Sterck zum Haushalt: "Jeden Tag ein Stück liberaler!"

03.04.2001 Reden FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

Bürgermeister Josef Müller: Für die FDP-Fraktion hat Herr Sterck das Wort. Ralph Sterck (FDP): Herr Bürgermeister! Meine Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich mich den Worten des Mitgefühls für die Familie Schramma im Namen der FDP-Fraktion anschließen. Herr Bürgermeister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Herbst 1999 haben die Bürgerinnen und Bürger Kölns einer neuen Mehrheit aus CDU und FDP die Geschicke unserer Stadt übertragen. Seither ist es unser Ziel, an jedem Tag, an dem wir abends die Tür des Rathauses hinter uns zumachen, Köln ein Stück lebenswerter zu gestalten, als wir es morgens übernommen haben. (Renate Canisius [SPD]: Ja, ja!) Jeden Tag ein Stück sauberer und sicherer, toleranter und offener, sozialer und gerechter, (Jörg Detjen [PDS]: Blauer!) bürgerfreundlicher und liebenswerter. Jeden Tag ein Stück liberaler. 551 Tage sind seither vergangen – und die Leistungsbilanz dieser Koalition kann sich sehen lassen. Es ist Frühling in Köln. Und damit meine ich nicht nur das, was sich zurzeit in der Natur tut. Ich meine die Aufbruchstimmung, die in dieser Stadt herrscht. Vieles kommt in Bewegung, was nach 43 Jahren Sozialdemokratie erstarrt schien. (Renate Canisius [SPD] lacht) Es wird nicht mehr nur verwaltet; es wird gestaltet. Die neue Mehrheit in Köln hat in den letzten 1 ½ Jahren deutlich gemacht, wie eine neue Politik für Köln, wie eine Politik ohne den roten Filz und mit einer verschlankten Stadtspitze aussehen kann. Wir haben entscheidende Projekte in der Stadtentwicklung vorangebracht. Denken Sie nur an den Rheinauhafen, der nach 20-jähriger Diskussion endlich in trockene Tücher gebracht wurde. Die Hochhausplanung um den ICE-Terminal wächst – unserer Wunschvorstellung folgend – der 150-Meter-Marke entgegen. (Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]: Toll!) Es werden Einfamilienhäuser in Köln gebaut, um jungen Familien eine Chance zu geben, auch innerhalb der Stadtgrenzen den Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen zu können. Und dem Bau einer Moschee als städtebaulichem Identifikationspunkt für die muslimischen Kölnerinnen und Kölner sind wir wieder eine Schritt näher gekommen. Es werden wieder Straßen in Köln repariert und sogar neue gebaut. Eine Fülle von Maßnahmen haben wir angeschoben, die das Kölner Straßennetz leistungsfähiger machen. Das von uns initiierte Staukataster wird die neuralgischen Punkte identifizieren, so dass weitere Gegenmaßnahmen ergriffen werden können. Die Kreuzung Militärring/Luxemburger Straße machen täglich Tausende Bürger als solchen offensichtlichen Staupunkt aus, und deshalb haben wir in diesen Haushalt Planungsmittel für eine kreuzungsfreie Lösung eingestellt. (Beifall bei der FDP) Wir haben Schluss gemacht, Autofahrer in Köln zu schikanieren. Verbote, die keiner nachvollziehen kann, gehören auf den Prüfstand. Das ist aber, meine Damen und Herren, kein Freibrief für unverantwortliches Handeln im Straßenverkehr, auch wenn das so manche Büttenrede hier im Rat glauben machen wollte. Ich mahne hier zu einer Versachlichung der Diskussion. Für Verkehrsrauditum gibt es in Köln null Toleranz. Wer durch sein Handeln andere gefährdet, gehört aus dem Verkehr gezogen. Polizei und Stadt müssen alle Mittel ergreifen, um solche Exzesse zu verhindern und zu ahnden. (Beifall bei der FDP und bei Prof. Dr. Rolf Bietmann [CDU]) Wir stehen für einen fairen Wettbewerb der Verkehrsträger. Und somit versteht es sich von selbst, dass wir alles unternehmen, um die KVB sicherer, sauberer und schneller zu machen. Mit dem Beschluss der letzten Ratssitzung, das Niederflursystem auszuweiten, haben wir ein 10-jähriges Denkverbot überwunden. Die Nord-Süd-Stadtbahn wird gepuscht. Hier sollten wir in den kommenden Monaten überlegen, den U-Bahn-Tunnel über die Marktstraße hinaus bis zum Gürtel zu verlängern, um nicht wie damals an der Neusser Straße in Weidenpesch zu früh an die Oberfläche zurück zu kommen. Außerdem muss die Bonner Straße als 4-spurige Schlagader (Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]: Sechs! – Jörg Detjen [PDS]: Acht! – Ralph Scherbaum [Bündnis 90/Die Grünen]: Zehn!) im Kölner Süden erhalten bleiben. Die Kulturstadt Köln stärkt ihren Ruf – nicht nur durch neue Köpfe in der Kulturverwaltung, neue Bauten und neue Sammlungen. Wir stellen endlich wieder zusätzliche Mittel für die Kultur in Köln zur Verfügung. Wir fördern die Szene: Die kleinen Theater, die Galerien, die Ateliers, die Musikgruppen. Die kleine Kunst ist in Köln die große Kunst. Mit dem Theaterförderkonzept setzen wir einen Meilenstein leistungsorientierter und nachhaltiger Kulturförderung. Das sollte auch in anderen Bereichen Schule machen. Und Oberbürgermeister Schramma hat unsere Idee zur Bewerbung um den Titel der Kulturhauptstadt Europas aufgegriffen. Unser Köln ist eine Metropole. Auf Kölner Straßen und Plätzen ist etwas los. Ein Höhepunkt jagt den anderen. Und das ist gut so. Mit Köln verbindet man Lebenslust, Weltoffenheit und Toleranz. Wir Liberale unterstützen dieses Image durch unsere Politik. (Beifall bei der FDP) Wir präsentieren uns als moderne Stadt, indem wir überall, wo es uns möglich ist, die Ladenöffnungszeiten erweitern. Und wir präsentieren uns als moderne Stadt, indem wir daran arbeiten, die Sperrstunde in Köln aufzuheben. Es war die FDP-Fraktion, die im Zusammenhang mit der Eishockey-WM den Stein ins Rollen gebracht und sich dafür stark gemacht hat, die Gastronomie von antiquierten Beschränkungen zu befreien. (Beifall bei der FDP) Dass unsere Landtagsfraktion mit der landesweiten Abschaffung der Sperrstunde noch einen drauf setzte, freut uns. Und ich hoffe, dass wir auf Bundesebene in der Frage der Abschaffung des Ladenschlussgesetzes einen ähnlichen Erfolg erzielen werden. (Beifall bei der FDP) Das ist für uns moderne und liberale Politik und eine Politik im Sinne der Menschen, die in unserer Stadt leben, die unsere Stadt besuchen und die sich in unserer Stadt wohlfühlen wollen. Und wir haben Mitte des letzten Jahres unbürokratisch und flexibel ein Projekt auf den Weg bringen können, welches Sie hier im Rat, meine Damen und Herren, einstimmig unterstützt haben. Ich danke dem Sozialdienst Katholischer Frauen sehr herzlich, dass er im Haus Adelheid eine Anlaufstelle für Findelkinder einrichten konnte. Hier haben nun Frauen, die – aus welchem Grund auch immer – keinen anderen Ausweg sehen, die Möglichkeit, ihr Kind anonym in sichere Hände zu geben. All diese politischen Themenfelder sind durch uns, durch die neue Mehrheit, durch die FDP in Bewegung geraten. Meine Damen und Herren, der SPD könnte man viel vorhalten, was sie in den letzten 43 Jahren in Köln falsch gemacht hat. Aber in der Schulpolitik manifestiert sich der traurige Höhepunkt ihrer zukunftsfeindlichen Politik. Sie von der SPD haben die Schulen in Köln verrotten lassen. (Norbert Rüther [SPD]: Das ist doch Unsinn! Wir haben sie erst mal gebaut! Das war das Allerwichtigste, damit Sie eine anständige Schulbildung kriegen konnten!) Sie haben nicht dafür gesorgt, dass unsere Schulen zukunftsfähig mit Computern ausgerüstet sind. Erst FDP-Initiativen im neuen Haushalt sorgen nun dafür, dass die Computertechnologie in unseren Schulen spürbar verbessert wird. Sozialdemokratische Schulpolitik zeichnet sich durch ein Merkmal aus: und das ist die Gleichmacherei. Alles wird zu einer roten Einheitssuppe. (Norbert Rüther [SPD]: Das glaubt noch nicht mal mehr der Westerwelle!) Anstatt für eine ausgewogene Schulpolitik zu sorgen, die verschiedene Schultypen fördert, haben Sie jahrelang die Gesamtschulen bevorzugt und andere Schultypen ausbluten lassen. (Norbert Rüther [SPD]: Völliger Unsinn!) Das werden wir ändern, meine Damen und Herren von der SPD; das kann ich hier für die Koalition versichern. Wir erkennen an, dass nicht jeder Schüler gleich ist, sondern unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, unterschiedliche Begabungen oder Schwächen aufweist. (Norbert Rüther [SPD]: Das ist ein Naturgesetz!) Die SPD hat sowohl in Köln als auch in Düsseldorf bisher immer alle Schüler in einen Topf geschmissen. Sie haben die schwachen nicht ausreichend gefördert, und Sie haben die starken und die begabten Kinder in ihren Entwicklungschancen ausgebremst. Sie haben wahrhaftig alles probiert, um unsere neue Schulpolitik zu verhindern. Aber da half Ihnen am Ende keine Landesregierung, kein Regierungspräsident und auch kein Schuldezernent. Wir haben unsere Politik erfolgreich eingeleitet. Schwache Schüler erhalten mit dem Programm „Lesen – Schreiben – Rechnen“ eine angemessene und notwendige Unterstützung. In entsprechenden Förderkursen können lernschwache Kinder im Primarbereich gefördert werden, damit sich schulische Probleme nicht in den Folgejahren in den weiterführenden Schulen potenzieren. Es ist dringend an der Zeit, dass wir leistungsstarken Schülerinnen und Schülern, die deutlich überdurchschnittliche Entwicklungspotenziale aufweisen, zusätzliche Möglichkeiten eröffnen, ihr Begabungspotenzial zu entfalten. Wir haben uns erhofft, dass eine Begabten- und Hochbegabtenförderung auch im regulären Schulbetrieb angeboten wird. Leider ist auch dieses Thema für die rot-grüne Mehrheit im Landtag ein rotes Tuch. Anstatt aber nur mit dem Finger nach Düsseldorf zu zeigen, packen wir hier konkret die Begabten- und Hochbegabtenförderung an. Auf der einen Seite entwickeln wir ein Modell für die Sekundarstufenschüler, denen es ermöglicht werden soll, an Vorlesungen der Universität zu Köln teilzunehmen, um sich frühzeitig auf ein Hochschulstudium vorbereiten zu können. Darüber hinaus hat die FDP zusätzliche Mittel im Haushalt 2001 durchgesetzt, um die Begabten- und Hochbegabtenförderung von Grundschulkindern anzustoßen. (Beifall bei der FDP) Förderung der Schwachen und Förderung der Starken, das ist nicht nur gerecht, das spiegelt auch die Vielfältigkeit und Pluralität wider, die in einer Bildungslandschaft von morgen notwendig sind. Die Bildungslandschaft von morgen wird ohne ein 13. Schuljahr auskommen, dessen sind wir uns sicher. Wir wollen in jedem Stadtbezirk mindestens ein Gymnasium sehen, in dem Profilklassen eingerichtet werden. Hier können leistungsstarke Schülerinnen und Schüler mit in der Regel durchgehend guten Leistungen ab Klasse 7 oder 9 zusammengefasst werden. Insgesamt können wir somit in Köln an mindestens neun Gymnasien das Abitur schon nach zwölf Jahren anbieten. Darüber hinaus haben wir als CDU/FDP-Mehrheit beschlossen, außerhalb der Profilklassen einigen Schulen zu ermöglichen, einen regulär achtjährigen Bildungsgang schon ab Klasse 5 zu installieren. Köln ist eine moderne Bildungsstadt und wir nutzen alle Möglichkeiten, dies mit unserer Politik voranzubringen. Wir können nicht nur lamentieren, dass die Ausbildungszeiten in Deutschland zu lang sind. Wir müssen endlich handeln. Köln handelt. (Beifall bei der FDP und bei Karl Klipper [CDU]) Meine Damen und Herren, im letzten Jahr haben wir den Jugendetat massiv aufgestockt, und auch in diesem Jahr haben wir mit fast einer Million Mark zusätzlicher Mittel deutlich gemacht, dass uns die Jugendarbeit in Köln etwas wert ist. Für uns als FDP war es ein besonderes Anliegen, dass die Aktivitäten der Stadtranderholung ausgebaut werden können. Noch in diesem Jahr erhalten Kinder und Jugendliche in Köln ein größeres und vielfältigeres Angebot an Freizeitaktivitäten in den Sommerferien. Mit den zusätzlichen Mitteln für die Stadtranderholung sollen auch die Jugendverbände gefördert werden, die mehrtägige Ferienfreizeiten außerhalb von Köln organisieren. Wir als FDP fordern schon seit vielen Jahren eine stärkere Partizipation von Kindern und Jugendlichen. Daher stoßen wir in diesem Jahr Kinder- und Jugendforen an. Demnächst soll in sechs Stadtbezirken jeweils ein Kinder- und Jugendforum eingerichtet werden, um über örtliche Themen zu diskutieren und Ideen zu entwickeln. So können sie eigene Vorstellungen über die Gestaltung von Spielplätzen, Schulhöfen und Jugendeinrichtungen formulieren und diese in die Bezirksvertretung einbringen. Eines muss dabei klar sein: Wir in der Politik müssen die Kinder und Jugendlichen in ihren Vorstellungen und Ideen ernst nehmen. Das muss ein Beitrag gegen die Entstehung von Politikverdrossenheit sein. Den Kindern und Jugendlichen sage ich: Wir laden euch ein. Macht mit! Sagt uns eure Meinung! Wir brauchen euer Feedback und eure Ideen; denn wir wollen Köln für euch, für die Zukunft unserer Stadt gestalten. (Beifall bei der FDP) Meine Damen und Herren, insbesondere in der Drogenpolitik erkennen Sie, dass die CDU einen liberalen Koalitionspartner hat. Wir sind froh, dass sich die CDU offen und gesprächsbereit verhält. Die Koalition hat vereinbart, neue Wege in der Drogenpolitik zu gehen. Und diese Wege gehen wir. Wir haben im letzten Jahr zusätzliche Mittel für die Prävention im Suchtbereich bereitgestellt. Und wir sind stolz, dass wir in Köln in Kürze einen ersten Drogenkonsumraum in der Trägerschaft des Sozialdienstes Katholischer Männer eröffnen können. Mit dem Haushalt 2001 schaffen wir außerdem die Möglichkeit, noch in diesem Jahr eine zweite Einrichtung in Trägerschaft der Drogenhilfe einzurichten. Aber lassen Sie mich an dieser Stelle auch noch einmal klar sagen, welche Ziele wir in der Drogenpolitik verfolgen. Es geht uns nämlich nicht darum, die Drogenabhängigkeit von Menschen zu akzeptieren und vor diesem Problem zu kapitulieren. Prävention und Aufklärung, Schule und Jugendarbeit sollen Jugendlichen aufzeigen, dass individuelle Freiheit und Selbstbestimmung nur ohne Drogen zu verwirklichen sind. Doch wir dürfen die Augen vor der Realität nicht verschließen. Mehrere tausend Drogenabhängige in Köln benötigen die Hilfe der Gemeinschaft. Liberale Drogenpolitik verfolgt das Ziel, den Menschen ein Leben ohne Suchtstoffe zu ermöglichen. Es geht darum, diesen Menschen einen Ausweg aufzuzeigen, wie sie den Teufelskreis aus Abhängigkeit, Kriminalität und sozialer Entwurzelung verlassen können. Dazu bieten wir eine Vielzahl von Ausstiegsprogrammen an. Um diese Menschen in das Hilfesystem zu integrieren, müssen wir sie mit niedrigschwelligen Angeboten ansprechen. Drogenkonsumräume sollen Abhängigen den Zugang zum Drogenhilfesystem erleichtern, um sie dann langfristig in ausstiegsorientierte Programme zu vermitteln. Aber Ziel liberaler Drogenpolitik ist es eben auch, durch die genannten Programme und Einrichtungen Sicherheit und Ordnung dieser Stadt zu verbessern. Es gilt, die Bürgerinnen und Bürger vor Kriminalität, offenen Drogenszenen und subjektiver Sicherheitsbedrohung zu schützen. Drogenkonsumräume sind deshalb Alternativen zum Schulhof, dem Spielplatz oder der Bahnhofstoilette, wo bisher in unzumutbaren Hygienebedingungen konsumiert werden musste. Ich bin sehr froh, dass wir diese Politik eben nicht an der CDU vorbei, sondern gemeinsam mit ihr betreiben können. (Beifall bei der FDP) Ein nächstes schwieriges Thema wird uns in den nächsten Wochen auch beschäftigen müssen. Wir haben einen gültigen Beschluss zur Kölner Teilnahme am Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung drogenabhängiger Menschen. Dieses dreijährige Projekt bedeutet eben nicht eine generelle Freigabe von harten Drogen, sondern ist eine wissenschaftlich gestützte und streng regulierte Medikamentenstudie. Wir als FDP sind der festen Überzeugung, dass wir uns als Stadt Köln, als viertgrößte Stadt der Republik, an diesem Projekt beteiligen müssen. Wir wissen und respektieren, dass in dieser Frage unser Partner inhaltliche Bedenken anmeldet. Wir hoffen, dass wir in den nächsten Wochen durch intensive fachliche Gespräche diese Bedenken aus dem Weg räumen können. Ich sage hier aber ganz klar für die FDP: Wir stehen zu diesem Modellprojekt. Und ich habe genau an dieser Stelle im letzten Jahr schon erklärt, dass die FDP-Fraktion dem Modellprojekt zustimmen wird. Daher sind wir froh, dass wir bereits bei den letztjährigen Haushaltsplanberatungen vereinbart haben, die Abstimmung innerhalb der Koalition frei zu geben. Dies gibt Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, die Möglichkeit, gegen das Modellprojekt zu stimmen, sollten wir Sie vom Sinn und Zweck der Maßnahme nicht überzeugen können. (Norbert Rüther [SPD]: Herr Dr. Bietmann ist aber schon überzeugt!) Dies gibt uns die Möglichkeit, auch im Bereich der Drogenpolitik das Werk Harry Blums zu vollenden. (Beifall Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]) – Ich wollte gerade sagen: Frau Moritz, das war die Stelle, an der Sie klatschen mussten. (Norbert Rüther [SPD]: Wofür der immer alles herhalten muss!) Meine Damen und Herren, wir betreiben eine soziale Politik, und wir stellen uns den sozialen Herausforderungen und Problemen, die wir als Großstadt zu tragen haben. Die soziale Politik der Sozialdemokraten und der Grünen ist einfach. Die heißt nämlich „Wir brauchen mehr Geld“. Die soziale Politik der Liberalen ist schwieriger. Die heißt nämlich „Wir brauchen mehr Arbeitsplätze und Handlungsspielraum für wirtschaftliche Betätigung, wir brauchen Deregulierung und Entbürokratisierung, wir brauchen geringe Steuern und Abgaben, wir brauchen weniger staatliches und städtisches Engagement im wirtschaftlichen Bereich und wir brauchen eine aktive Wirtschaftsförderung“. Wir verstehen unter einer sozialen Politik eine Politik, die es den Menschen ermöglicht, selbstständig und eigenverantwortlich für ihr Leben zu sorgen. (Beifall Manfred Wolf [FDP]) Arbeitslosigkeit ist der schlimmste soziale Eingriff. Wir müssen vor allem dafür sorgen, dass wir die Menschen befähigen, den Sprung aus der Langzeitarbeitslosigkeit und aus der Sozialhilfe zu schaffen. Im Rahmen des Gesamtprogramms „Arbeit für Köln“ stellen wir fast 60 Millionen DM für diese Arbeit zur Verfügung. Ich sage Ihnen ganz offen: Wir sind gerne bereit, diese Mittel für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen. Allerdings halten wir es ebenso für notwendig, die vorhandenen Programme, die von der Stadt, dem Arbeitsamt und freien Trägern teilweise schon seit Jahren angeboten werden, kritisch zu hinterfragen und auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen. (Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist richtig!) – Danke. Meine Damen und Herren, in viele verkrustete Strukturen städtischer Staatswirtschaft haben wir in den vergangenen 1 ½ Jahren Bewegung gebracht. Denken wir nur an die Abfallwirtschaft, wo unsere Initiativen eine langfristige Gebührenstabilität gebracht haben. Andere Dinge sind in Umsetzung wie die Neustrukturierung der KVB und die GEW Rheinland. Auch für den Bereich der Häfen sollten wir lieber – wie auf vielen anderen Gebieten – eine Zusammenarbeit mit den Rheinhäfen der Region anschieben, als in Godorf Millionen zu verbuddeln. Als ich in meiner letztjährigen Haushaltsrede einen schnellen Verkauf von Netcologne anmahnte, hagelte es Kritik. Heute – nach dem Crash am neuen Markt – wären sicher auch die damaligen Kritiker froh, sie hätten das Geschäft bereits unter Dach und Fach. Ich hoffe nicht, dass uns das mit der Wohnungswirtschaft auch mal so geht. Es gibt so viele städtische Leistungen, wo wir fragen, ist diese oder jene Aufgabe notwendig? Muss diese oder jene Aufgabe von der Stadt erledigt werden? Wir müssen eine konsequente Aufgaben- und Ausgabenkritik durchführen. Das wird die Aufgabe des Privatisierungsbeauftragten sein, den wir in diesem Jahr einsetzen werden. (Jörg Detjen [PDS]: Wollen!) Er soll mit einem zeitlich begrenzten Engagement untersuchen: – Was können wir privatisieren? – Was können Private besser und kostengünstiger leisten? – Von welchen Beteiligungen können wir uns trennen? Unsere Privatisierungspolitik trägt dazu bei, neue finanzielle Handlungsspielräume für die Stadt zu eröffnen. Für diese Arbeit benötigen wir einen Profi, der nicht in vorhandene Verwaltungsstrukturen eingebunden ist, sondern der frei und ohne politische Zwänge uns als Rat entsprechende Vorschläge unterbreiten kann. Wir brauchen dafür Know-how von außen, das wir uns durch den Privatisierungsbeauftragten aus der freien Wirtschaft sichern wollen. (Jörg Detjen [PDS]: Möllemann! – Heiterkeit bei der SPD – Norbert Rüther [SPD]: Möllemann kommt zu ganz anderen Ergebnissen!) Meine Damen und Herren, „Die Netto-Neuverschuldung der Stadt Köln soll bis 2010 auf Null heruntergefahren werden, um neuen Spielraum für kommende Generationen zu gewinnen“. Mit diesem Zitat aus der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP komme ich zu den haushaltspolitischen Betrachtungen meiner Rede. Es ist und bleibt das Kernziel der liberalen Politik hier im Rat der Stadt Köln, 1. die jährliche Neuverschuldung der Stadtkasse zu beenden und 2. langfristig die in den letzten Jahrzehnten aufgetürmten Schuldenlast abzubauen. (Karin Wiesemann [SPD], lachend: Herr Sterck! Herr Sterck) Die rote Politik der letzten Jahrzehnte hat uns insbesondere eines gebracht: rote Zahlen. Es muss uns allen bewusst sein, dass wir einen Schuldenberg von über 5 Milliarden DM vor uns herschieben. Dieser beschränkt nicht nur die aktuelle Kommunalpolitik, sondern vielmehr belastet er nachkommende Generationen. Ein soziales, ein gerechtes, ein zukunftsweisendes Köln im Sinne einer nachhaltigen Politik gestalten wir nicht dadurch, dass wir jährlich die Schuldenlast erhöhen. (Norbert Rüther [SPD]: Dann hätten Sie aber ganz anders mit den 33 Millionen umgehen können! Da hatten Sie die Gelegenheit, Herr Kollege!) Ein soziales, ein gerechtes, ein zukunftsorientiertes Köln muss heute dafür sorgen, dass zukünftige Generationen ihren eigenen Handlungsspielraum behalten, den, Herr Kollege Rüther, insbesondere Sie mit Ihrer Politik verspielt haben. (Norbert Rüther [SPD]: Warum tun Sie denn da noch etwas drauf? Sie hätten 30 Millionen herunterziehen können! Das zu Ihrer Glaubwürdigkeit! – Zuruf Martin Börschel [SPD]) – Hören Sie mir doch zu, Herr Rüther. Es kommt vielleicht noch eine schöne Stelle für Sie. Deshalb stehen wir alle, alle Fraktionen im Rat der Stadt Köln, in der Pflicht, im Namen der jungen Menschen in Köln die Verschuldungspolitik der letzten Jahre zu beenden und nicht weiter auf Kosten der kommenden Generationen Politik zu machen. Denn einem nackten Mann kann man bekanntlich nicht in die Tasche greifen. Herr Kämmerer, ich hoffe, Sie entschuldigen dieses Bild. (Norbert Rüther [SPD]: Der ist doch gar nicht nackt!) Wir werden dem Rat in einer der nächsten Sitzungen einen entsprechenden Antrag vorlegen, der dieses Ziel aus der Koalitionsvereinbarung als Grundlage städtischer Haushaltspolitik festschreibt und die Verwaltung beauftragt, entsprechende Handlungsalternativen vorzulegen. Das wird eine zentrale Aufgabe für den neuen Kämmerer sein. Er muss den städtischen Haushalt wirklich ausgleichen. Wir werden ihn dabei nach Kräften unterstützen und ihn und die Politik an der Erreichung dieses Zieles messen. Das Verständnis dafür, eine solche Entschuldungspolitik konsequent einzuleiten, hat sich aber leider noch nicht bei allen Fraktionen in diesem Hause ‘rumgesprochen. Das haben die Haushaltsplanberatungen 2001 mal wieder gezeigt. Die alte Arbeitsteilung, die Verwaltung spart das Geld, und die Fraktionen überbieten sich mit Forderungen nach Mehrausgaben – diese alte Arbeitsteilung muss revidiert werden. (Beifall Dietmar Repgen [FDP]) Auch bei den Haushaltsplanverhandlungen muss der Grundsatz wieder Gültigkeit erlangen, dass man Deckungsvorschläge für seine Forderungen einbringt. Wenn man irgendwo mehr Geld ausgeben will, muss man an anderer Stelle Geld einsparen. So hat unsere Fraktion, Herr Kollege Rüther, Deckungsvorschläge für Ihre Mehrforderungen eingebracht. (Heinz Lüttgen [SPD]: Wir auch!) Ich bin froh, dass wir bei der Verkehrsüberwachung und beim Kostendeckungsgrad der Volkshochschule vereinbart haben, im laufenden Jahr Maßnahmen zu ergreifen, die weniger Politessen und eine Zweckbindung der Zuschüsse an die VHS auf reine Weiterbildungsangebote zur Folge haben werden. (Norbert Rüther [SPD]: Erklären Sie mal: Warum haben Sie einen Kostendeckungsgrad, der deutlich über 95 Prozent liegt – manchmal sogar bei 103 Prozent!) Doch zu mehr haushaltpolitischer Disziplin waren CDU und Grüne selbst in einem wahlkampffreien Jahr nicht willens oder nicht in der Lage. Fast alle Zusetzungen wurden genehmigt, aber Deckungsvorschläge entweder nicht gemacht oder verworfen. (Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]: Ihr wolltet unsere nicht!) So kommt die Einigung über den Haushalt 2001 nicht auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu Stande; nein, wir haben uns in diesem Jahr auf den teuersten gemeinsamen Nenner geeinigt. Ich bin froh, dass wenigstens bei der Person, die bisher für die Haushaltspolitik in Köln verantwortlich gezeichnet hat, in jeder Rede, die er zum Haushalt in den vergangenen Jahren gehalten hat, der mahnende Zeigefinger erkennbar war. Herr Böllinger, auch ich möchte Ihnen danken, (Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist verdächtig!) dass Sie auch in Ihrer Einbringungsrede des Haushaltes im Dezember 2000 eine Begrenzung der Neuverschuldung eingefordert haben. Ich danke Ihnen für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit der vergangenen Jahre und wünsche Ihnen bei Ihrer neuen Aufgabe viel Erfolg. (Beifall bei der FDP) Meine Damen und Herren, nach Abschluss der Haushaltsplanberatungen zwischen der Koalition und den Grünen ließ sich Barbara Moritz in der Rundschau mit dem Satz zitieren: „Die Grünen hätten auch für weniger zugestimmt.“ Dieser Satz kommt den Cineasten unter Ihnen sicher bekannt vor. Es handelt sich um ein berühmtes Filmzitat aus „Pretty Woman“. Julia Roberts sagt hier zu Richard Gere: „Ich hätte es auch für weniger gemacht.“ Woraufhin er antwortet: „Ich hätte dir auch mehr gegeben.“ Letzterer Ausspruch ist zwar von Rolf Bietmann nicht überliefert, aber vorstellbar wäre er schon. (Beifall bei der SPD) Diese Filmszene ist ein sehr schönes Bild für die politische Landschaft hier in Köln. Barbara Moritz und Die Grünen in der Rolle der Pretty Woman, die sich politisch flexibel verhalten, wie es meine Kollegin mal formuliert hat, und für die Erfüllung von Haushaltswünschen in Höhe von vier Millionen Mark diesem Haushalt heute zustimmen. (Norbert Rüther [SPD]: Für ein paar Dollar mehr!) Und Rolf Bietmann und seine Christdemokraten in der Rolle des Richard Gere, der um jeden Preis die Grünen gewinnen will. Was sind da schon vier Millionen Mark? Doch Barbara Moritz und Rolf Bietmann sind nicht Julia Roberts und Richard Gere, und wir sind nicht in Hollywood sondern in Köln. Und so wird es für diese Beziehung, meine Damen und Herren, kein Happy End geben. (Barbara Moritz [Bündnis 90/Die Grünen]: Eifersüchtig?) Die Grünen machen keine Politik im Sinne der neuen Mehrheit. Sie sind staatsgläubig, wenn sie Privatisierungen blockieren. Sie sind fortschrittsfeindlich, wenn sie gegen Ladenschlussausweitung und Sperrzeitenlockerungen sind. Dass sich eine solche Politik der Gängelung nicht durchsetzt und dass sich diese nicht noch durch einen grünen Schuldezernenten manifestiert, dafür steht im Kölner Rat die FDP. Und: Herr Bietmann, Sie brauchen sich um das Kölner Modell Schwarz-Grün nicht mehr zu bemühen. Ihre Frankfurter Kollegen werden schneller sein. Meine Damen und Herren, trotz einer angespannten Haushaltslage, trotz immer neuer Lasten, die von Bund und Land bei den Kommunen abgeladen werden, und trotz Altlasten aus der Vergangenheit sind wir in der Lage, einen Haushalt zu beschließen, mit dem wir Köln aktiv gestalten – und das ohne Anhebung der Gewerbesteuer. Der heute zu verabschiedende Haushalt ist die Summe aller Maßnahmen, die wir im Jahre 2001 umsetzen wollen. Hierin findet sich die liberale Kommunalpolitik unserer Fraktion wieder. Es ist ein Haushalt mit liberalem Profil. Darauf sind wir stolz. Mit unserer heutigen Zustimmung zum Haushalt haben wir auch für den 552. Tag seit der Kommunalwahl unser Ziel erreicht, Köln wieder etwas lebenswerter zu machen, als wir es heute Morgen übernommen haben. Und das ist ein gutes, ein schönes Gefühl. – Vielen Dank! (Lebhafter Beifall bei der FDP) Bürgermeister Josef Müller: Vielen Dank, Herr Sterck.

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