"Wer wir sind. Wer sind wir? Sind wir wer?"

„…oder so“ – die Kolumne von Maren Friedlaender

08.10.2016 Meldung FDP-Kreisverband Köln

Die Woche hörte ich im Autoradio, dass sich Frauen nach dem Konsum von Nachrichtensendungen deprimiert fühlen. An den Prozentsatz der Betroffenen erinnere ich mich nicht. Ich stand im Dauer-Stop-and-go auf dem Kölner Autobahnring und musste höllisch auf den Verkehr achtgeben. Um die Information nachzuprüfen, gab ich zuhause „Untersuchung – Frauen - deprimiert nach Nachrichtensendungen“ bei Google ein. Danach erfuhr ich: „Welcher Facharzt macht die Nebennieren Untersuchung?“ Mit diesen Suchmaschinen komme ich nicht zurecht. Egal. Aber ich verstehe die deprimierten Nachrichtenguckerinnen. Mir geht es ähnlich. Nur als Beispiel: die Sendungen zum 3. Oktober.

Da taumelten die Laudatoren in Dresden durch Redewendungen wie: „Deutschland bleibt Deutschland“ und „Wir bleiben, wer wir sind“ und Zufriedenheit und positives Denken, auch Stolz wurden angemahnt von den Spitzen des Staates. Seit Jahren breiten sie einen Teppich über das Land, einen gesinnungsethischen Teppich. Unter den kehren sie alles, was nicht zur rot-grünen Garnitur passt. Ein hübscher, bunter Multi-Kulti-Teppich der Wohlgesinnten, der Baumschützer, der veganen Tierfreunde, Atomkraftabschalter, Gendersternchen-Verfechter*innen und der Schulexperimentatoren.

Wie war das noch, damals nach dem Mauerfall? Es wurde von Föderalismusreform gesprochen. Und dann? Nicht mal ein Reförmchen: immer noch keine gleichen Chancen in den Bundesländern auf einen kostenlosen Kindergartenplatz. Der Schulwechsel von Bremen nach Bayern - ein Roulettespiel um die Zukunft der Kinder. Eine akademische Laufbahn hier mit und dort ohne Studiengebühren. Die den deutschen Michel zu mehr Stolz ermahnen, haben eine echte Bildungsoffensive verratzt und die Schulen verkommen lassen. Statt besserer Ausbildung für Erzieher*innen führen wir eine Sekundarschule ein. Was das ist? Keine Ahnung. Egal – ist morgen eh schon überholt, so wie G8 und Inklusion. Und für das Prekariat gibt es Gutscheine aus dem Bildungs- und Teilhabepaket mit Antrag auf den Antrag - sollen die Erzieher eben ausfüllen zwischen „U3 pampern“ und „Backe-backe-Kuchen“. Probleme delegieren wir an Anne Will, Sandra Maischberger und Fakten-Plasberg. 

Wenn nun die Undankbarkeit einiger Untertanen beklagt wird, dann sollten die Dankheischenden daran denken: Die Mitte - die, die jeden Wochentag brav zur Arbeit fährt, wenn die Bahn denn pünktlich kommt, die eine bescheidene Riesterrente erhält, noch 20 Jahre das Haus abbezahlt, bei Kik und Aldi die Angebote studiert, die Mitte, die vielleicht noch im Chor singt, eine E-Jugend trainiert, beim THW aushilft und Frikadellen für das Pfarrfest brutzelt - die fühlt sich richtig unter den Teppich gekehrt. Das hätten die Spitzen des Staates in Dresden beim Après-Stollenstück mit Blick auf die Frauenkirche mal alternativlos bekakeln sollen. 

Und nebenbei, das Motto der EU gilt auch für Deutschland: „In Vielfalt geeint“. Mit UHU kann man eben nicht alles kleben. Die Vielfalt und auch die mentalen Divergenzen zwischen Ost und West müssen simpel akzeptiert werden. Das dauert noch, bis das zusammenwächst. 40 Jahre Sozialisationsunterschiede schmelzen nicht weg, wenn Ludwig Güttler „Einigkeit und Recht und Freiheit“ bläst. So, das sind meine Nachrichten. Ich hoffe, die Damen sind nicht zu deprimiert, mir geht‘s jedenfalls schon besser oder so…

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Maren Friedlaender

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