"Kleine Lösung" für die "Historische Mitte"

18.09.2015 Anträge FDP-Frakion im Rat der Stadt Köln

Gestaltung der „Historischen Mitte Köln" mit Römisch-Germanischem Museum (RGM), Kölnischem Stadtmuseum (KSM) und Kurienhaus (Beschlussvorlage 1301/2015); hier: Kleine Lösung

Die FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln hat folgenden Änderungsantragantrag zur Beschlussvorlage 1301/2015 (Gestaltung der „Historischen Mitte Köln“) auf die Tagesordnungen der nächsten Sitzungen des Betriebsausschusses Gebäudewirtschaft, des Unterausschusses Kulturbauten sowie des Ausschusses für Kunst und Kultur setzen lassen.

Der Rat möge beschließen:

Die Beschlussvorlage 1301/2015 wird ersetzt und mit folgenden Änderungen beschlossen:

Der Rat beschließt die unverzügliche Umsetzung der Beschlüsse zur Generalinstandsetzung des Römisch-Germanischen Museums (1506/2011) inklusive der Sanierung der Platzfläche um das Museumsgebäude und zur Generalinstandsetzung und Erweiterung des Kölnischen Stadtmuseums (2648/2011) sowie die Schließung des Durchgangs des RGM sowie die auf der Grundlage der in der hier vorliegenden Beschlussvorlage dargelegten aktualisierten Berechnung dieser Kosten.

Der Rat beschließt weiterhin folgende Änderungen:

- Das Verwaltungsgebäude des RGM wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Die Chance zur Neufassung der städtebaulichen Situation im gesamten Bereich Kurt-Hackenberg-Platz / Am Hof / Roncalliplatz bleibt so gewahrt. Zu diesem Zweck soll ein Architektenwettbewerb durchgeführt werden.
- Dieser Neubau kann die LVR Betriebseinheit zu Archäologischer Zone und Jüdischem Museum integrieren. Der Verwaltung wird ein entsprechender Prüfauftrag erteilt.
- Die dafür erforderlichen Personalaufwände werden neu berechnet.

Begründung:

Das von der Verwaltung vorgeschlagene Konzept „Historische Mitte“ sieht die Errichtung eines Neubaus entlang der Straße „Am Hof“ vor, der im Anschluss an ein von der Kirche genutzten Gebäudeteil am Roncalliplatz das Kölnische Stadtmuseum aufnehmen soll, um so im Zusammenhang mit dem sanierten Römisch-Germanischen Museum eine integrierte Darstellung Kölner Stadtgeschichte zu ermöglichen. Eine Diskussion dieses Konzeptes hat bislang weder in konzeptioneller noch in finanzieller Hinsicht in ausreichendem Maße stattgefunden. Alternative Lösungsmöglichkeiten für eine sinnvolle Entwicklung dieses städtebaulich sensiblen Bereichs wurden noch gar nicht erörtert. 

Da sich durch die Abrisspläne des Domkapitels für das derzeitige Kuriengebäude aber eine große Chance ergibt, dort eine Fortentwicklung des Stadtbildes zu erreichen, sollten die dazu nötigen Diskussionen mit Sorgfalt geführt werden. Die derzeitige Eile der Verwaltung ist nicht geeignet, diese Diskussion zu ermöglichen, sondern wirkt übereilt. Mit der folgenden Stellungnahme möchte die FDP-Fraktion diesen überfälligen Diskussionsprozess mit der Stadtgesellschaft anstoßen und eine Alternative anbieten.

A. Der Verwaltungsvorschlag „Historische Mitte“ - Kritische Betrachtung von Kosten und Konzept

1.) Kosten: Das Zeughaus muss in jedem Fall saniert und genutzt werden

Zwischen den (neu) ermittelten Sanierungskosten für die beiden Museen am jeweiligen Standort und dem nun vorgeschlagenen Konzept am Roncalliplatz ergeben sich je nach Schätzung 24 Mio. € (best case) bzw. 32 Mio. € (worst case) Differenz. Abgesehen von dem Umstand, dass die erheblich gesteigerten Ansätze für die Sanierungen der beiden Museen im Altbestand noch erläuterungsbedürftig sind, halten wir die so aufgemachte Rechnung für unvollständig:
Da das Konzept „Historische Mitte“ den Auszug des Kölnischen Stadtmuseums aus dem Zeughaus vorsieht, fordern wir zwingend eine Perspektive und entsprechende Bepreisung für die Zukunft des Zeughauses und der Alten Wache. Dieses historisch bedeutende Ensemble wird wohl niemand zum Verkauf vorsehen wollen. Vielmehr ist die Entwicklung einer überzeugenden Nutzungsalternative unverzichtbar. Für eine solche Nutzung gibt es bislang keinerlei belastbare Vorschläge. Jedenfalls würden die auch für andere Nutzungen erforderlichen Sanierungen auf den städtischen Haushalt zurückfallen. 

Die Kosten für die Sanierung des Zeughauses für das Kölnische Stadtmuseum wird in der aktuellen Vorlage zwischen 35 und 45 Mio. € angegeben. Auch wenn darin museumsspezifische Kosten enthalten sind, wird sich eine Grundsanierung des Gebäudes und die Herstellung für eine alternative Nutzung wohl kaum unter der Grenze von 20 bis 25 Mio.€ bewegen können. Diese Kosten müssen dem Differenzbetrag zwischen „Historischer Mitte“ und Museumssanierungen an den alten Standorten zugerechnet werden. Er steigt damit auf wenigsten 50 Mio. €.
Die FDP-Fraktion hält die mutwillige Ausblendung des Problems einer alternativen Nutzung von Zeughaus und Alter Wache für unverantwortlich! Die Entwicklung des Projektes der „Historischen Mitte“ muss eine Antwort auf die konzeptionelle Nutzung und die damit verbundenen Kosten für das Zeughaus enthalten. Ohne eine solche Antwort ist die Vorlage nicht beschlussfähig. Wir wollen nach dem alten Rautenstrauch-Joest-Museum am Ubierring kein zweites Geistermuseum!

2.) Standort: Das KSM im Zeughaus befindet sich in der Mitte der Stadt

Die Vorlage zur „Historischen Mitte“ irritiert in besonderer Weise durch ihr auffälliges Bemühen, den derzeitigen Standort des Kölnischen Stadtmuseums und die Aufstellung des Museums als eigenständige Institution schlecht zu reden. Die dafür vorgetragenen Argumente sind aber in keiner Weise überzeugend!

So steht schon die Darstellung des ursprünglichen Sanierungskonzeptes in eklatantem Widerspruch zu den Aussagen anlässlich seiner ursprünglichen Vorstellung:
In der ursprünglichen Sanierungsvorlage (2648/2011) ist davon die Rede, dass „die angestrebte Sanierung und bauliche Gestaltung des gesamten Gebäudeensembles auch hinsichtlich der Veränderung der heutigen Eingangssituation zwischen Zeughaus und Alter Wache, einhergehend mit der möglichen Errichtung des Erweiterungsbaus…eine städtebauliche Signifikanz“ berge. (S. 2) Ganz anders klingt das in der aktuellen Vorlage: Die derzeitige Lage habe „den entscheidenden städtebaulichen Nachteil des im Vergleich zum Roncalliplatz abgelegenen Standortes (sic!), zudem abgeschottet nach Süden zur Innenstadt und umgeben von stark befahrenen Straßen“. (S. 15)

Die letzte Aussage muss man wohl schon eine groteske Fehldarstellung nennen. Wie man das Zeughaus – auf der römischen Stadtmauer errichtet, im Zentrum der mittelalterlichen Stadt gelegen – als „abgelegen“ bezeichnen kann, wird wohl jeder Kölnerin und jedem Kölner ein Rätsel bleiben. Allerdings wird diese topographische Fehlwahrnehmung noch unterstrichen, denn wenig weiter muss man lesen, die aktuelle Lage des Stadtmuseums „schaff(e) zudem keine anschauliche direkte, sondern eine lediglich indirekte Anbindung zum Dom, seinen Kunstschätzen und seiner Bedeutung für die Geschichte der Stadt“. Dazu muss man wohl nicht viel sagen, lediglich so viel: Entfernung Dom-Hauptportal zum Eingang des Zeughauses: 534 Meter (Fußweg - nicht Luftlinie - gemessen in google-maps)

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass mit der Sanierung des KSM auch ein umfängliches Verkehrskonzept zur Beruhigung der Zeughausstraße und der Umgestaltung der Burgmauer mit einer attraktiven Treppenverbindung der beiden Straßen zwischen den Gebäudeteilen verbunden war. Auch das scheint in Vergessenheit geraten zu sein.
Wir wollen die historische Mitte Kölns nicht nur auf das ganz unmittelbare Umfeld des Kölner Doms begrenzen. Köln hat viel mehr zu bieten!

3.) Konzept: Das KSM ist ein eigenständiges Museum

2011 hat der Direktor des KSM, Mario Kramp, die Konzeptstudie für die Erweiterung und Generalsanierung, die er mit Lukas Baumewerd entwickelt hat, vorgestellt. Die damals vermittelte Begeisterung für die dort entstehenden Möglichkeiten teilen wir noch heute. Die negativen Aussagen in der aktuellen Vorlage „Historische Mitte“ zu den baulichen, klimatischen und stadträumlichen Bedingungen (S. 14) sind mit den Aussagen zur Vorstellung des Sanie-rungskonzeptes in 2011 nicht in Deckung zu bringen und wirken auch nicht überzeugend.
Ebenso wenig überzeugt die Aussage, dass das KSM nur im Verbund mit dem RGM eine „hervorragende Position einnehmen kann“. (S. 15) Diese Aussage ist folgendermaßen begründet: „Nur die unmittelbare, aufeinander bezogene Nachbarschaft der beiden städtischen Museen RGM und KSM kann es […] ermöglichen, die archäologischen, künstlerischen, dokumentarischen und kulturhistorischen Exponate und Zeugnisse unserer reichen Stadtgeschichte auf zeitgemäße und attraktive Weise besucherorientiert zu vermitteln“. (S.6)

Wir halten diese Position für falsch! Wir halten die beiden Museen und ihre jeweiligen Gegenstände für so bedeutend, dass sie ein jeweils eigenes Haus tragen und eigentlich auch fordern. Selbst am neuen Standort ist fraglich, ob Besucherinnen und Besucher tatsächlich das gesamte Angebot nutzen wollten. Der Reiz der aktuellen und teilweise noch entstehenden Museumlandschaft Kölns besteht doch gerade in der Vielseitigkeit und Kombinierbarkeit der Angebote. So sind auch das NS-Dok sowie die entstehende Archäologische Zone und das Jüdische Museum integrale Bestandsteile Kölner Stadtgeschichte. Auch diese Institutionen können sehr gut eine „hervorragende Position einnehmen“. Durch gute Kombiticket-Angebote lässt sich diese Museumslandschaft auch gut vermarkten. In der Kombination ihrer jeweiligen spezifischen Ausrichtung wird gerade eine Stärke entstehen. 

Wir sehen jedenfalls keinen Anlass, das Kölnische Stadtmuseum in seiner eigenständigen Bedeutung klein zu reden. 

B. Ein Alternativvorschlag: Sanierung beider Museen mit kleiner Lösung am Roncalliplatz

1.) Sanierung des Kölnischen Stadtmuseums am derzeitigen Standort

Kaum eine zweite Stadt in Deutschland bietet einen so beeindruckenden Gegenstand für ein Stadtmuseum wie Köln. Dass der Zuspruch der Besucherinnen und Besucher bislang eher enttäuschend ist, liegt sicher nicht an der Lage, sondern am schlechten Zustand des Gebäudes und einer wenig inspirierenden, in den letzten Jahrzehnten kaum veränderten Ausstellungskonzeption. Die im 2011 vorgestellten Pläne zur Sanierung, sowie die damit verbundene konzeptionelle Neuaufstellung, haben damals sehr überzeugend gewirkt. Die historisch bedeutenden Gebäude, die durch Umfeldgestaltung und neue Erschließung aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt werden können, sind eine attraktive und angemessene Unterbringung für das Kölnische Stadtmuseum. 
Wir möchten dem Haus am traditionellen Standort zu einem selbstbewussten, zeitgemäßen und eigenständigen Auftritt, der der Bedeutung seines Gegenstandes entspricht, verhelfen. Die Pläne liegen vor. Sie dürfen nicht weiter in der Schublade gammeln, sondern sollen unmittelbar in Angriff genommen werden.

2.) Sanierung des RGM und Neubau des Verwaltungsgebäudes

Vollkommen unstrittig ist die Sanierung des Museumsgebäudes des Römisch-Germanischen Museums. Ebenso eindeutig ist die Abgängigkeit des Verwaltungsgebäudes an der Ecke Kurt-Hackenberg-Platz / Am Hof. 
Dieses Gebäude sollte abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Dieser Neubau sollte eine völlig neue städtebauliche Situation gerade zur Altstadt und dem Kurt-Hackenberg-Platz ermöglichen. Der derzeitige Durchgang des RGM wird geschlossen und mit einer neuen Eingangssituation wird die Attraktivität zum Roncalliplatz gesteigert, indem eine einladende Gastronomie integriert wird.

Darüber hinaus bietet der Abriss und Neubau des Kuriengebäudes durch das Domkapitel die einmalige Chance, den städtischen Neubau der Museumsverwaltung in einem abgestimmten Prozess städtebaulich mit dem kirchlichen Neubau am Roncalliplatz zu entwickeln. Diese Chance sollte genutzt werden. Durch den Verzicht auf Integration des Kölnischen Stadtmuseums kann die so entlastete Kubatur auch sensibler in den Bereich eingepasst werden.

Als weiteren Nutzer des städtischen Neubaus für die Verwaltung und Werkstätten des RGM schlagen wir die Museumsverwaltung der Archäologischen Zone und des Jüdischen Museums vor. Diese vom LVR betriebene Verwaltung muss laut Kooperationsvertrag von der Stadt Köln untergebracht werden, weil durch die Verkleinerung des Projektes AZ/JM keine Büro-, Werkstatt- und Didaktikflächen mehr vor Ort erzeugt werden können. Für die Unterbringung dieser Betriebseinheit des LVR gibt es bislang keinen sinnvollen Vorschlag. Die Kosten für diese Unterbringung müssen von der Stadt Köln in jedem Fall aufgebracht werden und können in dieses Projekt integriert werden.
In dem hier vorgeschlagenen Neubau würde sich durch gemeinsame Nutzung des LVR mit dem RGM aufgrund der fachlichen Nähe ein hoher Synergieeffekt realisieren lassen.

Fazit:

Das hier vorgeschlagene Konzept ist nicht nur durch den Erhalt des eigenständigen Stadtmuseums am historischen Ort sinnvoller. Der Neubau einer „Kleinen Lösung“ erlaubt ebenfalls eine städtebauliche Attraktivierung, ist in Größe und Aufwand aber deutlich günstiger als der Verwaltungsvorschlag. Außerdem löst er auf sinnvolle Weise das Raumproblem des LVR, für das die Stadt Köln zuständig ist. Zusätzlich entsteht keine weitere Kostenfalle durch ein leergezogenes Zeughaus, die beim Verwaltungskonzept „Historische Mitte“ unbedingt mit zu berücksichtigen wäre.

Mit freundlichen Grüßen


gez. Ralph Sterck
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