor und nach, netzwerke mit Stakeholdern, bedenke auch fraktions- sowie parteiinterne Abstimmungen und erstelle Reden innerhalb kurzer Zeit bis zur Plenarwoche. Diese finden acht Mal pro Jahr statt und geben einen Großteil der Taktung in der Jahresplanung vor. Manchmal kommt es vor, dass ich gut und gerne 15 bis 20 Reden quer durch alle Nischenthemen innerhalb von fünf Werktagen vorbereiten muss. Fachlich korrekte Einordnungen, kluge Argumentationen und liberale Kernbotschaften heißt es auf den Punkt zu bringen. In solchen Fällen kommt es auf das Team an! Mit kollegialer Zuarbeit, einem unterstützenden Vier-Augen-Prinzip und einer chancenorientierten Grundhaltung im Miteinander gelingt dieses Pensum.

Überhaupt gefällt mir vor allem die Gastfreundschaft im hohen Norden. Ehrlicherweise hatte ich als Halbitalienerin und Gastarbeiterkind der ersten Generation aus dem Sauerland nicht damit gerechnet, meine kulturelle Fusion ausgerechnet an der ostdeutschen Waterkant spiegeln zu können. Die Landtagsfraktion, insbesondere der Parlamentarische Geschäftsführer David Wulff, heißt Gäste jederzeit willkommen, ist an Austausch interessiert und schenkt mir einen kostbaren Entfaltungsspielraum, um eine bundeslandübergreifende Völkerverständigung zwischen eigen-, aber feinsinnigen Lokalpatrioten zu kultivieren. Für einen wettbewerbsfähigen Ansatz zwischen lokaler und globaler Ortsverbundenheit setzt sich unsere wirtschafts- und tourismuspolitische Sprecherin Sandy van Baal ein. Mit ihr konnte ich beispielsweise eine Initiative zu einem Bildungs- und Handelsaustausch mit Spanien erarbeiten, den die Fraktion letztes Jahr in den Landtag eingebracht hat. Wir hatten u.a. gefordert, ein Cervantes-Institut nach Schwerin zu holen. Da ich selbst in Sevilla und Barcelona wegen einer Tanzausbildung gelebt habe, gefällt es mir, wie ich meine multikulturellen biografischen Querverbindungen in der Beratungsarbeit für die FDP-Fraktion verfolgen kann. Mit Flamenco, so viel Standortgenauigkeit sei erlaubt, habe ich allerdings in Köln-Lindenthal gestartet, bevor es nach Andalusien ging. Mit demselben Takt setzt sich unsere kulturpolitische Sprecherin Barbara Becker-Hornickel für soziale Teilhabe von Jung und Alt ein, um zukunftsorientierte Dialoge zu schaffen – ein aus meiner Sicht hoher Wert für Gemeinsinn. Im Zusammenspiel mit Anderen drückt sich diejenige Toleranz aus, mit der ich liberale Werte gerne repräsentiere: offen sein, neugierig sein, mutig sein.

Etwas Neues startet nun auch seit Februar dieses Jahres in der Landtagsfraktion für mich. Ich begleite die Enquete-Kommission „Jung sein in MV“. Hier kann ich eine interdisziplinäre und interfraktionelle Agenda verfolgen, damit Landespolitik nicht nur über, sondern auch mit Kindern und Jugendlichen gestaltet wird. Darauf bin ich gespannt und kann vor allem auf das kooperative Engagement der JuLis in Mecklenburg-Vorpommern vertrauen. Daneben bin ich, so wie Lorenz Deutsch der FDP-Köln auch, neuerdings im Bundesfachausschuss Kultur tätig. Ich freue mich, dass der BFA im Herbst im Schweriner Schloss tagen wird. Zwischen Köln und Schwerin pendelnd liegt der Ruf nach einem Bekenntnis der eigenen Verortung nah, das ich als Plädoyer wie folgt formulieren mag: Zo Huss is do, wo man auf Freiheit trifft!

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